Die zweite Wahl wird Stögers Erbe

APA13269648-2 - 17062013 - WIEN - ÖSTERREICH: ZU APA-TEXT SI - Der neue Trainer Nenad Bjelica am Montag, 17. Juni 2013, anl. einer PK des FK Austria Wien in der Generali-Arena in Wien. APA-FOTO: HELMUT FOHRINGER
Meister Austria verpflichtet Wolfsbergs Erfolgscoach Nenad Bjelica als neuen Trainer.

Premiere bei der Austria: Erstmals ist ein Kroate Trainer beim Meister. Nenad Bjelica, bisher WAC-Coach, übernimmt den nach dem Abgang von Peter Stöger nach Köln vakanten Posten.

Die Verpflichtung des 41-Jährigen war ein Wochenendprojekt. „Ich hatte den Tipp bekommen, dass Nenad Bjelica eine Ausstiegsklausel hat. Ich habe ihn am Freitag angerufen und gefragt, wie hoch diese ist. Es war eine realistische Sache“, erzählt Austria-Sportvorstand Thomas Parits. Am Samstag fand in Hartberg das erste Treffen statt. „Wir sind uns nach drei Stunden einig geworden“, sagt Parits.

Weil Bjelica aber nur eine mündliche Abmachung mit WAC-Präsident Dietmar Riegler hatte, musste dieser seine Zusage geben. „Er hat sich an alles gehalten, was vereinbart war. Dafür möchte ich mich bedanken“, erzählt Parits. Danach fehlte am Sonntagabend nur mehr das Okay des Austria-Aufsichtsrates. Dieses erhielt Parits einstimmig: „Um 23 Uhr war der Deal endgültig durch.“

Bjelica wurde mit einem Zweijahresvertrag ausgestattet. „Er hat in den letzten Jahren sehr gute Arbeit bei Wolfsberg geleistet. Die Mannschaft hat so gespielt wie wir. Ich bin überzeugt, dass er sehr gut zu uns passt“, ist sich Parits sicher.

Wie hoch die Ablöse für Bjelica war, ist geheim. Es ist aber die höchste Summe, die der WAC je für einen Abgang kassiert hat. Aus dem Umfeld der Kärntner war zu hören, dass Bjelica etwas über 300.000 Euro wert war.

Kovac-Absage

Dass der Kroate seine Chance bei Austria bekommt, hat er auch einem seiner Ex-Kollegen im kroatischen Team zu verdanken. „Ich habe nur mit einem einzigen anderen Kandidaten gesprochen. Das war Niko Kovac“, sagte Parits bei Bjelicas Präsentation. „Wir hatten am Donnerstag ein sehr gutes Gespräch. Aber er hat uns schon damals gesagt, dass er erst mit dem kroatischen Verbandsboss reden muss.“ Kovac sagte der Austria am Tag danach ab und bleibt weiterhin kroatischer U-21-Teamchef.

Eigentlich wollte Bjelica seinen langjährigen Co-Trainer nach Wien mitnehmen, aber Slobodan Grubor wurde noch am Montag sein Nachfolger beim WAC (siehe unten). Für den neuen Austria-Coach ist das kein Problem: „Ich habe zwei, drei andere Varianten.“

Schmid-Abgang

Kein Thema als Assistent war Stögers Co-Trainer Manfred Schmid. Der 42-jährige, der Ambitionen als Cheftrainer hatte, verlässt die Austria. „Ich wollte ihn nicht verheizen. Wir sind im Guten auseinandergegangen. Er kann trotz seiner dreimonatigen Kündigungszeit sofort nach Köln gehen. Und er kann jederzeit mit dem Peter Stöger zurückkommen“, sagt Parits. Schmid fühlt sich nicht richtig eingeschätzt. „Jeder spricht mir fachliche Kompetenz zu, das andere hätte ich gelernt“, meinte er in Anspielung auf seine vermeintliche Unerfahrenheit im Umgang mit der Öffentlichkeit. „Die Klubs wären gut beraten, die Fachkompetenz in den Vordergrund zu stellen“, sagte Schmid, der nur unter Stöger noch einmal als Co-Trainer arbeiten will.

Zwei bis drei neue Spieler will die Austria in den nächsten Tagen holen. Ein Wolfsberger wird übrigens nicht darunter sein. „Das habe ich Dietmar Riegler versprochen. Ich will den WAC ja nicht schwächen“, sagt Bjelica, der Dienstag Vormittag erstmals ein Austria-Training leiten wird.

Nenad Bjelicas Karriere in Bildern:

Montagfrüh gab Nenad Bjelica dem KURIER noch vor der offiziellen Bestellung sein erstes Interview als Austria-Trainer. Der 41-jährige Kroate spricht über die Verhandlungen, den möglichen Abgang von Hosiner und das Ziel Champions League.

KURIER: Wie sind Sie aus dem Vertrag beim WAC gekommen? Im Unterschied zum Abgang von Peter Stöger war nichts von den Verhandlungen mit der Austria zu hören.
Nenad Bjelica: Das zeigt, dass WAC-Präsident Riegler ein echter Ehrenmann ist. Wir hatten eine Vereinbarung: Wenn ein Top-Klub kommt, wird er mir nicht allzu viel in den Weg legen. Das hat er auch eingehalten.

Wie liefen die Gespräche ab?
Am Samstag gab es den ersten Kontakt. Und noch Sonntagabend gab es die Einigung zwischen den Vereinen, dass ich wechseln darf. Darum möchte ich mich bei den Wolfsbergern bedanken, das sind tolle Menschen, wir hatten eine schöne Zeit.

Als die Austria anfragte, haben Sie da sofort zugesagt?
Bei so einer Möglichkeit muss ich nicht lange überlegen. Das ist eine große Chance.

Stürmer Philipp Hosiner will weg. Rechnen Sie noch mit ihm?
Im Moment gibt es keine Einigung über einen Transfer. Wenn Hosiner verkauft wird, kommt eine Alternative. So läuft das Geschäft.

Sehen Sie die Champions League als realistisches Ziel an?
Ich ziele immer auf das Maximum. Ganz wichtig wird, dass wir die erste Quali-Runde schaffen. Dann haben wir eine Gruppenphase im Europacup schon sicher. Ich bin aber überzeugt, dass wir dann auch die zweite Hürde in die Champions League schaffen können.

Wie beurteilen Sie die Ausgangslage nach den Erfolgen unter Ex-Trainer Stöger?
Ich bin Trainer, um die Spieler jeden Tag etwas besser zu machen. Wenn wir als Mannschaft dann noch zumindest ein Prozent gegenüber der Zeit unter Stöger zulegen, bin ich zufrieden.

Wie geht es in Wolfsberg weiter? Am Tag eins nach Bjelica leitete dessen Assistent Slobodan Grubor (44) das Training. Einiges hatte schon darauf hingedeutet, dass er zum Cheftrainer aufrücken wird, am Montagabend kam dann die Bestätigung. „Er war unser Wunschkandidat nach dem Abgang von Nenad Bjelica. Er kennt die Mannschaft und hat in den letzten Jahren den Erfolg mitgetragen. Ich bin mir sicher, dass es die beste Lösung ist“, sagte WAC-Präsident Dietmar Riegler. Mit der Hochstufung des bisherigen Co-Trainers setzen die Lavanttaler auf Kontinuität.

Der 44-Jährige erhielt beim Tabellenfünften der abgelaufenen Bundesliga-Saison einen Vertrag über zwei Jahre. „Es ist eine super Chance für mich. Ich freue mich auf die neue Position. Ich war immer glücklich hier. Ich werde versuchen, unseren Weg weiter zu gehen“, freute sich der ehemalige Verteidiger, der seit Sommer 2010 für die Wolfsberger arbeitet, nachdem er Bjelica nach Kärnten gefolgt war.

Geb.: 20.8.1971 in Osijek
Nationalität: Kroatien

Stationen als Spieler:
1990-1992 NK Osijek (CRO); 1993-1996 Albacete (ESP); 1996-1997 Betis Sevilla (ESP); 1998-1999 UD Las Palmas (ESP); 1999-2000 NK Osijek; 2001-2004 1. FC Kaiserslautern; 2004-2006 Admira Wacker Mödling; 2006-2008 FC Kärnten

9 Länderspiele für Kroatien
EM-Teilnahme 2004 in Portugal (2 Einsätze)

Stationen als Trainer:
September 2007 - 2009: FC Kärnten (Erste Liga/Regionalliga) - zuerst Spielertrainer, dann nur noch Trainer
März - Dezember 2009: FC Lustenau (Erste Liga)
Mai 2010 - Juni 2013: WAC (Regionalliga/Erste Liga/Bundesliga)
Seit 17. Juni 2013: Austria Wien

Erfolge als Trainer:
Aufstieg in die Erste Liga mit WAC 2010
Meister Erste Liga mit WAC 2011/2012
Platz 5 in der Bundesliga mit WAC 2012/13

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