Schweinsteiger nach United-Aus abgewatscht

Julian Draxler jubelt, Bastian Schweinsteiger kann's nicht fassen.
Von Trainer Louis van Gaal kritisiert, von Presse und Fans verhöhnt und verspottet.

Genug Zeit zu überlegen wäre gewesen - doch Bastian Schweinsteiger wollte nicht reden. Zwei Minuten vor Mitternacht zog der zuvor ausgetanzte Kapitän der deutschen Nationalmannschaft wortlos seinen Rollkoffer durch den Keller des Wolfsburger Stadions. Was Schweinsteiger nach dem 2:3 beim VfL und dem ernüchternden Champions-League-Aus (zu den Tabellen) von Manchester United dachte? Was er von der erneuten Kritik seines Trainers Louis van Gaal hält? Das blieb unbeantwortet, als Schweinsteiger nach mehr als einer Stunde im Raum für die Dopingkontrolle schweigend das Stadion verließ.

Schweinsteiger nach United-Aus abgewatscht
epa05060544 Bastian Schweinsteiger (L) of Manchester reacts after his substitution with coach Louis van Gaal during of the UEFA Champions League Group B match between VfL Wolfsburg vs Manchester United in Wolfsburg, Germany, 08 December 2015. EPA/PETER STEFFEN
Auskunftsfreudiger war Schweinsteigers Trainer, der den einstigen Bayern-Star am späten Dienstagabend erneut abwatschte. Vor der Kritik an seinem deutschen Mittelfeldspieler wies der niederländische Coach aber noch einen englischen Journalisten in seiner unnachahmlichen Art zurecht: „Willst du mich unterbrechen?“, harschte der Coach den Reporter an: „Ich will die Antwort geben, und du musst zuhören.“

Anschließend strafte van Gaal seinen einstigen Lieblingsspieler aus Münchener Tagen mit einem schlichten Satz ab. „Ich wechsele einen Spieler nicht einfach nur so aus“, sagte der United-Trainer, der Schweinsteiger schon in der 69. Minute vom Platz geholt hatte.

Von der Bank aus musste der deutsche Nationalspieler kopfschüttelnd mit ansehen, wie einer der größten Klubs des Weltfußballs beim Emporkömmling aus Wolfsburg verlor und in die zweitklassige Europa League abrutschte. Das hatte sich Schweinsteiger bei seinem Wechsel zum populärsten Premier-League-Klub anders vorgestellt.

"Peinlich, amateurhaft, fürchterlich"

Die Kritik in England war gnadenlos. „Peinlich, amateurhaft, fürchterlich“, titelte die britische ZeitungThe Times. Schweinsteiger stand im Mittelpunkt. „Der Deutsche war eine riesige Enttäuschung. Er sah langsam aus und war ein Schwachpunkt statt eine treibende Kraft“, urteilte dieManchester Evening News. „Er war aus irgendwelchen Gründen der Einzige, der Handschuhe trug. Es sah so aus, als nagt die Zeit an ihm“, schriebThe Sun.

Auch der Guardian spottete: „Der Fußballer, der so lange wie ein Mercedes surrte, hustete und prustete, als die VW-Logos an ihm vorbeirasten. Er ließ zu viele Gelegenheiten zu, bis er endlich ausgewechselt wurde.“ Twitter-User "ziozetti" meinte: "Die Fans von Bayern München haben eine Schweinsteiger-Statue errichtet und sie ins Mittelfeld von Manchester United gestellt."

"Nicht der Schweinsteiger aus meiner Zeit in München"

Schweinsteiger nach United-Aus abgewatscht
Football Soccer - VfL Wolfsburg v Manchester United - UEFA Champions League Group Stage - Group B - Volkswagen-Arena, Wolfsburg, Germany - 8/12/15 Manchester United's Bastian Schweinsteiger, Chris Smalling and Daley Blind look dejected after Vieirinha scored the second goal for Wolfsburg Action Images via Reuters / Carl Recine Livepic EDITORIAL USE ONLY.
Der selber kritisierte Trainer teilte allein gegen Schweinsteiger aus. „Er will auf dem höchsten Level spielen, besonders in Deutschland“, sagte van Gaal. Doch das habe nicht geklappt: „Ich kann nicht sagen, dass er der Schweinsteiger war aus meiner Zeit in München.“

Der ehemalige Münchener Coach hat sich offenbar auf Schweinsteiger eingeschossen. Bereits vor einigen Tagen monierte er, dass der DFB-Kapitän nicht auf hohem Niveau spiele. Das stimmt zwar und gilt vor allem auch für das Wolfsburg-Spiel. Dennoch beachtlich, dass der Coach einen Spieler, den er persönlich geholt hat, öffentlich derart maßregelt. Auch ManUnited-Legende Paul Scholes hatte Schweinsteigers Leistungen zuletzt kritisiert.

Miserable Zweikampfquote

Dass der Deutsche in Wolfsburg schwach spielte, stand außer Frage. Er hatte mit 94 Prozent zwar die beste Passquote seiner Mannschaft, doch spielte der 31-Jährige vornehmlich Quer-, Rück- und andere Sicherheitspässe. Erschreckend war zudem die Zweikampfquote von nur 20 Prozent - die schlechteste des gesamten Teams.

Am schlimmsten dürfte es sich für den früheren Bayern-Star aber angefühlt haben, wie ihn sein WG-Mitbewohner von der WM in Brasilien austanzte. Bei Julian Draxlers weltmeisterlicher Vorbereitung des zweiten VfL-Tores offenbarte sich der Unterschied am deutlichsten - auf der einen Seite der dynamische Draxler, auf der anderen der statisch agierende Schweinsteiger.

Hinterher war es der 22 Jahre alte Wolfsburger und nicht etwa Manchesters Trainer, der den übertölpelten Routinier nach Mitternacht in Schutz nahm. „Der steckt das gut weg“, sagte Draxler: „Da mache ich mir überhaupt keine Gedanken um ihn.“

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