China-Legionäre Berger und Windbichler: Gefangen in der Corona-Blase

China-Legionäre Berger und Windbichler: Gefangen in der Corona-Blase
Bergers Team ist seit Wochen im südchinesischen Guangzhou kaserniert. Wer kommt, landet in Quarantäne. So wie auch Windbichler.

Er habe kaum glauben können, dass er den Horror-Crash ohne Kratzer überstand, sagt Zhou Guanyu, 23. Chinas erster Formel-1-Pilot, der im Gegensatz zur Mehrheit seiner 1,4 Milliarden Landsleute Christ ist, muss in Silverstone 1.000 Schutzengel gehabt haben. Als er mit dem Kopf nach unten im Cockpit seines Alfa Romeo über den britischen Asphalt schlitterte. Eine Woche danach startet er in Spielberg. Wo am Sonntag 100.000 an die Rennstrecke drängen. Ein Rekord, bei dem’s der liebe Gott hoffentlich auch mit den Fans gut meint, indem er keine Covid- Höchstzahlen folgen lässt.

In Zhous Heimat, die er als Zwölfjähriger mit seiner wohlhabenden Familie Richtung England verließ, sind 99.900 weniger Vor-Ort-Zeugen (inklusive Aktiven) pro Sportereignis erlaubt. „Obwohl es hier in einer Woche weniger Infizierte gibt als bei uns daheim in Österreich an einem Tag“, berichtet Hans-Peter Berger.

Der Salzburger war als Tormanntrainer am Aufstieg von Chengdu so sehr mitbeteiligt gewesen, dass er sich ein zweites Mal nach China locken ließ. Als es dort hieß, die Top-Liga würde programmgemäß in vollen Stadien beginnen. Stattdessen wird nach x Verschiebungen von den 18 Klubs, aufgeteilt in vier Bubbles, vor leeren Rängen um Punkte gespielt.

Bergers Team ist seit Wochen im südchinesischen Guangzhou kaserniert. Wo Ausgangssperre für Spieler und Betreuer herrscht. Und wo außer ihnen und den TV-Kameraleuten bei Spielen oft nicht einmal der Sportdirektor Zutritt hat.

Selbst wenn Berger die Bubble Guangzhou verlassen darf, kann er seine Familie nicht wie gewollt in die 14-Millionen-Stadt Chengdu („Sehr schön, sehr grün, mit einem 120-Kilometer-Radweg“) einfliegen lassen. Flüge sind ausgebucht oder unbezahlbar. Wer doch kommt, landet in Quarantäne. So wie Ex-U-21-Nationalspieler Richard Windbichler (Admira, Austria), der nach Gastspielen in Australien und Südkorea im März für Chengdu unterschrieb. Nicht ahnend, dass man ihn im Corona-Ursprungsland wegen der Omikron-Variante vier Wochen lang trotz negativer Tests wegsperren würde. Als der Klub endlich seine „Freilassung“ erwirkte und man den Wiener in einer 22-stündigen Fahrt von Schanghai nach Chengdu brachte, durfte er das Auto nicht einmal während Tankstopps verlassen.

Inzwischen hat sich Windbichler akklimatisiert. Ja, der 31-Jährige habe, so Berger, die Abwehr von Chengdu so sehr stabilisiert, dass man als Aufsteiger weniger Gegentreffer als die Titelfavoriten zulasse.

Chengdus neues Stadion kennt Windbichler vorerst nur vom Hörensagen. Spätestens im Oktober aber werden alle 18 Top-Teams in ihre modernen, überdimensionierten Heimstätten zurückkehren dürfen, wird das Ende des Geisterfußballs verkündet und das Aufgehen der Null-Covid-Strategie von Staatschef Xi Jinping, 69, gefeiert werden. Zumal kurz danach der Parteitag und damit die Wiederwahl von Wladimir Putins asiatischem Freund erfolgt. Von Putins Krieg ist in Chinas TV im Gegensatz zu Fußball und Zhou nichts zu sehen.

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