Alaba wird am Freitag operiert
Donnerstagvormittag, München, Säbener Straße. Rund 1000 Fans sind zum Trainingsgelände des FC Bayern gekommen, um ihre Lieblinge nach dem 2:0-Sieg in der Champions League gegen AS Roma zu sehen. Doch es sind wie üblich nur die Reservisten, die am Tag nach einem Spiel auf dem Trainingsplatz üben, während jene Herren, die für den Sieg verantwortlich waren, im Trainingszentrum regenerieren und ihre Wunden lecken.
Auch David Alaba ist nicht zu sehen. Dabei ist er allgegenwärtig. Der 22-jährige Wiener, beim deutschen Rekordmeister längst vom Talent zum Leistungsträger aufgestiegen, ist in aller Munde. Der Grund dafür ist allerdings weniger erfreulich.
Alaba wird fehlen.
Dem FC Bayern ebenso wie dem österreichischen Nationalteam am nächsten Samstag in Wien beim wichtigen EM-Qualifikationsspiel gegen Russland. In seinem bereits 20. Pflichtspiel der Saison ist am Mittwoch passiert, was für viele österreichische Fans einem Albtraum gleichkommt: Alaba verletzte sich am rechten Knie, zwei bis drei Monate wird er ausfallen. Während Hunderte Fans und zig Journalisten diskutierten, wer denn den Österreicher in den nächsten Wochen ersetzen könnte, saß der Verletzte in seinem Dienstwagen Richtung Innenstadt. Chauffiert von Vater George.
Viel Lob
Kurz vor 11 Uhr humpelte der 22-Jährige auf Krücken in die Praxis von Klubarzt Dr. Hans-Wilhelm Müller-Wohlfahrt. Nachdem er sie wieder verlassen hatte, vermeldete Bayerns Pressechef Markus Hörwick um 13.30 Uhr: "Es gibt noch keine endgültige Diagnose, diese ist erst am späteren Nachmittag zu erwarten."
Bereits zuvor erfuhr der KURIER, dass sich Alaba einen Teilabriss des Innenbandes und eine Innenmeniskus-Verletzung zugezogen hat und am Freitag operiert wird. "Das ist im Moment ganz bitter für mich, denn sowohl in der Mannschaft als auch bei mir ist es zuletzt so gut gelaufen", seufzte der Verletzte.
Bayerns Starcoach Josep Guardiola wusste bereits am späten Mittwochabend, dass er für einige Zeit auf seine Nummer 27 verzichten wird müssen. Und der Katalane wirkte geschockt (siehe Video unten), als er sagte: "David ist der totale Fußballspieler. Er kann alle Positionen spielen, er ist überragend."
Vor ein paar Jahren noch, als Guardiola den FC Barcelona von Titel zu Titel geführt hatte, hatte er in ähnlichen Tönen noch über Messi, Xavi oder Iniesta gesprochen. Tatsächlich musste man sich selbst zwicken, als der Trainer, der als einer der besten auf diesem Planeten gilt, weiter betonte: "Er ist sehr wichtig für uns. Eins zu eins ist er nicht zu ersetzen. Weder sportlich, noch von seinem Charakter her."
David Alabas Werdegang in Bildern
David Alaba ist 22 Jahre jung und schon das Um und Auf in Österreichs Nationalteam. Der Wiener hat vor fünf Jahren im A-Team debütiert und mittlerweile 35-mal das Teamtrikot getragen. Seit seinem ersten Spiel (14. 10. 2009) war er in nur neun Spielen nicht dabei. Österreich hat davon drei gewonnen, drei verloren und drei Mal remis gespielt.
Und es waren durchaus entscheidende Spiele, die in der Absenz Alabas nicht gewonnen wurden. Das unglückliche 1:2 am 11. September 2012 in Wien gegen die Deutschen etwa. Oder das 0:0 in Astana in Kasachstan einen Monat später. Dementsprechend gut wissen Teamchef Marcel Koller und Alabas Kollegen den Ausfall einzuschätzen.
"Der Ausfall schmerzt sehr, dies kann aber im Hochleistungssport passieren. Für die bevorstehenden Spiele bedeutet dies, dass ein anderer Spieler die Chance erhält und sich beweisen kann. An der Ausgangssituation hat sich für mich nichts geändert: Russland ist der Gruppenfavorit und ein sehr schwer zu bespielender Gegner", sagt Koller. Für Aleksandar Dragovic ist die Nachricht "eine Hiobsbotschaft. Jeder weiß, wie wichtig er für uns ist", sagt der langjährige Freund von Alaba. "Aber wir sind eine Mannschaft und mehr als elf Spieler. David ist eine der wichtigsten Figuren im Offensivspiel, aber wir werden ihn ersetzen."
Julian Baumgartlinger, der zuletzt im zentralen Mittelfeld des Teams mit Alaba ein starkes Duo bildete, sieht das ähnlich. "Wir haben einen großen und international erfahrenen Kader, was speziell auf die Personalsituation im zentralen Mittelfeld zutrifft. Daher wollen wir das als Kollektiv kompensieren."
1860-München-Stürmer Rubin Okotie, der einen Schlag aufs Knie bekommen hatte, war ebenfalls zur Untersuchung. Doch beim Stürmer gab es Entwarnung. Zu Alaba sagte er: "Dieser Ausfall schmerzt, weil David das Herz der Mannschaft ist."
Deutschlands größte Zeitung hat David Alaba mit einen Marktwert von 35 Millionen Euro unter die Top Ten der wertvollsten Bundesliga-Stars gereiht, der Sky-Kommentator ihn in der Live-Übertragung von Bayern – Roma als den überragenden Mann bezeichnet. Diese Informationen sind an die Adresse jener gerichtet, die aus Empörung über den Ausgang der Sportlerwahl des Jahres den Sieger Alaba per Online-Postings und Briefen zum "Durchschnittskicker" abqualifiziert haben. Und die den Medien jetzt garantiert vorwerfen werden, dass sie dem Knie der Nation viel zu viel Aufmerksamkeit widmen.
Bayerns "Durchschnittstrainer" Pep Guardiola (2011 mit Barcelona Champions-League-Sieger) vermochte sich über das 2:0 gegen Roma gar nicht zu freuen, "weil uns der Ausfall von Alaba so schmerzt". Dabei wird der FC Bayern das Fehlen Alabas, zumal der Champions-League-Aufstieg bereits fixiert ist, leichter verkraften als die österreichische Nationalelf: Ausgerechnet im wichtigsten Spiel der Saison (am 15. 11. gegen Russland) fehlt der wichtigste Mann.
Ein Staatstragödie ist die Verletzung natürlich nicht. Auch wird Alaba aus der Zwangspause gestärkt zurückkommen. Und 2015 erst recht beweisen, dass ihn Guardiola nicht aus Jux und Tollerei seinen Schlüsselspieler nannte. Und dass er ein würdiger Sportler des Jahres 2014 ist. Als solchen bezeichnet ihn übrigens der knapp geschlagene Skiweltcupsieger Marcel Hirscher.
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