Vor Leverkusen - Salzburg: Xabi Alonso, der Gentleman auf der Bank
Gibt es eigentlich jemanden, der Xabi Alonso unsympathisch findet? Also außer die jeweiligen Gegner, weil die bringt der 43-jährige Leverkusen-Trainer regelmäßig zur Verzweiflung. Stets gut gekleidet und auf sein Auftreten achtend, aber nicht eitel. Immer höflich, aber nicht herablassend. Geradlinig, aber nicht arrogant. Sportlich ist er längst in der Riege der Top-Trainer angelangt, gehört mittlerweile zu den gefragtesten Leuten seines Faches. Xabi Alonso – ein Gentleman auf der Trainerbank, der in seinem Leben offenbar nur einen Fehler gemacht hat.
Aber der Reihe nach. Begonnen hat alles im Baskenland, wo Alonso in Gipuzkoa aufgewachsen ist. Alonso ist übrigens eine spanische Form von Alfons und bedeutet „edel“ und „eifrig“. Besser hätten es seine Eltern kaum treffen können, wie sich herausstellen sollte.
Der Stratege
Gipuzkoa ist zwar die kleinste aller 50 Provinzen Spaniens, doch scheinbar guter Boden für große Trainer. Neben Alonso stammen auch Mikel Arteta (Arsenal) und Unai Emery (Aston Villa) aus Gipuzkoa. Seine Spieler-Karriere begann Alonso bei Real Sociedad San Sebastian – natürlich im Baskenland. Mit Liverpool, Real Madrid und dem FC Bayern holte er insgesamt vier Meistertitel und gewann zwei Mal die Champions League. Dazu gehörte er Spaniens goldener Generation an, die zwischen 2008 und 2012 zwei Mal Europa- und ein Mal Weltmeister wurde. Und schon damals konnte man ahnen, dass der Mittelfeldstratege auch eine glorreiche Zukunft auf der Trainerbank vor sich haben könnte.
Auf dem Platz einte er einst Technik und Zweikampfstärke mit Übersicht und strategischem Verständnis. Seine Spielweise war nie spektakulär, seine Bedeutung als Taktgeber in diversen Starensembles dafür umso größer. „Er war schon als Spieler wie ein Trainer“, sagte Jürgen Klopp einmal über ihn. Dennoch ließ es Alonso langsam angehen, sammelte als Coach zunächst Erfahrung im Nachwuchs von Real Madrid und bei der zweiten Mannschaft von Real Sociedad. Leverkusen ist seine erste Station als Trainer im Profifußball. Als er im Oktober 2022 übernahm, lag die Werkself im Tabellenkeller, eineinhalb Jahre später stemmte Alonso, der als Trainer auf Ballkontrolle setzt, den Meisterteller.
Der Meistermacher
Und das mit einem Verein, der als „Vizekusen“ in die Geschichte eingegangen ist, zuvor noch nie Meister war und mehr durch verpasste Titel für Aufsehen gesorgt hatte. So wie 2002, als man in Champions League, Liga und DFB-Pokal jeweils Zweiter wurde. Spätestens nach dem Titel in diesem Jahr hätte Alonso zu einem absoluten Top-Team wechseln können. Im Sommer 2024 war er unter anderem bei Liverpool und Real im Gespräch. Doch der Vater eines Sohnes und zweier Töchter, der seit 2009 mit seiner Jugendliebe Nagore Aranburu verheiratet ist, wollte auch da von schnellem Ruhm nichts wissen. Gewissenhaft, wie er ist, plant er jeden Schritt sorgfältig.
Klingt alles nach einer perfekten Karriere ohne Fehl und Tadel. Wenn da nicht die eine Sache gewesen wäre. 2019 entging er einer Haftstrafe nur, weil er drei Millionen Euro an den spanischen Staat nachgezahlt hatte. Die Staatsanwaltschaft war über Jahre hinter ihm her. Der Vorwurf: Er soll bei der Vermarktung der eigenen Bildrechte Steuern hinterzogen haben, und zwar von 2010 bis 2012, als er bei Real kickte. 2023 ist vom obersten spanischen Gerichtshof in letzter Instanz für ihn entschieden worden. „Es war ein langer Kampf. Sie haben mich gejagt“, erzählte er damals. „Ich habe nichts Unrechtmäßiges getan. Und da ich die Überzeugung hatte, alles richtig gemacht zu haben, habe ich bis zum Ende gekämpft.“ Die Erleichterung nach dem Urteil war groß: „Jetzt ist das endlich vorbei. Für mich ist das alles fast wie ein Titel im Fußball.“
Der Außergewöhnliche
Aktuell wird der smarte Alonso – er spricht Spanisch, Baskisch, Englisch und Deutsch – auf anderer Ebene gejagt – von den besten Klubs der Welt. Allen voran Real Madrid. Laut spanischen Medien soll der Wechsel in die spanische Hauptstadt mit Saisonende bereits feststehen. Alonso: „Dazu sage ich nichts. Der Fokus liegt auf dieser Saison.“ Auch hier will er nichts überstürzen, einen Schritt nach dem anderen setzen. Und auf der Karriereleiter könnten da noch einige folgen. Jürgen Klopp ist sich da ganz sicher: „Die nächste Generation an Trainern ist da, und Xabi ist dabei herausragend. Der Fußball, den er spielen lässt, die Mannschaften, die er aufstellt, die Transfers, die er getätigt hat – das ist absolut außergewöhnlich.“
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