ÖFB-Star Viktoria Schnaderbeck, ihr Coming-out und die Folgen
Noch immer gibt es keinen offen homosexuellen Fußballer in Deutschlands Profiligen. Punkt. Kaum anders verhält es sich in den meisten Ländern, darunter auch Österreich. Mehr als 800 deutsche Profis nahmen diesen Umstand nun zum Anlass, um mit einer öffentliche Solidaritätsaktion ihren Kollegen Unterstützung im Falle eines Coming-outs zuzusichern.
Die Steirerin Viktoria Schnaderbeck ist weit über das Ermuntern hinaus. Österreichs Teamkapitänin, elf Jahre lang in Deutschland bei Bayern München aktiv und aktuell bei Arsenal in London unter Vertrag, ist der männlichen Kollegenschaft mehr als nur einen Schritt voraus.
Vor eineinhalb Jahren ging die mittlerweile 30-Jährige mit ihrer Homosexualität an die Öffentlichkeit, vergangenen Sommer antwortete sie mit einem international viel zitierten offenen Brief jenem schwulen Fußballprofi, der – anonym – erklärt hatte, der englische Herren-Fußball wäre noch nicht bereit für ein Outing.
„Ich möchte meine Stimme erheben. Ich werde keine radikale Veränderung bewirken, aber ich möchte einen Beitrag leisten und Verantwortung übernehmen“, schrieb Schnaderbeck damals. Sie kennt die Studien zum Thema, die Dunkelziffern – und sie kennt die Ängste und Sorgen im Vorfeld eines Outings.
Sie selbst habe sich lange Zeit geschämt und sei unsicher gewesen ob ihrer sexuellen Orientierung. Mittlerweile ist sie zu einer Stimme im Weltfußball geworden. Und die will die derzeit verletzte Defensivspielerin kommenden Donnerstag wieder erheben.
Mir ist bewusst, dass ich die Welt nicht verändern werde. Aber wenn ich nur drei oder vier Menschen, die sich in einer ähnlichen Situation befinden wie ich damals, helfen kann, hat es sich wohl schon gelohnt.“
Im Rahmen eines Online-Vortrages über die Plattform www.eventbrite.at erzählt die Führungsspielerin „Meine Coming-out-Story“ und lädt zur virtuellen Diskussion (Tickets gibt es um 15 Euro). Erstmals wird sie öffentlich auf die Reaktionen ihres Outing eingehen. „Ich habe festgestellt, dass man mit Emotionen leichter Leute erreichen kann“, sagt sie im KURIER-Gespräch.
Und dennoch sind es gerade Nüchternheit und Realitätsnähe, die den Aussagen von Schnaderbeck Gewicht verleihen. Die Welt werde sie nicht verändern, das sei ihr bewusst, „aber wenn ich nur drei oder vier Menschen, die sich in einer ähnlichen Situation befinden wie ich damals, helfen kann, hat es sich wohl schon gelohnt“.
Die Reaktionen auf ihre eigene Lebensgeschichte seien fast ausschließlich positiv, „von 1.000 Kommentaren ist maximal eine Handvoll entbehrlich“. Ihr selbst habe es irgendwann nicht mehr gereicht, dass nur die Familie und der engste Freundeskreis von ihrer Partnerin wissen. Die Freundin kommt aus Norwegen, wo man am Weitesten sei, was Gleichstellung und Toleranz betrifft. „Aber Österreich holt langsam auf, vor allem im urbanen Bereich.“
7 Jahre alt war Viktoria Schnaderbeck, als sie in ihrer oststeirischen Heimat mit dem Fußball begann.
2007 erfolgte der Transfer nach München, wo die Defensivspielerin beim FC Bayern elf Jahre lang unter Vertrag stand. 2018 ging die Cousine von Sebastian Prödl zum FC Arsenal.
3 Meistertitel feierte die heute 30-Jährige (2 x Bayern, 1 x Arsenal). Mit Österreichs Nationalteam erreichte die Kapitänin 2017 bei der EM-Endrunde das Halbfinale.
Ihre Wahlheimat London sei sowieso „kunterbunt. Dort ist Diversität eigentlich die Norm“. Über gesellschaftliche Normen wird Viktoria Schnaderbeck auch am Donnerstag viel erzählen. Wichtig ist ihr: „Ich will nicht oberlehrerhaft wirken, dafür ist das Thema zu komplex.“
Für die nötige Lockerheit soll die Moderatorin sorgen. „Ich wollte dafür bewusst keinen Medienprofi, um es so persönlich wie möglich zu halten.“ Den Part übernimmt Manuela Zinsberger – Lautsprecherin, Spaßvogel und nicht nur in ihrer Rolle als Torfrau Rückhalt im Nationalteam.
Kommentare