Österreichs Kapitänin sucht bei Arsenal den ultimativen Kick

Viktoria Schnaderbeck im Trainingstrikot des FC Arsenal
Viktoria Schnaderbeck verließ nach elf Jahren Bayern München, um beim besten Klub Englands anzuheuern. Ein Besuch in London.

Es ist zu einhundert Prozent künstlich, aber für Viktoria Schnaderbeck fühlt es sich dennoch echt an – und richtig: das Trikot des FC Arsenal. „Ich merke schon, dass es etwas Besonderes ist, dieses Trikot zu tragen“, sagt die 27-jährige Steirerin.

Unter Wettkampfbedingungen konnte sie das jedoch noch nie fühlen. Österreichs Teamkapitänin steht seit Sommer beim besten und erfolgreichsten Damen-Verein Englands unter Vertrag, doch just in der Vorbereitung auf die neue Saison verletzte sich die Defensivspielerin schwer am Knie.

Österreichs Kapitänin sucht bei Arsenal den ultimativen Kick

„Das Schöne ist, dass mir der Verein viel Zeit gibt, um zurückzukommen und mir damit viel Druck nimmt“, sagt Schnaderbeck, die gerade vom Physiotherapeuten kommt, als sie der KURIER in ihrer neuen Heimat trifft.

Bei Arsenal denkt man zuallererst an London, diese laute, trendige Megastadt mit der Einwohnerzahl von Österreich. Dieses London sieht Viktoria Schnaderbeck nur in der Freizeit, „aber dennoch so oft es geht“.

Cousin Prödl ist ganz in der Nähe

Die Beweggründe für den Wechsel von München in die Super League seien zwar in erster Linie sportliche gewesen, „aber ich wollte schon in ein Land ziehen, in dem ich mich kulturell auch noch einmal weiterentwickeln kann“.

Ihr Lebensmittelpunkt liegt an der nördlichen Peripherie der Metropole. In Saint Albans, einer ruhigen Vorstadt mit direkter Zugverbindung in die City von London, hat ihr der Verein eine Wohnung zur Verfügung gestellt. Nicht weit entfernt wohnt nun auch wieder Cousin Sebastian Prödl, der bei Watford Tore verhindert. Ebenfalls nah ist die Heimstätte der Arsenal-Damen, der 4500 Zuschauer fassende Meadow Park, sowie das Trainingszentrum, das sich Damen und Herren teilen.

Österreichs Kapitänin sucht bei Arsenal den ultimativen Kick

Die liebe Familie: Schnaderbeck mit Cousin und Watford-Profi Sebastian Prödl

Bei den Bayern, ihrem ehemaligen Arbeitgeber, sei die Trennung zwischen den weiblichen und männlichen Fußball-Abteilungen strikter gewesen, berichtet Schnaderbeck, die elf Jahre beim deutschen Vorzeigeverein verbracht hat. „Bei Arsenal ist die Dimension noch einmal größer. Man spürt diese starke Marke und die Verantwortung, die damit einhergeht.“

Verfolger Manchester City und Chelsea

Rund 3000 Besucher kommen zu den Heimspielen und damit gut drei Mal so viele wie zu jenen in München. Zu sehen bekamen sie heuer ausschließlich Arsenal-Siege. Der zwölffache Titelträger ist nach acht Runden ohne Punkteverlust. Die Verfolger heißen Manchester City und Chelsea.

Es sind klingende Namen im Weltfußball. Von den aktuell elf Vereinen in der Super League stellen sieben auch ein Team in der Premier League der Herren. „Das ist natürlich ein tolles Signal für den Stellenwert des Frauen-Fußballs“, sagt Viktoria Schnaderbeck. Noch dazu profitiere man von der Zugkraft der Herren. Erstmals müssen in dieser Saison alle Kaderspielerinnen in der Super League mit Profiverträgen ausgestattet sein.

In Österreich fehlt dieser Antrieb fast zur Gänze. Sturm Graz, SKN St. Pölten und Innsbruck setzen auf Frauen-Fußball, die Wiener Austria unterhält eine Spielgemeinschaft mit Pionier Landhaus. Andere Erstligisten heißen Kleinmünchen, Südburgenland oder Vorderland.

Über den Zustand der heimischen Liga will und kann Schnaderbeck kein seriöses Urteil abgeben, 2007 hat sie Österreich den Rücken gekehrt, um ihre Profikarriere zu realisieren. Nur so viel: „Deutschland und England sind andere Hausnummern. An einem sehr guten Tag kann das Nationalteam mithalten. Aber gegen diese Nationen haben wir zuletzt vor Augen geführt bekommen, dass sie erfahrener und weiter sind. Sie gewinnen oft auch dann, wenn sie nicht gut spielen.“

Österreichs Kapitänin sucht bei Arsenal den ultimativen Kick

Arbeitet am Comeback: Viktoria Schnaderbeck

Der magische Sommer 2017 mit dem EM-Halbfinaleinzug ist bei Schnaderbeck und ihren Kolleginnen längst einer kühlen Einschätzung gewichen. „Die EM hat einen Wahnsinns-Hype ausgelöst. Aber es war eben ein Turnier, bei dem uns sehr viel aufgegangen ist. Wir haben während dieser Zeit in unserer kleinen Blase gelebt.“

Die EM hat Lust auf mehr gemacht

Die Erwartungshaltung sei danach riesig gewesen, zu riesig womöglich. „Wir haben das besprochen und versucht, in der nächsten Qualifikation alles wieder auf Null zu setzen“, sagt Viktoria Schnaderbeck, die betont: „Die Entwicklung ist prinzipiell solide. Und die EM hat Lust auf mehr gemacht.“

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