Gareth Bale stichelt gegen England

Wales-Superstar: "Sie machen sich groß, bevor sie irgendetwas erreicht haben".

Mit nur einem Auftritt hat Wayne Rooney die Zweifel an seiner Zukunft im englischen Nationalteam vorerst verstummen lassen: Nach 13 Jahren, fünf Turnieren und 111 Länderspielen fand sich der gelernte Stürmer beim 1:1 zum EM-Auftakt gegen Russland überraschend im linken Mittelfeld wieder – und lieferte die beste Darbietung für die Three Lions seit Langem. "Er war sofort brillant", schwärmte der Mirror und verglich ihn gleich mit einem der ganz großen Regisseure: "Er verteilte Pässe, diktierte das Spiel, kam nach vorne und sah aus wie Andrea Pirlo."

Lob für Rooney

Auch Englands Coach Roy Hodgson attestierte dem Kapitän "ein sehr gutes Spiel" – nur Rooney selbst konnte sich angesichts des späten Ausgleichs nicht über das Lob freuen. Zwar brachte der 30-Jährige mehr lange Bälle an den Mann und schoss häufiger aufs Tor als jeder andere Engländer, Russlands Keeper Igor Akinfejew lenkte aber seinen besten Schuss mit einem unfassbaren Reflex an die Latte. "Wir sind sehr enttäuscht, dass wir nicht gewonnen haben", sagte Rooney. Schon auf Kritik vor der Partie hatte er mit scharfen Worten reagiert. "Ich muss mich hier nicht verteidigen", zürnte Rooney. "Mein Spiel hat sich verändert – und meiner Meinung nach zum Besseren."

Wales schlug zum Auftakt die Slowakei 2:1. Und Superstar Gareth Bale stichelte danach gegen England: "Jetzt muss England etwas zeigen. Wir haben unseren ersten Teil erledigt, jetzt sind sie dran", sagte er in Bordeaux. Das Real-Madrid-Ass bezichtigte den Rivalen der Überheblichkeit und sieht sein Team vor allem durch den größeren Einsatz im Vorteil.

"Es ist wie jedes Derby – du willst niemals gegen den Feind verlieren", sagte Bale mit Blick auf das britische Duell am Donnerstag in Lens. "Ich denke, dass wir viel mehr Leidenschaft und Stolz haben." Die Engländer "machen sich groß, bevor sie irgendetwas erreicht haben. Deshalb werden wir da sein und daran glauben, dass wir sie schlagen können."

Das sind ungewöhnlich scharfe Worte für Bale, der sonst verbal eher zurückhaltend auftritt. Anders als sein Vereinskollege Cristiano Ronaldo gilt Bale nicht als Selbstdarsteller. Trotzdem erinnerte der Waliser zumindest bei seinem fabelhaften Freistoßtor (10. Minute) an den Portugiesen: Er baute sich vor dem Anlauf breitbeinig auf wie Ronaldo, und er schoss auch genauso scharf und flatterig.

Nach dem Ausgleich durch Ondrej Duda (61.) sorgte allerdings nicht der Starspieler für den ersten EM-Sieg, sondern ausgerechnet Hal Robson-Kanu. Was für ein Gegensatz: Ein Spieler auf Vereinssuche, zuletzt beim zweitklassigen FC Reading unter Vertrag, wurde der Held des Abends.

Unterklassige Waliser

Robson-Kanu steht für die außergewöhnliche Zusammenstellung des walisischen Teams, in dem neben Bale und zwölf Premier-League-Profis auch mehrere unterklassige Kicker spielen. "Das war nicht der beste Abschluss, aber nichtsdestotrotz war es ein Abschluss", kommentierte der vertragslose Robson-Kanu seinen fast verstolperten Torschuss.

"Der Treffer kam zum richtigen Zeitpunkt. Es war klasse, wie er das gemacht hat", lobte Bale, der sich nach dem Treffer mit der halben Mannschaft auf den Torschützen geworfen hatte.

Die Waliser genossen einen "denkwürdigen Moment", wie Bale das gelungene Debüt bei der EM nannte. "Ein historischer Augenblick für unser Land", schwärmte der 26-Jährige, der sich in Bordeaux wieder als echter Teamplayer präsentierte. Auch sein Trainer betont das bei jeder sich bietenden Gelegenheit: "Es geht nicht um Bale, es geht um Wales, und er versteht das", lobte Chris Coleman nach dem Sieg.

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