Warum beim ÖFB schon Teenager in die Wechseljahre kommen

Leon Grgic hat sich dazu entschieden, fortan für Kroatien zu spielen
Leon Grgic (19) entschied sich, künftig für Kroatien aufzulaufen - und ist mit seinem Wechselwunsch kein Einzelfall. Wie geht der ÖFB mit diesem brisanten Thema um?

Wechselpässe, wenn sie denn erfolgreich sind, gehören zu den besten Schachzügen im Fußball. Sie lenken das Spiel in eine andere Richtung und lassen eine neue Spielsituation entstehen. Und nicht selten sorgt ein Wechselpass für Unruhe.

Nicht viel anders verhält es sich mit den Wechselpässen, die am grünen Tisch in Szene gehen. Fußballer, die im Teenageralter ihren Reisepass wechseln und plötzlich für ein anderes Nationalteam auflaufen, sind auch hierzulande keine Seltenheit.

Leon Grgic im Dress von Sturm Graz

Leon Grgic im Dress von Sturm Graz

Mit Überzeugungsarbeit

Leon Grgic hat sich beispielsweise vor Kurzem gegen eine internationale Zukunft im ÖFB entschieden. Der Spieler hat sämtliche heimischen Nachwuchs-Nationalteams sowie das Spitzenförderprogramm Projekt12 durchlaufen und wurde über viele Jahre intensiv betreut und individuell gefördert. Im Juni 2025 hatte sich der Spieler gegen eine Nominierung für das A-Nationalteam entschieden.

Gelingt es dem ÖFB nicht ein Talent für Österreich zu „gewinnen“, ist meist der Aufschrei groß. Die umgekehrten Fälle werden nur selten öffentlich wahrgenommen. 

„Mit der Etablierung der Position von Sebastian Prödl als Leiter Nachwuchs-Nationalteams haben wir ein Zeichen gesetzt, diese sensiblen und strategisch wichtigen Themen noch intensiver und professioneller anzugehen“, meint ÖFB-Sportdirektor Peter Schöttel.

Sebastian Prödl ist beim ÖFB für die Nachwuchsteams verantwortlich

Sebastian Prödl ist beim ÖFB für die Nachwuchsteams verantwortlich

Im Rahmen des letzten Perspektivspieler-Lehrgangs in Lindabrunn versicherte Prödl, dass man die Talente nicht überreden, sondern vielmehr überzeugen wolle, für Österreich zu spielen. 

Die Liste mit Spielern, die für zwei Nationen einsetzbar wären, ist laut dem Ex-Teamspieler lang. Allein im Kader von Hermann Stadler für die U-17-WM in Katar könnten acht Spieler stehen, die sich auch für ein anderes Land entscheiden könnten.

Mit Fingerspitzengefühl

„Der ÖFB wird seinen strategischen Weg konsequent weiterverfolgen – mit Fokus auf jene Spielerinnen und Spieler, die mit Überzeugung, Identifikation und Leidenschaft den rot-weiß-roten Weg mitgehen“, betont Prödl. 

Man müsse den Talenten ein Gefühl geben, Teil des ÖFB zu sein. Seine Aufgabe ist freilich eine heikle, mit Bedacht führt man Gespräche nicht nur mit Managern, sondern vor allem bei jüngeren Spielern mit den Eltern. Dabei kristallisiert sich recht rasch heraus, wer dann die Hauptansprechperson ist. Am Ende müsse man jede Entscheidung respektieren.

Denn gerade Fußballer befinden sich schon früh in ihren Wechseljahren. Leon Grgic ist beileibe kein Einzelfall. Sandi Lovric (Udinese) bestritt 19 Länderspiele für das U-21-Team, ehe sich der Osttiroler für Slowenien entschied.

Mert Müldür spielt für die Türkei

Mert Müldür spielt für die Türkei

Mert Müldür (Fenerbahce) durchlief den Rapid-Nachwuchs und ist inzwischen türkischer Internationaler. Amar Dedic (Benfica Lissabon), war im Nachwuchs von Sturm und Salzburg und spielt für Bosnien. 

Robert Ljubicic (AEK Athen) bestritt eine Partie für das U-21-Team, wechselte dann aber zum kroatischen Verband. Jusuf Gazibegovic (Köln), der bei RB Salzburg ausgebildet wurde und mit Sturm Meister wurde, hat sich für Bosnien entschieden.

Aber der Wechselpass ist für den ÖFB sehr wohl auch in die andere Richtung angekommen. Martin Harnik ist als gebürtiger Hamburger ein Fußball-Deutscher, bestritt aber 68 Länderspiele für den ÖFB. 

György Garics lernte das Fußball-Abc in Ungarn, spielte ab seinem 19. Lebensjahr aber für Österreich.

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