Vettel vs. Hamilton: Zwei Alphatiere, ein Jagdrevier

Vettel (li.) gegen Hamilton - zwei Rivalen im Fokus.
Das Duell von Lewis Hamilton und Sebastian Vettel geht in Spielberg in die nächste Runde.

Auf dem Weg zum ersten gemeinsamen Auftritt nach dem folgenschweren Zusammenprall in Aserbaidschan holte Lewis Hamilton und Sebastian Vettel die Vergangenheit ein. Der Fußmarsch vom Fahrerlager zum Pressekonferenzraum auf dem Red-Bull-Ring in Spielberg führt in einen Tunnel unterhalb der Rennstrecke, vorbei an einer Fotogalerie mit den größten Formel-1-Piloten der jeweiligen Zeit – angefangen von Jack Brabham über Niki Lauda und Ayrton Senna bis zu Michael Schumacher.

Schon bald könnte dort ein Porträt von Vettel oder Hamilton zu sehen sein. Für beide ist wohl kein Platz. Der Deutsche und der Engländer sind die prägenden Figuren der Neuzeit, von den jüngsten neun Weltmeisterschaften haben sie sieben gewonnen. Derzeit hat Vettel mit vier Titeln die Nase vorne. Wie lange noch? Erstmals fahren die beiden heuer im direkten Duell um die WM-Trophäe – und um den Status des Chefpiloten der Formel 1.

Lange Diskussionen

Das Jagdrevier der Königsklasse bietet nicht viel Raum für zwei Alphatiere. In die Quere gekommen sind sich die beiden vor weniger als zwei Wochen in Baku, wo der übermütige Vettel mit seinem Ferrari absichtlich den Mercedes des cleveren Hamilton gerammt hatte.

Seither wurde eifrig gestritten und diskutiert, jeder Fan und jeder Ex-Pilot hatte zu dem Vorfall seine Meinung. Nur die beiden Protagonisten schwiegen. Bis gestern. Vor versammelter Weltpresse wurde die Funkstille unterbrochen. Auf dem Podium musste zwischen Hamilton und Vettel der dänische Haas-Pilot Kevin Magnussen als menschlicher Blitzableiter Platz nehmen. An der aufgeladenen Atmosphäre änderte das allerdings nichts.

Während sich Hamilton unbeeindruckt gab, zeigte sich Vettel reumütig. "Ich bin nicht stolz darauf, kann es aber auch nicht mehr ändern", sagte der Deutsche, der sich beim Rennen in Spielberg keine Verfehlung mehr leisten darf, will er eine Woche später in Silverstone an den Start gehen.

Er habe die Situation im Auto anders wahrgenommen als danach beim Studium der Fernsehbilder. "Ich kann verstehen, dass Lewis verärgert ist. Der gegenseitige Respekt, den wir füreinander haben, wird uns in dieser Phase helfen." Für den Mercedes-Piloten war die Sache mit Vettels persönlicher Entschuldigung offiziell erledigt, er stehe aber weiterhin zu seinen Aussagen nach Rennende, wonach er in erster Linie die fatale Außenwirkung von Vettels Aktion anführte.

Kleine Spitzen

Doch Hamilton ist wettkampferprobt und ein Meister der kleinen, aber wirkungsvollen Spitzen gegen seine Gegner. "Offensichtlich steht er unter Druck, und es ist kein schlechtes Zeichen, dass er so reagiert", sagte der dreifache Weltmeister.

14 Punkte Vorsprung in der Fahrerwertung nahm Vettel mit nach Österreich, wo das große Rennen am Sonntag in die nächste Runde geht. "Es war nur eine Frage der Zeit, bis die Rivalität härter werden würde", sagt auch Mercedes-Motorsportchef Toto Wolff. Er ist sich sicher: "Sebastian wird selbst empfinden, dass dieser Tag nicht der glorreichste seiner Karriere war."

Der Wiener ist aber auch Businessmann. Er weiß, wie gut diese Rivalität für das Geschäft ist, von dem er als Miteigentümer des Mercedes-Rennstalls direkt profitiert. Seit Einführung der neuen Motorenformel vor der Saison 2014 gewannen seine Mercedes-Piloten von 67 Rennen 55. "Jetzt haben wir mit Vettel und Ferrari einen Gegner auf Augenhöhe", sagt Wolff. In den vergangenen drei Jahren rieben sich Hamilton und Rosberg im teaminternen Duell auf, die derzeitige Situation sei einfacher handzuhaben. "Im internen Fight haben wir immer kalmieren müssen. Das jetzige Duell ist für den Sport eine super Geschichte."

Große Tradition

Mercedes soll eine legendäre Marke der Königsklasse werden – wie Ferrari eine ist. In Maranello ist man seit jeher der festen Überzeugung, dass sich die Formel 1 nicht bloß im Kreis dreht, sondern auch um die stolze Scuderia.

Das Duell VettelHamilton beschleunigt die Formel 1. Die beiden kommen sich derzeit sogar auf der Kinoleinwand in die Quere. In der Originalversion des Animationsfilms "Cars 3" kommt Lewis Hamilton als Bordcomputer zu Wort. In der italienisch- und in der deutschsprachigen Version (Kinostart in Österreich am 28. 9.) ist an der selben Stelle Sebastian Vettel zu hören.

Es ist angerichtet für die Formel-1-Party: Blauer Himmel über Spielberg, Motorhomes im Paddock, Hunderte Wohnmobile verstreut über die pittoresken Wiesen rund um den Red-Bull-Ring. Mehr als 150.000 Zuschauer werden am Rennwochenende erwartet. Weniger als beim Comeback der Formel 1 2014, aber doch deutlich mehr als im Vorjahr, als nur 85.000 Fans in die Obersteiermark kamen – dafür war das MotoGP-Debüt im August ausverkauft.

Großzügiger Besitzer

Vettel vs. Hamilton: Zwei Alphatiere, ein Jagdrevier
Porsche 917K, 1971
Auf kaum einer anderen Rennstrecke wird den Fans ein derart umfangreiches Rahmenprogramm geboten. "Liberty, der neue Eigentümer der Formel 1, ist viel großzügiger, was unsere Ideen betrifft", sagt Helmut Marko, der Motorsportberater von Red Bull. Der 74-jährige Grazer wird sich auch heuer wieder bei der Legenden-Parade hinters Steuer setzen. Diesmal stehen die Le-Mans-Autos im Mittelpunkt. "Jeder wird die Autos nicht nur anschauen, sondern auch angreifen können", sagt Marko, der Le-Mans-Sieger von 1971, der einen Porsche 917K lenken wird. "Allerdings nicht meinen, mit dem ich gewonnen habe. Der ist zu heilig und zu wertvoll."

Am und um die Rennstrecke sind 60 Sanitäter und Ärzte im Einsatz, dazu 120 Feuerwehrleute und 100 Polizisten. Bezirkspolizeikommandant Günther Perger sagt: "Die Polizei wird sichtbar präsent sein."

Events abseits des Sports:

Freitag:
11.40: Motorbike-Stunt-Show

Die Konzerte:
17.30: Lemo
18:35: Opus
20.00: EAV
21.45: Seiler & Speer

Samstag:
8.00: Styrian Green Carpet – Empfang der Teamchefs und Piloten vor dem Paddock
10.10, 13.10 und 16.45: Motorbike-Show
Ab 17.15: Autogrammstunden
18.05: Legends Parade mit u.a. Helmut Marko (Porsche 917K, 1970), Gerhard Berger (BMW V12LMR, 1999) und Mark Webber (Porsche 919 Hybrid, 2017)

Die Konzerte:
19.00: Roosevelt
20.20: Madcon
21.45: Passenger

Sonntag:
8.00 bis 10.00: Styrian Green Carpet
12.45: Legends Parade
13.05: Flying-Bulls-Show
13.46: Nationalhymne, gesungen von den Wiener Sängerknaben

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