„Ich akzeptiere es zu verlieren, aber ich akzeptiere nicht die Art“, stellte Trainer Pep Lijnders klar. Aber wer trägt eigentlich Schuld an der größten Salzburger Krise in der Red-Bull-Ära? Man muss sie wohl auf mehrere Schultern verteilen:
Der Trainer:
Pep Lijnders scheint seine Mannschaft nicht mehr zu erreichen – auch wenn er das Gegenteil behauptet. Nach gutem Saisonstart samt gelungener Qualifikation für die Champions League ist der Faden gerissen. Was man dem Niederländer vorwerfen kann:
- Sein erster Fehler war, Neuzugang Janis Blaswich zur Nummer eins und zum Kapitän zu machen und damit Alexander Schlager zu degradieren. Das hat er mittlerweile eingesehen und rückgängig gemacht.
- In Prag stellte er die Neuen aus Liverpool, Bajcetic und Clark, gleich in die Startelf. Das funktionierte nicht und sorgte für jede Menge Unruhe in der ohnehin nicht homogenen Truppe.
- Lijnders probiert viel. Vielleicht zu viel. Die Aufstellung ändert sich von Spiel zu Spiel. Zuletzt wich er von seinem System ab, nur um in Leverkusen wieder darauf zurückzugreifen – und es zur Halbzeit wieder zu ändern.
Der Sportdirektor:
Seit Sommer 2023 ist Bernhard Seonbuchner im Amt und hauptverantwortlich für die Kaderzusammenstellung. Das kann er offenbar nicht annähernd so gut wie sein Vorgänger Christoph Freund. Was man dem Deutschen vorwerfen kann:
- Der Kader ist zu jung, es fehlt an Routine, es fehlt an Führungsspielern. Das hat Geschäftsführer Stephan Reiter mittlerweile auch erkannt und kündigte an, dass „Ankerspieler“ geholt werden müssen.
- Sein Auftritt nach außen wirkt alles andere als souverän. Nach dem LASK-Spiel meinte er noch, man brauche ihm die Trainerfrage nicht zu stellen, auch in den nächsten Wochen nicht. In Leverkusen sagte er: „Es ist erlaubt, Fragen zu stellen. Auf die müssen wir aber heute noch keine Antworten haben.“ Die Zeit läuft.
Die Mannschaft:
Ihre Jugend und Unerfahrenheit kann man den Spielern nicht vorwerfen, dafür einige andere Dinge:
- Fehlende Intensität: Das, was Red-Bull-Fußball in den letzten Jahren ausgezeichnet hat, fehlt derzeit komplett. Das Zweikampfverhalten erinnert oft an eine Schülermannschaft, Angriffspressing Marke Red Bull ist so nicht möglich – Dose leer.
- Fehlende Mentalität: Es ist eine gewisse Gleichgültigkeit zu spüren. KURIER-Experte Marc Janko meinte auf Sky: „Diese Mannschaft, da spielt nicht jeder für den anderen, sondern jeder für sich, nicht einmal das ist ab und zu zu sehen.“
- Fehlende Qualität: Das gilt sicher nicht für alle Spieler, aber einigen fehlt es wohl einfach an Klasse. Wobei man dann gleich wieder beim Sportdirektor landet, der den Kader zusammenstellt.
Was also tun? Trainer rausschmeißen? Es heißt ja, Lijnders ist eh nur noch da, weil sein Freund und Mentor Jürgen Klopp im Jänner zu Red Bull kommt. Es ist sicherlich nicht der unsympathischste und schlechteste Weg, dem Trainer Zeit zu geben. Hinterfragen muss man aber auch ihn. Lijnders weiß, wie das Geschäft läuft. „Ich bitte nicht um Zeit. Ich weiß, dass wir Matches gewinnen müssen. Was hilft, ist die Tatsache, dass es innerhalb des Klubs so ruhig ist, wie es nur sein kann in dieser Situation.“
Hinterfragt werden muss sicher auch der Sportdirektor, der im Winter handeln muss. Der Trainer hat genaue Vorstellungen: „Ich habe schon klargemacht, was ich denke, auch schon im Sommer. Das habe ich in den letzten Wochen auch gesagt, und nun kommt wieder ein Transferfenster, und wir werden sehen, was der Klub tun kann. Meine Meinung seit Sommer hat sich nicht geändert.“
Sky-Experte Andreas Herzog hat auch einen Lösungsvorschlag: „Normalerweise heißt es jetzt nur Resetknopf drücken und sechs, sieben Spieler gleich wieder wegschicken und im Winter gleich wieder Neue holen, weil mit dieser Mannschaft wirst du nicht erfolgreich sein.“
In Hartberg am Samstag muss Lijnders aber noch mit dieser Mannschaft auskommen - sofern er da noch auf der Salzburger Trainerbank sitzen darf...
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