Anklage gegen Bayern-Boss Hoeneß

Am Dienstag bekam Hoeneß die Klage zugestellt. Er darf auf eine Strafe auf Bewährung hoffen.

Uli Hoeneß, der Präsident des FC Bayern München, hat gerade keinen guten Lauf. Am Samstag unterlagen „seine“ Bayern beim Supercup gegen Borussia Dortmund mit 2:4. Am Dienstag bekam der 61-Jährige eine Anklage zugestellt. Die Staatsanwaltschaft München II hat wegen Steuerhinterziehung Anklage gegen ihn erhoben. Die Wirtschaftsstrafkammer muss nun darüber entscheiden, ob diese zugelassen und das Verfahren eröffnet wird. Aufwärmen muss sich Hoeneß noch nicht. Mit einer Entscheidung sei nicht vor Ende September zu rechnen, hieß es am Dienstag.

Hoeneß soll über Jahre hinweg Börsengewinne auf seinem Konto bei einer Schweizer Bank vor dem deutschen Fiskus verheimlicht haben. Als die Verhandlungen Deutschlands mit der Schweiz platzten und kein Steuerabkommen zustande kam, erstattete der Bayern-Präsident – wie Tausende andere auch – Selbstanzeige. Eigentlich schützt eine derartige Selbstanzeige vor jeglicher Strafverfolgung, wenn zu diesem Zeitpunkt noch nicht gegen den Steuersünder ermittelt wird. Im Fall Hoeneß allerdings erwies sich die Selbstanzeige vom 17. Jänner allerdings als Eigentor, weil der Schriftsatz nicht vollständig war. Die zweite Selbstanzeige war dann zwar vollständig, kam aber zu spät. Die Ermittlungen waren bereits angelaufen. Im März waren Privathaus und Büroräume durchsucht worden. Ein Haftbefehl war gegen Zahlung einer Kaution in Millionenhöhe außer Kraft gesetzt worden.

Eine Million

Offen ist, ob Hoeneß mit einer Bewährungsstrafe davonkommen wird. Ein Teil der geschuldeten Steuern könnte bereits verjährt sein, berichtete das Nachrichtenmagazin Spiegel vor Kurzem. Der strafrechtlich relevante Teil der Steuerschuld solle unterhalb einer für Hoeneß sehr wichtigen Latte liegen. Der Bundesgerichtshof hatte im Vorjahr bekräftigt, dass bei einer Steuerhinterziehung von mehr als einer Million Euro keine Bewährungsstrafe mehr möglich ist.

Der FC Bayern wollte zunächst keinen Kommentar zur Anklageerhebung abgeben. „Wir sagen dazu nichts“, erklärte Bayern-Sprecher Markus Hörwick. Am 6. Mai hatte der Aufsichtsrat des FC Bayern das Angebot von Hoeneß abgelehnt, sein Amt als Vorsitzender ruhen zu lassen. Bei einer Verurteilung könnte die Entscheidung anders ausfallen.

2001 bis 2006: Hoeneß spekuliert im großen Stil an der Börse mittels eines Kontos in der Schweiz. Der damalige Adidas-Chef Robert Louis-Dreyfus habe ihn mit Millionen unterstützt. „Es war immer klar, das war ein Konto zum Zocken, für nichts anderes“, sagte Hoeneß im Mai 2013 der „Zeit“. Nach anfänglichen Gewinnen habe er aber hohe Verluste gemacht und seine Aktivitäten an der Börse zurückgefahren.

Oktober 2010: Deutschland und die Schweiz unterzeichnen ein neues Doppelbesteuerungsabkommen und vereinbaren Verhandlungen zur Legalisierung von nicht versteuerten deutschen Geldern auf Schweizer Bankkonten.

April 2012: Beide Länder unterzeichnen ein Zusatzprotokoll. Geldanlagen von Bundesbürgern in der Schweiz aus den vergangenen zehn Jahren sollen danach von 2013 an pauschal mit 21 bis 41 Prozent besteuert werden - nicht wie zunächst vereinbart mit 19 bis 34 Prozent. Das Schweizer Parlament billigt das Abkommen im Mai, der Bundestag stimmt im Oktober zu.

November 2012: Die von SPD und Grünen regierten Bundesländer lassen das Abkommen im Bundesrat scheitern.

Dezember 2012: Auch im Vermittlungsausschuss von Bundestag und Bundesrat kommt keine Einigung zustande.

Januar 2013: Hoeneß zeigt sich beim Finanzamt selbst an, die Staatsanwaltschaft München leitet ein Ermittlungsverfahren ein. Er hatte vergeblich auf das kurz zuvor gescheiterte Steuerabkommen gesetzt.

20. März: Hoeneß bekommt in seinem Haus am Tegernsee Besuch von den Ermittlern. Gegen ihn liegt ein Haftbefehl vor, der aber außer Vollzug gesetzt wird - angeblich gegen Zahlung einer hohen Kaution.

20. April: Das Nachrichtenmagazin „Focus“ macht den Fall öffentlich und berichtet unter Berufung auf die Staatsanwaltschaft und Hoeneß selbst.

21. April: Hoeneß schließt einen Rücktritt als Bayern-Präsident aus. In der Folge häuft sich die Kritik, auch Kanzlerin Angela Merkel rückt von Hoeneß ab. Geschlossen bleiben die Reihen beim FC Bayern.

23. April: Die „Süddeutsche Zeitung“ berichtet über den Haftbefehl und die Millionen-Kaution. Hoeneß besucht das Halbfinal-Hinspiel seines FC Bayern in der Champions League gegen den FC Barcelona und freut sich im Stadion über das 4:0.

1. Mai: Hoeneß gibt via „Zeit“ voller Reue Einblick in sein Seelenleben. Verbindungen seines Schweizer Kontos zum Rekordmeister schließt der Bayern-Präsident aber aus.

6. Mai: 8:0 - Hoeneß bleibt Vorsitzender des Bayern-Aufsichtsrats. Vorerst: „Der Aufsichtsrat wird die Angelegenheit weiterhin beobachten und sich bei Vorliegen neuer Erkenntnisse mit dem Thema befassen“, heißt es in der offiziellen Erklärung.

11. Mai: Die 23. Meisterschaft darf gefeiert werden, und Hoeneß fährt beim Autokorso zum Marienplatz mit. Doch trotz aller Gesten und warmer Worte wirkt Hoeneß inmitten der Feiergesellschaft betrübt.

25. Mai: Selbst im Moment des großen Triumphes steht Hoeneß unter dem Eindruck der Steueraffäre. Fast schüchtern greift er nach dem 2:1 im Finale gegen Borussia Dortmund nach dem Champions-League-Pokal.

1. Juni: Das Triple ist perfekt: Nach Meisterschaft und Champions League holen die Münchner auch den DFB-Pokal.

24. Juni: Hoeneß stellt den neuen Trainer Pep Guardiola mit in München vor. Danach hält er sich öffentlich weiter zurück.

24. Juli: Uli Hoeneß rechnet in seiner Steuerangelegenheit mit einer baldigen Entscheidung. „Ich bin zuversichtlich, dass es eine gute Lösung gibt. Ich denke, in den nächsten zwei, drei Monaten wird es eine Entscheidung geben“, sagt er am Rande des Testspiels gegen den FC Barcelona.

30. Juli: Die Staatsanwaltschaft München erhebt Anklage gegen Uli Hoeneß wegen Steuerhinterziehung. Die Wirtschaftsstrafkammer des Landgerichts München muss nun über die Zulassung der Anklage und die Eröffnung des Hauptverfahrens gegen den Präsidenten des FC Bayern München entscheiden.

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