Wie Josef Pröll beim ÖFB vorangeht und für Ruhe sorgt

ÖFB-Boss Josef Pröll
Der ehemalige Spitzenpolitiker füllt das Ehrenamt im Stile eines Geschäftsführers. Querschüsse sind nicht in Sicht.

Es ist nicht einmal ein Jahr her, da waren die drei Vertreter der Bundesliga im ÖFB-Präsidium die großen Treiber hinter der Strukturreform, weil das Hauptamt gestärkt werden und das Ehrenamt nach Jahren der Funktionärsstreitigkeiten in den Hintergrund rücken sollte. Bundesliga-Vorstand Christian Ebenbauer war es auch, der dabei ein neues Organigramm vorlegte.

Im Mai wurde die Reform schließlich beschlossen. Seither gibt es kein Präsidium mehr und der ÖFB-Präsident trägt den Titel „Aufsichtsratsvorsitzender“.

Bekleidet wird das Amt seit Mai bekanntermaßen von Josef Pröll. Dass dem ehemaligen Vizekanzler und Finanzminister sein Amtstitel völlig egal ist, hat er gleich nach seiner Wahl ausdrücklich betont.

Spannender ist ohnehin, wie der jeweilige ÖFB-Boss sein Amt interpretiert. Und das widerspricht im Fall von Josef Pröll bisher ganz klar den Bestrebungen, das Ehrenamt zu schwächen und in den Hintergrund zu rücken.

Stilfrage

Der 56-Jährige agiert viel mehr im Stile eines Geschäftsführers, als eines Aufsichtsorgans und hat es in kurzer Zeit geschafft, für Ruhe zu sorgen. Bevor einzelne Landesverbandspräsidenten (die Pröll gerne „meine Burschen“ nennt) Sitzungsinhalte über vertraute Medien verbreiten, informiert er selbst – und das offiziell.

Zum zweiten Mal hat Pröll daher am Freitag gleich im Anschluss an eine Aufsichtsratssitzung zu einem Medientermin geladen und darüber informiert, dass...

der ÖFB für den anstehenden Strategieprozess die Unternehmensberatung Ernst & Young engagiert hat und die externe Beratung 140.000 Euro kosten wird;

die ÖFB-Geschäftsstelle schon im Oktober vom Ernst-Happel-Stadion in den neuen Campus in Wien-Aspern übersiedeln wird, der von Bauherr STRABAG bereits an den Fußball-Bund übergeben wurde;

der ÖFB eine Studie in Auftrag gegeben hat, die den Wirtschaftsfaktor Fußball beleuchten soll und im Zuge dessen die rund 2.000 Vereine des Landes angeschrieben wurden, um wichtige Daten zu sammeln;

in nächster Zeit auch trotz der beiden zerstrittenen Geschäftsführer Bernhard Neuhold und Thomas Hollerer keine Personalentscheidungen zu erwarten sind und er sich von allen Organisationseinheiten "ausgezeichnet serviciert" fühle;

er bereits bei UEFA-Präsident Aleksander Ceferin vorstellig war, um den Wunsch zu deponieren, dass Österreich im Kontinentalverband wieder eine stärkere Rolle einnehmen soll.

Dabei helfen können sportliche Erfolge. Ein solcher wäre die erste WM-Teilnahme nach 28 Jahren. Richtungsweisend ist das Qualifikationsdoppel gegen Zypern und in Bosnien (6. und 9. September). Pröll: "Im gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Umfeld sehen wir, dass viele Menschen nicht ratlos, aber doch defensiv sind." Man wolle für Österreich einen "Triggerpoint" liefern, um die Stimmung zu drehen.

Millionenfrage

Querschüsse im ÖFB sind in nächster Zeit nicht zu erwarten. Auch nicht vonseiten der Bundesliga, der die Strukturreform im ÖFB so wichtig war. Die Vertreter des Profifußballs sind aktuell zu sehr mit sich selbst beschäftigt. Zu klären ist die Frage des neuen TV-Vertrags ab 2026. Für die zwölf Oberhausklubs stehen Millionen auf dem Spiel. Da braucht es mehr Treffsicherheit als bei einer Strukturreform, die zu einem Rohrkrepierer wird.

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