Lindenberger: "Almer hat einen Bonus"

Der Chef: Klaus Lindenberger gibt im Team und im ÖFB die Richtung für die Tormänner vor.
Der Linzer war schon vor acht Jahren bei der Heim-EM für die Team-Tormänner zuständig.

Klaus Lindenberger kennt sich aus mit großen Fußball-Turnieren. 1982 und 1990 war er als Fußball-Profi bei zwei Weltmeisterschaften mit – in Spanien als dritter Tormann, 1990 als Österreichs Nummer 1. Mit 45 Jahren stand er noch in der Bundesliga im Tor, sogar noch mit 50 warf er sich wettbewerbsmäßig Bällen hinterher, beendet als Goalie des SV Hellmonödt seine Karriere im Jahr 2009.

Schon davor hatte der Oberösterreicher aus Bad Hall die Seiten gewechselt und betreute die Team-Torhüter von 2005 bis inklusive der Heim-Europameisterschaft 2008. Auch 2016 ist er wieder mit von der Partie und kann glaubwürdig Vergleiche ziehen. 2008 handelte es sich um einen Zweikampf zwischen Macho und Manninger, den Macho für sich entschied. "Jetzt ist die Situation etwas anders. Almer hat eine tolle Qualifikation gespielt und somit einen Bonus. Damals gab es ja keine Quali, wir haben personell bei den Spielen auch viel mehr rotiert."

Ehrlichkeit

Zwar trifft Lindenberger die Entscheidung über die Nummer 1 nicht im Alleingang, sondern gibt dem Teamchef gegenüber eine Empfehlung ab, dennoch ist es kein Leichtes, einem Tormann sein Reservisten-Dasein zu erklären. "Dabei geht es um Offenheit und Ehrlichkeit. Es bringt nichts, mit der Entscheidung hinter dem Berg zu halten. Denn die Entscheidung musst du sowieso treffen. Ich habe gelernt, dass Ehrlichkeit das Beste ist in solchen Situationen. Die Nummer zwei wird die Entscheidung so und so nicht verstehen."

Lindenberger: "Almer hat einen Bonus"
ABD0059_20160527 - SCHLUEIN - SCHWEIZ: (v.L.n.R.) - Ramazan Özcan, Heinz Lindner, Tormanntrainer Klaus Lindenberger und Robert Almer während des Trainings des ÖFB-Teams am Freitag, 27. Mai 2016, in Schluein. Die österreichische Fußball-Nationalmannschaft bereitet sich im Rahmen eines Trainingslehrgangs in Laax auf die Fußball-EM in Frankreich vor. - FOTO: APA/ROBERT JAEGER
Stark verändert hat sich in den vergangenen Jahrzehnten das Tormann-Spiel. "Die Technik ist gleich geblieben. Fußballerisch sind die Torhüter aber besser. Durch die Qualität der Bälle sind die Schüsse auch gefährlicher geworden. Für die Goalies ist das eine Herausforderung. Wer sich schnell anpasst, setzt sich durch." Auch das Tormann-Training hat sich grundlegend verändert. Lindenberger erinnert sich mit einem Schmunzeln. "Damals haben wir einfach nur aufs Tor geschossen. Das war’s. Heute steckt sehr viel mehr dahinter."

Kopfarbeit

Auf das österreichische Nationalteam kommt nun mit dem Turnier eine völlig neue Situation zu. "Wichtig ist, das zu realisieren. In jedem einzelnen Spiel geht es um alles oder nichts." Daher muss sich das Team trotz des Hypes abschotten. "Es geht um die Kopfarbeit der Spieler. Man muss fokussiert auf den Tag X voll da sein. 1990 war das schon ähnlich, aber die Medien waren bei weitem nicht so intensiv vorhanden wie jetzt."

Für Lindenberger, der über seinen Vater einst zum LASK gekommen ist und zu Beginn als Stürmer gespielt hat, ist die Zeit als Aktiver mit nichts zu vergleichen. Auch wenn er als Tormann-Trainer mit seinem Goalie viel intensiver mitleben kann als der Teamchef mit der ganzen Mannschaft.

Mit Robert Almer, Ramazan Özcan und Heinz Lindner verfügt Lindenberger wieder über ein homogenes Trio. "Jeder pusht den anderen, der Respekt ist vorhanden, jeder will aber spielen. Es ist ein sportlicher Konkurrenzkampf."

Der 59-Jährige ist aber nicht nur Tormanntrainer des A-Teams. Er leitet seit Anfang 2015 im ÖFB den Bereich der Tormanntraineraus- und -fortbildung. Alle zwei Monate muss er seinen Dienstwagen tauschen, weil er nicht mehr als 15.000 Kilometer fahren darf. "Ich bin viel unterwegs, beobachte und besuche die Akademien. Es macht Spaß." Sein Fazit: "Wir brauchen uns nicht zu verstecken im Vergleich mit Deutschland und der Schweiz, die ein tolles Konzept hat."

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