Deutschland: Und am Ende steht die Null

Deutschland: Und am Ende steht die Null
Dem deutschen Nationalteam fehlte erneut nur ein kleiner Schritt zum großen Wurf. Ursachenforschung muss noch warten.

Joachim Löw wurde Donnerstag-Nacht auf den harten Boden der Realität zurückgeholt. Für sein goldenes Händchen war der deutsche Fußball-Teamchef nach den vier EM-Siegen gelobt worden, doch gegen Italien hat auch sein taktischer Kniff mit Kroos in der Zentrale als Pirlo-Wachposten nicht gegriffen. Das abrupte Ende seiner Titelmission setzte dem 52-Jährigen mehr zu, als er in seinen ersten Kommentaren nach dem 1:2 am Donnerstag im Semifinale gegen Italien zugeben mochte.

"Im Nachhinein hätten wir dieses oder jenes machen können", antwortete Löw auf die Frage, ob er mit seinen Umstellungen bei der letzten Hürde vor dem Finale womöglich ein bisschen zu viel gewollt hatte. Miroslav Klose, Marco Reus, Andre Schürrle raus, dafür der fehlgeschlagene Überraschungsplan mit Toni Kroos. "Man kann die Taktik vorschieben, aber am Ende stehen wir auf dem Platz und müssen das regeln", sagte Gomez. Kein Spieler äußerte öffentlich Kritik am Matchplan.

Positives Resümee

Bei den vier Siegen zuvor hatte Löw alles richtig gemacht, stets die richtige Taktik gefunden und das richtige Personal ausgewählt. Gegen die cleveren Italiener aber lag der Stratege daneben - die Korrekturen zur Pause halfen nicht mehr. Was blieb, war ein positives Gesamt-Resümee.

"Es gibt keinen Grund, etwas anzuzweifeln. Wir hatten die jüngste Mannschaft, wir haben trotz allem ein starkes Turnier gespielt", lautete sein Fazit. Unterstützung kam von DFB-Präsident Wolfgang Niersbach: "Jogi, du hast einen Klasse-Job gemacht. Wir sind unheimlich froh, dich als Bundestrainer zu haben."

Der letzte Schritt fehlt

Mit durchschnittlich 2,22 Punkten pro Match bleibt Löw der beste aller zehn Bundestrainer - zur Unsterblichkeit aber gehört ein Titelgewinn. "Man hat natürlich ein bisschen umgestellt", sagte Teammanager Oliver Bierhoff und gab zu, dass Löws Plan diesmal nicht aufgegangen war. "Ja, es ist bitter, auch ärgerlich. Man plant so etwas zwei Jahre, denkt sich tausend Dinge aus, man plant das Detail - und dann erscheint es in so einem Moment nutzlos. Deutschland hat immer den Anspruch, zu gewinnen."

Zweimal war für Löw und sein junges Team Spanien die Endstation, im Finale der EM 2008 und im Halbfinale der WM 2010. Jetzt kam das Stoppschild wieder vor dem letzten Schritt. Löw bat um Geduld und Realitätssinn: "Man kann den Titel jetzt nicht immer herbeireden", sagte er, nachdem auch intern monatelang nur davon gesprochen worden war. "Spanien hat lange darauf gewartet", sagte er mit Blick auf die lange Durststrecke des Welt- und Europameisters, der am Sonntag im Finale gegen Italien seine Regentschaft verlängern kann.

Neue Aufgabe: Brasilien 2014

"Bei den letzten vier Mannschaften ist die Luft ganz dünn", betonte Löw. Auch ihm, der den fast 6.000 Meter hohen Kilimandscharo erklommen hat, fehlte in Polen und der Ukraine noch die letzte Titelreife. "Grundsätzlich haben wir eine gute Entwicklung, das dürfen wir nicht vergessen", warnte Löw vor Aktionismus: "Wir haben viele Nationen eingeholt in den vergangenen Jahren."

Der frühere Austria- und Tirol-Betreuer wird vorerst Ruhe suchen, sich vom Turnierstress erholen, die Enttäuschung verarbeiten und dann auch selbstkritisch das eigene Tun analysieren. Dann kommen in der WM-Qualifikation unter anderem gegen Österreich neue Ziele, auch wenn Löw noch nicht an die nächste Titelchance denken wollte: " Brasilien ist ein ganzes Stück weg."

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