César Luis Menotti führte Argentinien zum WM-Titel in der Heimat. Dort war man im Jahr 1978 verwundert, dass der heute 81-Jährige ein damals 17-jähriges Wunderkind nicht in den Kader nahm. Der Trainer-Philosoph verfolgte aber stets interessiert die Karriere von Diego Maradona. „Er hielt sich für unverwundbar, wie ein Gott. Dafür musste er bezahlen – mit seiner Gesundheit“, sagte Menotti der Sport-Bild zum 60er des Fußball-Idols.
Maradona gehörte im Fall einer Corona-Infektion wegen seines schlechten Gesundheitszustands zu den Risikopatienten. Wenige Tage vor seinem 60. Geburtstag am 30. Oktober begab er sich wegen eines Corona-Verdachtsfalls bei einem seiner Leibwächter in Quarantäne. Nur wenige Wochen später verstarb die Legenden nun in Folge eines Herzinfarktes. Maradona taucht in jeder Abstimmung auf, wer denn der beste Fußballer der Welt war oder ist. Ob er nun wirklich der Beste war, ist schwer zu beantworten. Der umstrittenste Fußballer der Welt war Maradona allemal.
Der sportliche Aufreger
Diego Maradona führte Argentinien als Spielmacher und Kapitän 1986 zum WM-Titel, dem letzten in der Geschichte des Landes. Auf dem Weg dorthin, am 22. Juni, erzielte er im Viertelfinale gegen England den zusammen mit dem Wembley-Tor umstrittensten Treffer der Fußballgeschichte. In der 51. Minute kam Tormann Peter Shilton trotz ausgestreckten Arms gegen den 1,65 Meter kleinen Maradona nicht an den Ball. Der hatte die Hand zu Hilfe genommen, das Tor zählte aber trotzdem.
„Das war ein bisschen Maradonas Kopf und ein bisschen die Hand Gottes“, sagte Maradona später in einem Interview. Die „Hand Gottes“ erzielte nur vier Minuten später nach einem genialen Solo das 2:0 mit dem Fuß.
Der Goldjunge
Diego Maradona wuchs als fünftes von acht Kindern in der Armensiedlung Villa Fiorito am Rand von Buenos Aires auf. Ball und Bub sind eine Einheit, der Erstligaklub Argentinos Juniors entdeckt ihn. Die Nachwuchsspieler sind auch Ballbuben, Maradona unterhält in der Pause das Publikum mit seinen Kabinettstückchen. Da ist er 12 Jahre alt, mit 15 spielt er erstmals in der höchsten Spielklasse.
Schon damals nannten sie ihn „El Pibe de Oro“, Goldjunge. Mit 16 Jahren spielt er erstmals im Nationalteam, mit 18 wird er Torschützenkönig, mit 19 wird er zum besten Fußballer Südamerikas gewählt. Mit 20 Jahren holen ihn die Boca Juniors, eine Jahr später geht er zum FC Barcelona.
Das Genie
Zwischen 1984 und 1991 wird er in Neapel zum Volkshelden. 1987 und 1990 führt er Napoli zu den bis heute einzigen Meisterschaften der Vereinsgeschichte. Maradonas Ballkontrolle war so eng, dass der Ball beim Dribbling zu seinem Körper zu gehören schien. Er konnte sich mühelos mit dem Ball auf engstem Raum bewegen und zog meist eine Vielzahl an Gegenspielern auf sich.
Im Februar 1991 fiel bei einer Abhöraktion in Verbindung mit Drogen und Prostituierten mehrfach Maradonas Name. In diesem Jahr wurde seine Drogensucht – in Neapel ein offenes Geheimnis – offiziell. Am 26. April 1991 wurde Maradona bei einer Razzia in Buenos Aires’ Stadtteil Caballito mit zwei Freunden wegen Drogenbesitzes verhaftet. Bei der WM 1994 wurde ihm die Einnahme verbotener Mittel nachgewiesen, darunter der Appetitzügler Ephedrin, er wurde 15 Monate gesperrt, seine Karriere war beendet.
Raubbau am Körper
Am 4. Jänner 2000 erlitt Maradona im uruguayischen Badeort Punta del Este einen schweren Herzinfarkt, der auf eine Überdosis Kokain zurückgeführt wurde. Am 18. April 2004 wurde er wegen hohen Blutdrucks, Atemnot und einer Lungenentzündung in eine Klinik in Buenos Aires eingeliefert.
Im Jahr 2005 besserte sich Maradonas Gesundheitszustand nach einer Entziehungskur, nachdem er sich in Kolumbien einer Magenverkleinerung unterzogen hatte, um sein chronisches Übergewicht zu reduzieren. Ab 28. März 2007 wurde Maradona wegen starken Alkoholmissbrauchs mit einer toxischen Hepatitis zwei Wochen in einer Klinik in Buenos Aires behandelt.
Nach seiner Genesung unterzog sich Maradona 2000 einer sechsmonatigen Entziehungskur auf Kuba. Er ließ sich Tattoos von Fidel Castro und Che Guevara auf die linke Wade bzw. den rechten Oberarm stechen. Maradona hatte regen Kontakt mit den Linkspolitikern in Lateinamerika. Dazu gehörten neben Castro auch Venezuelas verstorbener Präsident Hugo Chávez, dessen Nachfolger Nicolás Maduro, Brasiliens Lula und Boliviens Evo Morales.
Der Verehrte
Von seinen Fans wurde Maradona wie ein Heiliger verehrt. So wurde in Rosario die Iglesia Maradoniana (Kirche des Maradona) gegründet. Ihre „Gläubigen“ bezeichnen Maradona als Gott, als „D10S“. Dios ist das spanische Wort für Gott, die 10 steht für die Rückennummer, die Maradona als Spieler stets getragen hat. Das Stadion der Argentinos Juniors wurde logischerweise zum Estadio Diego Armando Maradona.
Der Trainer
Zuletzt war er Trainer der argentinischen Erstligamannschaft Gimnasia y Esgrima La Plata. Seine zweite Karriere startete er mit wenig Erfolg 1994 und 1995 bei den argentinischen Klubs Mandiyu und Racing Buenos Aires. Nach 13 Jahren ohne Trainerjob wurde er 2008 argentinischer Teamchef. Das Engagement wurde nach dem WM-Aus im Viertelfinale gegen Deutschland 2010 wieder beendet. Nach Engagements im arabischen Raum und in der zweiten mexikanischen Liga kam er 2019 zu La Plata.
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