Ähnliche Vorfälle in Dortmund, Köln und einigen Zweitliga-Stadien zeugten von einer Absprache im Untergrund. Und es sollte am gestrigen Sonntag so weiter gehen. Union Berlin und Wolfsburg trennten sich 2:2. Wieder wurde Hopp bildlich ins Fadenkreuz gerückt, wieder schriftlich beschimpft. Von einer Minderheit zwar, aber der Mehrheit ist es endgültig nicht entgangen: Deutschlands Fußball steckt in einer Krise, genauer gesagt im Fan-Problem.
Trotz Aufforderung, derartige Hasskundgebungen in der untersten Schublade zu belassen, setzten ein Teil der Bayern ihre Beschimpfungen („Hurensohn“) fort. Das Ende des Trauerspiels. Beim Stand von 6:0 für die Bayern wurde die Schlussphase auf dem Feld mit einem trainingsähnlichen Nichtangriffspakt zu Ende geführt. Der vorläufige traurige Höhepunkt einer bereits jahrelangen Feindschaft.
Hopp, Gründer des Software-Konzerns SAP, wurde vorgeworfen, den Kommerz im Fußball zu befeuern, obwohl er bei vielen als Mäzen und Unterstützer wohltätiger Einrichtungen hohes Ansehen genießt. Als vor Jahren in Hoffenheim die Gästesektoren beschallt wurden, um Schmähgesänge zu überdecken, war die Feindschaft besiegelt. Hopp klagte, es wurde verurteilt und in letzter Konsequenz Kollektivstrafen trotz anderslautender Versprechungen wieder eingeführt. Unglücklich ist so eine Maßnahme, die ohnehin keine Lösung sein kann. Hopp mutierte zur Hassfigur einer aggressiven und scheinbar unkontrollierbar gewordenen Szene.
Am Samstag wurde offenbart: Die Unruhe stiftende Minderheit hat in Deutschland erreicht, was sie wollte: Aufsehen. Im Visier Hopp, allerdings im Verbund mit dem Fußball-Verband. Karl-Heinz Rummenigge sprach zerknirscht von „einem schwarzen Tag für den Fußball.“ Und er kündigte an: „Es muss aufhören. Ich werde mich mit dem heutigen Tag nicht mehr wegducken. Auch auf die Gefahr hin, dass ich irgendwann mit Leibwächtern durch die Gegend laufen muss.“
Von den Vorfällen überrumpelt und nicht minder empört äußerte sich DFB-Präsident Fritz Keller: „Jetzt ist Schluss, jetzt müssen die Grenzen gezeigt werden.“ Der Drei-Stufen-Plan mit Unterbrechung, Stadiondurchsage, Spieler in die Kabine schicken und notfalls das Spiel abzubrechen, gelte „für Hassplakate jeglicher Art, auch Rassismus und Antisemitismus“.
Das ist eine Ansage, die als Absichtserklärung für die Zukunft gewertet werden muss. Hartes Durchgreifen bei rassistischen und homophoben Übergriffen, dementsprechende Solidaritätskundgebungen von Spielern und Klubverantwortlichen? Alles andere wäre Heuchelei und Messen mit verschiedenen Maßstäben.
Ist der Fußball ein Spielball für wirtschaftliche Interessen, Spieler und Klubchefs in einem Umfeld, das sich immer mehr von der Realität entfernt? Ob Gehälter in unanständigen Größenordnungen, oder Trainingslager in autoritären Ländern, eine geordnete Diskussion darüber muss erlaubt sein.
Wenn es dafür nicht ohnehin schon zu spät ist.
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