Madrider Medien empört: "Schlecht, schlecht, schlecht"

Während Real heftig kritisiert wird, träumt man in Wolfsburg vom Halbfinale.

Nach dem verdienten 2:0-Heimsieg über Real Madrid hat der VfL Wolfsburg eine reale Chance aufs Champions-League-Halbfinale. Minutenlang sangen die Wolfsburger Fans "Oh, wie ist das schön" und feierten ihre Lieblinge, die als krasse Außenseiter ins Duell mit dem Spaniens Rekordmeister gegangen waren. "Die haben uns ein Stück weit zum Sieg getragen, wir freuen uns riesig", betonte Maximilian Arnold.

Der Mittelfeldspieler hatte vor 26.400 Zuschauern in der ausverkauften Arena in der 25. Minute das zweite Tor nach der Führung durch Ricardo Rodriguez (18./Foulelfmeter) geschossen. "Das ist schon was Geiles und war atemberaubend", meinte Arnold, der so wie seine Teamkollegen mit einem solch souveränen Erfolg über Real selbst nicht gerechnet hätte.

Realer Traum

"Es haben uns wenige zugetraut, dass es so offen ist. Gestern wurde ich noch ausgelacht, als ich sagte, dass wir eine Chance haben", merkte Trainer Dieter Hecking mit breitem Grinsen an. "Ätsch Ronaldo! Das Wunder von Wolfsburg", titelte die Bild-Zeitung am Donnerstag. "Wolfsburgs Traum ist real", schrieb die Berliner Morgenpost. Am kommenden Dienstagabend (ab 20.45 Uhr) kann der VfL die Sensation gegen Superstar Cristiano Ronaldo und Co. im berühmten Estadio Santiago Bernabeu perfekt machen.

Die Wolfsburger schafften es, die überheblichen und ideenlosen Gäste aus Madrid "zu nerven", wie es Hecking ausdrückte. Die Wolfsburger kämpften und spielten zugleich als Mannschaft. Die Real-Stars verließen sich hingegen auf ihre individuelle Klasse und scheiterten damit kläglich. Sie wirkten überrascht von der Stärke des Achten der deutschen Bundesliga. "Das war eine Klasse-Vorstellung", lobte Hecking sein Team.

Zidane ratlos

"Wir sind nicht richtig ins Spiel gekommen. In der ersten Hälfte hatten wir große Probleme", beklagte hingegen Real-Trainer Zinedine Zidane nach der ersten Saisonniederlage in der Champions League. "Wolfsburg hat gut begonnen. Mit diesem Spiel können wir nicht zufrieden sein." Der ehemalige Weltklasse-Spieler wirkte als Coach ratlos. "Wir müssen das analysieren", wiederholte Zidane immer wieder nach dem verlorenen Match.

Gleichzeitig war der 43-jährige Franzose aber auch davon überzeugt, dass der Aufstieg noch möglich ist. "Natürlich sind wir alle enttäuscht nach so einem Spiel. Aber wir dürfen uns jetzt nicht verrückt machen, noch ist nichts verloren. Uns bleiben noch 90 Minuten, um das Blatt zu wenden", mahnte "Zizou". "Aufholjagd ja oder ja", lautete deshalb auch der unmissverständliche Titel der spanischen Sportzeitung Marca, die u.a. an den legendären 4:0-Heimsieg am 11. Dezember 1985 im UEFA-Cup-Achtelfinale gegen Borussia Mönchengladbach nach einem 1:5-Auswärtsdebakel erinnerte.

Hecking sprach zwar von einer "guten Ausgangsposition", warnte naturgemäß aber auch vor übertriebener Euphorie. "Wir wissen, was uns da erwartet", betonte der 51-Jährige, der seinen Mannen zutraut, auch im Hexenkessel von Madrid bestehen zu können. "Wir sind in der Lage, ein Tor zu machen. Wir sind in der Lage, Real Madrid aus dem Wettbewerb zu werfen."

"Schlecht, schlecht, schlecht"

Indes schlagend die Madrider Medien Alarm. „Schlecht, schlecht, schlecht“, titelte am Donnerstag die Sportzeitung AS. Starkolumnist Tomás Roncero sprach im Blatt von „Schande“ und „Alptraum“. „Nun ist ein Comeback nötig, aber fast nichts lädt zum Optimismus ein“, schrieb er. Das AS-Konkurrenzblatt Marca sah „die schlechteste Real-Version“, und El Mundo titelte: „Madrid gerät in Panik“.

Die Medien gehen vor allem mit Trainer Zinedine Zidane hart ins Gericht. Der Franzose, der nach dem 2:1-Triumph am Wochenende im Clásico beim FC Barcelona in höchsten Tönen gelobt worden war, habe bei seiner ersten großen Champions-League-Herausforderung unter anderem mit der Aufstellung von Danilo als Draxler-Gegenspieler an Stelle von Dani Carvajal und der mangelnden Reaktion in der zweiten Halbzeit „einige sehr schlimme Fehler begangen“, hieß es zum Beispiel in AS.

Die Medien in Barcelona ließen derweil ihrer Schadenfreude freien Lauf. „Willkommen in Wolfsburg“, ist bei Sport neben mehreren Informationen zur niedersächsischen Stadt in großen Lettern zu lesen. Mundo Deportivo sah eine „weiße Blamage“ und Real baden gehen und erfand daher auf Seite eins ein deutsch-spanisches Wort: „Bundes-Baño“ - so etwas wie „Bundes-Bad“.

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