Als Kurt Jara am Nachmittag des 11. September 2001 die Spieler des FC Tirol in einem Hotel in Prag zur Teambesprechung bat, stand kaum jemandem der Sinn nach taktischen Vorgaben.
Der Trainer des damaligen österreichischen Meisters hätte für das UEFA-Cup-Match gegen Viktoria Zizkov zwei Torhüter nominieren können, wahrscheinlich wäre sogar das in der allgemeinen Aufregung untergegangen. "Es gab nur ein Thema: Die Flieger, die in die Türme gekracht sind", erinnert sich Innenverteidiger Walter Kogler an den Tag, an den sich jeder erinnern kann.
Es war noch nicht die Zeit, in der die Menschen pausenlos in ihre Smartphones starrten und in Echtzeit unterrichtet wurden, was gerade alles auf der Welt passierte. Die Handys hatten noch Tasten und wurden fast ausschließlich zum Telefonieren verwendet. Deshalb bekamen die Kicker des FC Tirol seinerzeit in Prag eher zufällig mit, was sich jenseits des Atlantiks in New York und in den USA abspielte.
Roland Kirchler lag gerade auf der Massagebank, als er beiläufig auf einem Bildschirm ohne Ton die dramatischen Szenen sah. „Ich dachte mir am Anfang noch, dass ich einen Science-Fiction-Film anschaue“, erzählt der Mittelfeldspieler.
An eine normale Vorbereitung auf das Europacup-Match war nicht mehr zu denken. „Die ganze Mannschaft hat nur mehr über die Terrorangriffe geredet. Das hat uns alle extrem beschäftigt“, berichtet der damalige Kapitän Michael Baur. Die Busfahrt ins Stadion verlief schweigend, und lange Zeit war ungewiss, ob die Partie, die für 17 Uhr angesetzt war, überhaupt stattfinden würde. Die UEFA gab erst kurz vor dem Anpfiff grünes Licht und begründete diese Entscheidung mit der „Neutralität des Sports“. Erst tags darauf wurden alle Europacup-Partien abgesagt.
Im Stadion drängte sich alles um die wenigen Monitore, auf denen nicht die Bilder der Partie zu sehen waren, sondern die Liveübertragung von CNN. Einige der mitgereisten heimischen Reporter verbrachten fast das gesamte Spiel im Stadioninneren vor den Fernsehgeräten und ließen sich von den Kollegen vom Match berichten, das 0:0 ausging. „Das Spiel war total nebensächlich. Ich kann mich auch an nichts erinnern“, gesteht Michael Baur heute. „Aber dafür weiß ich umso genauer, was damals in Prag rundherum passiert ist.“
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