Austria-Trainer Helm: "Wir sind alle Menschen, das lässt dich nicht kalt"

Ein Punkt in drei Ligaspielen, im Europacup genauso ausgeschieden wie im ÖFB-Cup. Die Austria legte einen Fehlstart in die Saison hin, steht am Sonntag daheim gegen Hartberg vor einem Pflichtsieg. Und Trainer Stephan Helm steht in der Kritik und unter Druck.
Sie haben sich etwas für den Saisonstart vorgenommen, was ganz und gar nicht aufgegangen ist. Wie geht es Ihnen?
Stephan Helm: So wie jedem Menschen, der sich etwas vornimmt. Das beschäftigt dich und fordert dich heraus. Ich gehe ja bewusst in die Herausforderungen und bin ja bewusst Trainer und habe die größten Ansprüche an mich selbst. Daher ist die Zeit eine herausfordernde, da bist du auch nicht immer super drauf. In so einer Situation gehe ich aber in den Jetzt-erst-recht-Modus. Denn jetzt bin ich gefragt als Trainer. In diesem Modus fühle ich mich wohl.
Gelingt es Ihnen vom Fußball abzuschalten?
Wenn ich Austria-Trainer in solch einer Phase bin, dann will ich das Maximum. Das ist nicht die Phase der Erholung, darüber weiß meine Familie Bescheid. Da bleibt nicht viel Spielraum.
Wie oft haben Sie sich hinterfragt in den letzten Wochen? Suchen Sie die Fehler bei sich?
Ich bin immer selbstkritisch, kann damit umgehen kritisiert zu werden. Das ist Teil des Jobs. Ich stelle mich dem bewusst, will mich nicht wegducken. Ich sehe es als Chance besser zu werden.
Kommt es vor, dass Sie Ihre Assistenten nach Ihren Fehlern fragen?
So nicht, das ist eher ein ständiger Prozess. Es gibt einen permanenten Austausch, wir sind ja ein Team. Jeder kann dem anderen die Meinung sagen. Du kannst anderer Meinung sein, solltest aber auf derselben Wellenlänge sein. Die Vertrauensebene muss passen.
Die Fans werden unruhig, innerhalb des Vereins kommen Zweifel auf. Geht das spurlos an Ihnen vorbei?
Wir sind alle Menschen, das lässt dich nicht kalt. Wir arbeiten hier konzeptionell, sind von dem Weg überzeugt. Gerade in solchen Phasen kannst du beweisen, wie stark du als Verein bist. Interne Kritik halte ich für essenziell, sie soll konstruktiv sein. Die aktuelle Kritik ist ja total berechtigt.
Vor ein paar Monaten waren Sie der Beinahe-Meister-Trainer. Jetzt halten Sie manche für den falschen Coach.
Dazu habe ich eine klare Meinung. Man freut sich, wenn man mit Erfolg in Verbindungen gebracht wird. Aber es ist keine One-Man-Show. Kritik ist Teil des Spiels, meist hat sie aber gar nicht unmittelbar mit meiner Arbeit zu tun. Es wäre der falsche Ansatz, sich bei Gegenwind wegzuducken.
Ist Fußball dermaßen schizophren, dass die Amplituden so ausschlagen?
Das ist auch ein wenig der Zeitgeist samt der Sozialen Medien. Es ist extrem extrem geworden. Wir stehen alle in der Verantwortung da nicht mitzumachen. Wir sollen doch Vorbilder für die nächste Generation zu sein. Über die sagt man ja, sie will nur mehr Zeitausgleich. Es wäre dann ja genau die falsche Botschaft, wenn man sich in einer schwierigen Phase versteckt. Wer will denn mit solchen Leuten zusammen arbeiten?
Sie sagen: Jürgen Werner stellt den Kader zusammen, Sie arbeiten dann damit. Machen Sie sich damit nicht etwas klein?
Die Antwort ist: Vertrauen. Ich habe Vertrauen, dass der Verein das Bestmögliche herausholt. Es ist ja nicht so, dass wir keinen ständigen und guten Austausch haben.

Haben Sie die Gelassenheit zu sagen: Mein Leben geht gut weiter, wenn ich nicht mehr Austria-Trainer bin?
So würde ich das nicht sagen, dafür bin ich viel zu ehrgeizig. Aber ich habe ein Grundvertrauen: wenn man alles investiert, dann wird die Belohnung stimmen. Nur weiß man nicht immer, was die richtige Belohnung ist. Eine Grundgelassenheit bedeutet ja nicht, dass mir alles egal ist. Aber wenn ich hier im Stadion bin, dann bin ich im Tunnel.
Wo endet das Tunnel? Im Burgenland?
Ja schon. Aber es kommt dann schon vor, dass ich daheim sitze und über die Situation bei der Austria nachdenke. Aber die Familie ist schon außerhalb der Fußball-Bubble. Da geht es nicht um Sieg oder Niederlage. Meine Kinder wissen, dass ich Austria-Trainer bin und kommen gerne ins Stadion und sehen das Positive.
Was sagt Ihre Frau, wenn sie merkt, dass auf Sie als Austria-Trainer der Druck steigt?
Früher hat sie vielleicht darunter gelitten. Sie hat gemerkt und gelernt, dass das nicht notwendig ist. Sie sieht, wenn ich die Situation im Griff habe.
Sieht sie das jetzt auch?
Sie ist überzeugt davon und glaubt an mich.
Was stimmt Sie positiv, dass die Trendwende gelingt?
Weil wir nach einem klaren Konzept arbeiten. Die Resultate stimmen nicht, aber viele Spiele waren richtig knapp. Ich habe die Überzeugung, dass wir das hinkriegen.
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