Franco Foda und der Praxistest für eine neue Theorie

Franco Foda und der Praxistest für eine neue Theorie
Marcel Koller und sein Nachfolger Franco Foda im Vergleich. Österreich beginnt seine Selbstfindung gegen Slowenien.

Franco spendet seine Abschlussworte vor dem Test gegen Slowenien (20.45 Uhr/ live in ORF1 ). Von der Freude am Fußball spricht er, stellt die Forderung an seine Spieler, sich glücklich zu schätzen, diesen Beruf überhaupt ausüben zu dürfen, und der Deutsche lässt gleichzeitig Nachsichtigkeit erahnen und meint: „Sie dürfen auch Fehler machen.“ Weil Fußball ein Fehlersport sei.

Foda wirkt locker, bestätigt, einen Plan zu haben. Was sein Vorgänger, der Schweizer Marcel Koller, auch ohne Unterlass zu tun pflegte. Aber was unterscheidet die beiden Trainer, die ein freundli ches Lächeln, aber niemals einen berufsfremden Fleck auf ihr von Korrektheit dominiertes Erscheinungsbild lassen. Dennoch, es hat sich etwas verändert Die Ausgangspositionen ganz bestimmt.

Franco Foda und der Praxistest für eine neue Theorie

Teamchef Franco Foda.

Findungsphase
Die hatte natürlich auch Marcel Koller. Er beschleunigte sie, indem er seinen Fokus rasch auf einen Stamm an Spielern legte. Er hielt ihnen auch dann demonstrativ die Treue, wenn sie über einen längeren Zeitraum bei ihren Vereinen nicht dem Brotberuf nachgehen durften. Fehlende Spielpraxis war für den Schweizer kein Ausschlussgrund aus dem erlauchten Kreis.

Die Findungsphase unter Franco Foda umfasst nicht weniger als sieben Testspiele, ehe die neu gegründete Nations League der UEFA angepfiffen wird. Ein Bewerb, der auch noch nicht endgültig über eine EM-Teilnahme 2020 entscheidet. Große Eile ist somit nicht geboten, Foda genießt den Luxus, Zeit für Experimente zur Verfügung zu haben.

Breiter Kader
„Wir haben jetzt einen viel größeren Pool an Spielern zur Verfügung“, meint Kapitän Julian Baumgartliner. Koller engte sich stets auf eine Auswahl von rund 30 Spielern ein, Nachfolger Foda dehnte sein Blickfeld gleich auf 40 bis 50 Akteure aus.

Franco Foda und der Praxistest für eine neue Theorie

Michael Gregoritsch, Guido Burgstaller und Teamchef Franco Foda.

Reifere Spieler
Routiniers wie Baumgartlinger, Alaba, die heute ihr 60. Länderspiel absolvieren, Arnautovic oder Dragovic sind seit vielen Jahren in Top-Ligen engagiert. Unter Koller durchliefen sie größtmögliche Höhen mit der fulminanten EM-Qualifikation, aber auch den Tiefschlag bei der EURO 2016 in Frankreich. Baumgartlinger: „Wir haben in dieser Zeit viel erlebt und wissen, welche Fehler wir gemacht haben.“ Dieser Reifeprozess soll Foda und dem Team bei den nächsten Aufgaben zugute kommen.

Experimentierfreude
Koller war beharrlich bis konservativ, wenn es um Systemausrichtung ging. 4-2-3-1 war sein Credo, Foda hingegen lässt keine Gelegenheit aus, um von Flexibilität zu sprechen. Die Praxis wird zeigen, wie weit Wunsch und Wirk lichkeit deckungsgleich sind. „Ab sofort müssen wir den Beweis antreten“, weiß Baumgartlinger. Gegen Slo wenien könnte Foda auf ein 3- 4-3 setzen. Jedenfalls scheint der konsequente Plan mit der klassischen Solospitze vorbei. Die Spielphilosophien vereinen sich zu einem deutsch-schweizerischen Konzept. Wichtig sind beiden Pressingphasen, vermehrter Ballbesitz und Dominanz im Auftreten. Foda fordert allerdings vehement ein direkteres Spiel in die Tiefe.

Auftreten
Koller pflegte die Distanz, Foda ursprünglich auch, hat sich aber durch seine langjährige Tätigkeit in Österreich landesspezifische Umgangsformen abgeschaut. ÖFB-Präsident Leo Windtner stellt fest: „Foda ist in der Kommunikation und medialen Präsenz etwas of fe ner.“ Was nichts daran ändert: Auch er wird an Er gebnissen gemessen.

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