Eine Legende hat sich selbst demontiert

Der "Kaiser" bleibt in höheren, unerreichbaren Sphären, moralisch vor allem? Wohl nicht.

Der Konter kam am Tag danach. War nicht anders zu erwarten. Alles ganz anders. Die Anwälte Franz Beckenbauers reagierten, ihr Mandant habe vor der WM 2006 die 5,5 Millionen Euro keinesfalls für eine ehrenamtliche Tätigkeit als Chef des Organisationskomitees eingestreift. Keine Rede von einem – nennen wir es – etwas lockeren Umgang mit der Steuerpflicht.

Eine werbliche Aktivität für den WM-Sponsor Oddset sei es gewesen. Daraus resultierende Einkünfte habe Beckenbauer "unverzüglich an seinem Wohnsitz in Österreich ordnungsgemäß versteuert". Also doch: Der "Kaiser" bleibt in höheren, unerreichbaren Sphären, moralisch vor allem?

Ansichtssache. Franz Beckenbauer aufgrund seiner erlittenen Schicksalsschläge (Tod des Sohnes, Herzoperation) nicht durch sämtliche Sümpfe zu ziehen, erfordert der Anstand. Erlaubt ist es allerdings, eine als unantastbar, unfehlbar und ehrenhaft stets gestreichelte Institution zu hinterfragen, deren einzige Abnützungserscheinung zuletzt mit zunehmender Schrulligkeit erklärt worden war. Selbst die härtesten Bandagen im Zuge der WM-Affäre 2006 schienen abwendbar.

Beckenbauer hat sich jedoch zu weit aus dem Fenster gelehnt. Schon im Juni 2006 offenbarte er sich in einem vom Berliner Tagesspiegel geführten Interview als selbst ernannter Hüter der Moral: "Wenn man merkt, dass jeder die Hand aufhält, dann macht mich das traurig." Oder: "Man sollte über die Grenze des Geldverdienens reden."

Ansprüche, die er selbst nie erfüllt hat und gar nicht erfüllen konnte. Was auch keiner verlangt hat. Aber sich als von Uneigennützigkeit angetriebener Begründer des Deutschen Sommermärchens im Schutze des Verbandes lange Zeit unwidersprochen verehren zu lassen, war des Guten zu viel. Zu viel jedenfalls für eine ewig strahlende Fußball-Legende, die er ganz locker hätte werden können.

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