Last-Minute-Tor besiegelt Austria-Pleite bei Sturm

Doppeltorschütze: Simon Piesinger
Die Wiener verspielen in Graz eine 1:0-Führung.

Hochsicherheitsspiel. Risiko-Spiel. Zumeist der Fall, wenn sich Sturm mit einem Wiener Klub duelliert.

Da nur 200 Austria-Fans nach dem bitteren 0:1 in Wr. Neustadt die Reise nach Graz mitmachten, beschränkte sich das Risiko nur auf Austrias Coach Gerald Baumgartner, der um seinen Job bangen musste und dabei von seiner Mannschaft abhängig war. Und die hielt bis in die Nachspielzeit ein 1:1, Baumgartner konnte schon mit einem sicheren Weiterverbleib rechnen. Ehe der eingewechselte Simon Piesinger Sekunden vor dem Schlusspfiff das 2:1 besorgte.

Damit ist mehr als unklar, ob Baumgartner die Austria auch ins Derby am Sonntag gegen Rapid führen wird. Wohin die Reise der Violetten jedoch geht, weiß man wohl selbst am Verteilerkreis noch nicht.

Zum Spiel: Baumgartner stellte um, ließ unter anderem Shikov mitspielen. Das hat wohl auch den Mazedonier selbst überrascht, war er zuletzt nicht wirklich fit. Und Sturm-Trainer Franco Foda setzte auf Roman Kienast, der gegen den Klub, der ihm den Laufpass gab, besonders motiviert war, Verteidiger Kamavuaka debütierte. Und das gut.

Verunsichert

Der Austria merkte man die Krise an, das Spiel war zwar bemüht, blieb aber meist nur Stückwerk. In der ersten Hälfte fanden die Wiener keine einzige wirklich gute Chance vor. Anders die Grazer. Bald schon entstand Sturm-Warnstufe 1 für die Wiener. Schon nach fünf Minuten bekam Lindner beide Hände voll zu tun nach einem Schuss von Offenbacher. Kienast wollte das Tor des Jahres erzielen, sein Fersler ging aber doch erheblich über das Tor. Ein Versuch des Technikers Avdijai, der bei Sturm in der Startelf debütierte, war da schon bedrohlicher für die Gäste.

Rasse ja, Klasse eher weniger, und wenn, dann kam sie phasenweise noch von Sturm. Kienast versuchte sich auch per Kopf – drüber. Und Baumgartner begann an der Seitenlinie immer mehr zu schwitzen, was nicht nur an der dicken Jacke lag. Denn seine kreativen Köpfe hatten es nicht in ihren Beinen, Sturm spielerisch zu bezwingen. Die Grazer, wenngleich verunsichert, präsentierten den etwas gepflegteren Fußball in einem bis dahin mäßigen Match.

Austria begann beherzter, agierte und reagierte nicht nur. Royers Kopfball verfehlte das Tor. Baumgartner von der Seitenlinie seine Mannschaft wie einst Karajan die Philharmoniker. Bei Sturm kamen Misstöne ins Spiel. Und ausgerechnet der eingewechselte Alexander Grünwald besorgte mit einem sehenswerten Schuss nach knapp einer Stunde die gar nicht einmal überraschende Führung.

Ungeduldig

Ebenso wenig überraschend war, dass die Gastgeber nun ihre Offensivbemühungen wieder verstärkten. Es blieb aber lange bei den Bemühungen. Nun wurde Foda ungeduldig. Und die Fans. Das legte sich aber bald – Sturm brachte sich mit einer Standardsituation zurück: Nach einem Offenbacher-Freistoß traf mit Simon Piesinger ein Wechselspieler per Kopf (70.).

Mit einem offenen Schlagabtausch ging es in die Schlussphase. Kienast vertändelte im Strafraum, Edomwonyi vergab eine Topchance. Als alles mit einem Unentschieden rechnete, schlug Joker Piesinger ein zweites Mal zu – das Siegestor war allerdings irregulär, weil Vorlagengeber Kienast im strafbaren Abseits stand.

SK Sturm Graz - FK Austria Wien 2:1 (0:0)

Graz, UPC Arena, 7.689, SR Schörgenhofer.


Tore: 0:1 (59.) Grünwald
1:1 (71.) Piesinger
2:1 (95.) Piesinger

Sturm: Gratzei - Spendlhofer, Madl, Kamavuaka (66. Piesinger), Klem - Hadzic, Offenbacher - Schloffer (63. Gruber), M. Stankovic, Avdijaj (63. Edomwonyi) - Kienast

Austria: Lindner - Larsen, Rotpuller, Sikov, Suttner - Holland, Serbest (79. Ramsebner) - Gorgon, Holzhauser (54. Grünwald), Royer - Zulechner (71. Kvasina)

Gelbe Karten: Madl bzw. keine

Tabelle

Franco Foda (Sturm-Trainer): "Klar sind wir sehr glücklich mit diesem Spielausgang. Mit der ersten Hälfte war ich sehr zufrieden, wir hatten eine sehr gute Spielanlage. In der zweiten Hälfte hat sich das Spiel gedreht, Austria war aggressiv und hat uns unter Druck gesetzt. Wir haben aber gekämpft. Wir hatten in der zweiten Hälfte 20 Minuten lang zu viele Ballfehler. Ich wäre auch mit dem 1:1 zufrieden gewesen. Das zweite Tor war abseits. Letzte Woche hatten wir in Wien Pech, diesmal das Glück."

Simon Piesinger (Doppeltorschütze Sturm): " Für die Moral und das Selbstvertrauen bringt so ein Last-Minute-Sieg viel."

Anel Hadzic (Sturm-Spieler): "Über 90 Minuten gesehen, haben wir uns den Sieg redlich verdient, wir haben ihn schwer erkämpft. Ich spiele alle Positionen, und dort, wo die Mannschaft mich braucht. Wir haben einen sehr guten Charakter in der Mannschaft, die Abwehr hat trotz der Umstellungen gut funktioniert. Simon (Piesinger) brauchen wir für Standards.

Gerald Baumgartner (Austria-Trainer): "Es war ein sehr intensives Spiel von zwei Mannschaften, die um jeden Zentimeter gekämpft haben. Nach einem wunderschönen Führungstreffer von Grünwald haben wir uns leider zwei Tore aus Standards eingefangen, wobei das zweite Tor ein klares Abseits war, dass der Assistent sehen muss. Ich habe einen sehr gut Draht zur Mannschaft, die Mannschaft will unbedingt, und das Spiel hätte auch 1:1 enden müssen. Ich versuche, das berufliche vom Privaten fernzuhalten, sonst würde mir manchmal der Kopf explodieren. Am Ende bin ich erstarrt, Fußball kann brutal sein. Im Profifußball hat jeder Druck, manchmal erschlägt er dich fast. Ich kann nicht beantworten, ob ich morgen noch Trainer bin."

Franz Wohlfahrt (Austria-Sportdirektor): "In der ersten Hälfte war Sturm besser, hat mehr für das Spiel getan. Unsere Antwort in der zweiten Hälfte war sehr gut, sie haben gekämpft. Das 2:1 war ein klares Abseits, da gibt es Dinge, die in einer beschissenen Situation noch dazukommen. Die Moral, die die Mannschaft in der zweiten Hälfte gezeigt hat, ist Voraussetzung. Unser Problem ist momentan, dass wir viele Verletzte haben."

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