Was uns von dieser EM in Erinnerung bleiben wird

Ronaldos Launen & Jogis Fingerfertigkeit , löchrige Trikots & blutende Schädel, eifrige Flitzer & grottenschlechte Elfmeterschützen. Die EM im Rückspiegel.

Die EM in Frankreich ist Geschichte, der neue Europameister gekürt. Es war das Turnier mit dem größten Teilnehmerfeld und mit der geringsten Trefferquote. Was wird von dieser EM-Endrunde in Frankreich in Erinnerung bleiben? Worüber werden die Fußballfans noch in Jahren reden? Welche G’schichterln schaffen es in die Geschichtsbücher?

Schweizer Käse-Trikots

Was uns von dieser EM in Erinnerung bleiben wird
Breel EMBOLO, SUI 7 Trikot zerrissen FRANCE - SWITZERLAND Group A ,Football European Championships EURO at June 19, 2016 in Lille, France. Football, Nationalteam, France, Schweiz, EURO *** Local Caption *** © DIENER
"Hoffentlich macht Puma keine Pariser", sagte Xherdan Shaqiri und sprach damit stellvertretend für alle Fußballfans, die sich über die hochempfindlichen Schweizer Trikots wunderten. Im Duell mit Frankreich flogen nur so die Fetzen, gleich sieben Leibchen landeten in der Altkleidersammlung. Das österreichische Nationalteam vertraut übrigens dem gleichen Ausstatter. Warum während der EM kein einziges Leiberl eines ÖFB-Spielers den Geist aufgegeben hat? Böse Zungen behaupten: Weil die Gegner erst gar nicht in Verlegenheit kamen, diese Österreicher am Leibchen zu ziehen.

Der X-Faktor

Eine Mannschaft, die sechs ihrer sieben EM-Partien in der regulären Spielzeit nicht gewinnen kann und trotzdem am Ende den Titel holen wird – Chapeau. Portugal ist nicht nur der Europameister der Punkteteilung, er ist auch der Europameister der UEFA-Arithmetik. Ohne den neuen Modus wären Ronaldo & Co. ähnlich weit gekommen wie Österreich.

Corlukas Kopfschmuck

Was uns von dieser EM in Erinnerung bleiben wird
Football Soccer - Czech Republic v Croatia - EURO 2016 - Group D - Stade Geoffroy-Guichard, Saint-Étienne, France - 17/6/16 Croatia's Vedran Corluka with protective head gear REUTERS/Jason Cairnduff Livepic
Vedran Corlukas Schädel wurde bei dieser EM ähnlich in Mitleidenschaft gezogen wie die Schweizer Trikots. Entweder der kroatische Abwehrchef blutete, oder er wurde gerade verarztet, oder er erhielt einen neuen Kopfverband – meistens kam aber alles zusammen. Es gibt von Vedran Corluka von dieser EM kaum Bilder, auf denen er nicht Turban trägt. Im Match gegen die Türkei hatte er sogar vier verschiedene Designs. Turban ab vor diesem harten Knochen.

Jogis Riecher

Was uns von dieser EM in Erinnerung bleiben wird
Football Soccer - Northern Ireland v Germany - EURO 2016 - Group C - Parc des Princes, Paris, France - 21/6/16 Germany head coach Joachim Low REUTERS/Darren Staples Livepic
Darf man von Joachim Löw noch sagen, er habe ein goldenes Händchen? Wird er jemals noch für seinen guten Riecher gewürdigt werden, ohne dass dieses Kompliment ein "G’schmäckle" hätte? Der deutsche Bundestrainer leistete sich bei dieser EM vor laufenden Kameras einen Fehlgriff, für den er vor allem in den internationalen Medien Spott und Kritik erntete. Joachim Löw, ein schlimmer Finger? Lukas Podolski sprang seinem Trainer zur Hilfe: "80 Prozent kraulen sich an den Eiern."

Die Isländer

Was uns von dieser EM in Erinnerung bleiben wird
Football Soccer - France v Iceland - EURO 2016 - Quarter Final - Stade de France, Saint-Denis near Paris, France - 3/7/16 Iceland fans after the game REUTERS/Carl Recine Livepic
Spieler, die aussehen, als kämen sie direkt von einem Wikinger-Schiff; ein Co-Trainer, der als Zahnarzt arbeitet; Zehntausende Anhänger, deren martialisches "Huh, Huh"-Geschrei durch Mark und Bein geht; ein TV-Kommentator, der nach dem Siegestreffer gegen Österreich ausbricht wie der berühmte Eyjafjallajökull; eine Insel der Glückseligen, wo 99,8 Prozent der Bewohner vor den TV-Geräten das Fußballwunder verfolgten – EM-Neuling Island begeisterte bei diesem Turnier als Gesamtkunstwerk und war der Europameister der Herzen.

Flitzer & Fotokünstler

Was uns von dieser EM in Erinnerung bleiben wird
Ronaldo war der Spieler, über den am meisten während der EM auf Twitter diskutiert wurde
Waren das Zeiten, als Flitzer noch nackte Kanonen waren. Die Generation, die heute mobil macht, will sich keine Blöße mehr geben und schwört auf das Motto "Nicht ohne mein Mobiltelefon". Die Selfie-Mania war bei diesem Turnier so ausgeprägt wie noch nie zuvor, vor allem Cristiano Ronaldo war ein beliebtes Fotomotiv. Dabei zeigte der Superstar stets seine herzliche Seite. Einem nervösen jungen Mann half er beim Schnappschuss, über einen anderen, der sich neben ihm auf das portugiesische Mannschaftsfoto schmuggelte, lachte er herzergreifend.

Mikro-Mann CR7

Die ganze Welt weiß seit dieser EM, dass man Cristiano Ronaldo beim Entspannungsspaziergang besser nicht stört. Das Mikrofon, das ihm ein lästiger Reporter vors Gesicht gehalten hatte, landete in hohem Bogen in einem Teich. Zwei Taucher konnten das berühmte Mikro mittlerweile bergen, der TV-Sender wird das Gerät für einen guten Zweck versteigern.

Kinderlachen auf dem Rasen

Isländische Babys, die nach dem Schlusspfiff von ihren bärtigen Spielervätern geknuddelt werden, Gareth Bale, der mit seinem Töchterchen auf dem Rasen fangen spielt – solche Bilder bringen nicht nur Kinderaugen zum Leuchten. Die UEFA findet an den fröhlichen und friedlichen Familienfesten auf dem Spielfeld weit weniger Gefallen. Künftig müssen Kinder im Abseits stehen – außer sie tragen das Leibchen eines UEFA-Turniersponsors und begleiten ganz offiziell die Spieler marketingmäßig auf den Rasen.

Zazas Elfmeter

Wären die Engländer beteiligt gewesen, hätte man es ja noch verstehen können. Aber dass die Deutschen und die Italiener in ihrem Viertelfinale für eines der schlechtesten Elfmeterschießen der Fußballgeschichte sorgen würden, damit war nicht zu rechnen. Dabei machte sich vor allem Simone Zaza zur Witzfigur. Der Italiener war extra für das Elfmeterschießen eingewechselt worden, vertrippelte sich dann aber beim Anlauf und ist seitdem das Gespött im Netz.

Schöpfs Premierentor

In dem Trubel um Isländer und Waliser, in der Aufregung um Ronaldo und Griezmann, wäre eines beinahe schon wieder in Vergessenheit geraten: Österreich war ja auch dabei bei dieser EM. Irgendwie zumindest. Eines bleibt freilich für die Geschichtsbücher: Alessandro Schöpf erzielte das erste EM-Tor aus dem Spiel heraus für Österreich. Ist immerhin schon einmal ein Anfang.

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