Streit in der violetten Finanzmisere: Wie sich die Austria selbst zerlegt

SOCCER - BL, A.Wien vs Hartberg
Sportlich durchgeschüttelt, finanziell gebeutelt, aber immer noch zum Streiten aufgelegt: Die Veilchen wirken planlos. Besserung ist nicht in Sicht.

Seit fast einem Jahrzehnt dreht sich die Wiener Austria um sich selbst, weil die Führungsebenen alles tun – nur nicht an einem Strang ziehen. Als würde man im Verteilerkreis fahren, doch jeder nimmt eine andere Ausfahrt. Wie schon im Vorjahr und im Vorvorjahr und die Jahre davor befindet sich die Austria in einer sportlichen Krise und möchte sie mit Emotionen, Populismus und Aktionismus lösen. Als hätte der beliebte Schuss aus der Hüfte in der jüngsten Vergangenheit so viel Positives bewirkt!

Trainer Stephan Helm ist nach einem Fehlstart in die Saison angezählt, über seinen Job wurde am Montag in einer Krisensitzung diskutiert. Darüber hinaus über die Personalien Jürgen Werner als Sportvorstand und Manuel Ortlechner als Sportdirektor. Doch was, wenn man sich mit großem finanziellem Aufwand tatsächlich von allen trennen könnte und würde? Ein Königreich für einen wohldurchdachten Plan!

Der sportliche Misserfolg ist nur eine (logische) Folge von Missständen, deren Ursprung ausgerechnet bis zum letzten großen Erfolg mit Meistertitel und Champions-League-Gruppenphase im Jahr 2013 zurückgeht. Danach wurde man, gelinge ausgedrückt, übermütig, lebte über die Verhältnisse und häufte einen Schuldenberg an, mit dem die heutige Führung noch mehr als beschäftigt ist. 

Trotz der finanziellen Not scheint man nicht in der Lage zu sein, Eitelkeiten hintanzustellen und gemeinsam in eine Richtung zu arbeiten. Und das hat Gründe.

Das Konstrukt 

Die Austria besteht aus dem Verein und der AG, dementsprechend groß sind die Gremien mit ihren Mitgliedern, die zu allem ihren entbehrlichen Senf abgeben, weil sie glauben, den Fußball erfunden zu haben. Der VIP-Klub auf der Nordtribüne ist vor allem in schlechten Zeiten ein toxisches Gemisch, da stets emotional aufgeladen diskutiert, geschimpft und intrigiert wird. Dort werden Trainer bestellt und in die Wüste geschickt.

Auch bei den Investoren gibt es Untergruppen, die verschiedene Interessen verfolgen. Vielen im Verein ist Jürgen Werner ein Dorn im Auge, dessen man sich gerne entledigen würde. Werner war in einer Zeit bei der Austria als Investor und dann als sportlich Verantwortlicher eingestiegen, als die Violetten wirtschaftlich vor dem Abgrund standen. So unterschrieb man auch gerne einen Syndikatsvertrag, durch den Werner nicht am längeren Ast, sondern gleich am Stamm des Baumes Austria sitzt.

Die Querschüsse 

Auf der Führungsebene erkennt man selbstverständlich die Verfehlungen – aber stets im Bereich des anderen. Es wird hinterrücks geredet und gezündelt, und wenn dann der Hut brennt, will es keiner gewesen sein.

Die Planlosigkeit

Das berühmte violette „Playbook“, die niedergeschriebene Austria-Philosophie, gibt es bestenfalls auf dem Papier, gelebt wird sie kaum. Alle wollen zwar den sportlichen Erfolg, über den Weg dorthin ist man sich aber uneins. Die einen hätten gerne junge Eigenbauspieler, der Sportvorstand bastelt an einem Kader, mit dem man in den Europacup kommen wollte, um dort die Spieler zu präsentieren und womöglich teuer zu verkaufen.

Beide Zugänge sind legitim, doch sie führten in der Vergangenheit auch zu einem Richtungsstreit in der violetten Fußballphilosophie. Es fehlt der gemeinsame Plan.

Die Finanzen

Die Folgen der Ära von Wirtschaftsvorstand Markus Kraetschmer und Präsident Wolfgang Katzian sind noch heute bei der Austria spürbar. Hinterlassen wurde ein Schuldenberg, der die Violetten zwischenzeitlich knapp vor den Ruin führte. Dem aktuellen AG-Vorstand Harald Zagiczek ist es mit dem Schuldenschnitt beim Kredit und dem Stadionverkauf gelungen, die Schulden um 60 Millionen Euro zu verringern. Nach wie vor aber schreibt man im operativen Geschäftsjahr rote Zahlen.

Diese wirtschaftlichen Rahmenbedingungen sind für den sportlichen Bereich ein enges Korsett, innerhalb dessen man sich zu bewegen hat. Nur Schritt für Schritt wird man es aufschnüren können, um irgendwann befreit aufzuspielen. Umso mehr braucht die Austria eine klare Strategie.

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