Nico Rosberg: Rücktritt auf dem Höhepunkt

Rosberg will sich auf Frau Vivian und Tochter Alaϊa konzentrieren.
Der frisch gekrönte Weltmeister verkündete bei der Preisverleihung in Wien seinen Rücktritt.

Nico Rosberg schockt die Motorsport-Welt: Weniger als eine Woche nach seinem ersten WM-Titelgewinn tritt der 31-jährige Deutsche mit sofortiger Wirkung vom aktiven Rennsport zurück. Das gab Rosberg anlässlich der FIA-Preisgala in Wien am Freitag bekannt.

"Ich habe den Entschluss in Suzuka getroffen. Wenn ich den Titel gewinne, werde ich nach der Saison aufhören", ließ der Weltmeister wissen. "Ich freue mich darauf, wieder Ehemann zu sein. Ich freue mich darauf, mich in der Nacht um meine Tochter kümmern zu dürfen." Ehefrau Vivian hatte am 30. August 2015 die erste gemeinsame Tochter Alaϊa zur Welt gebracht.

Die ersten, die von dem Entschluss erfahren hätten, seien seine Ehefrau, sein Management und sein Teamchef Toto Wolff gewesen. Aber auch seinen Rivalen Lewis Hamilton informierte Rosberg vorab. "Ich musste es ein bisschen schnell machen, also habe ich ihm eine Nachricht geschickt." Auf die Frage nach einem möglichen Comeback hatte Rosberg eine klare Antwort. "Sicher nicht. Erledigt. Fertig - Ende der Geschichte."

"Besser als heuer hätte es nicht laufen können"

Die letzten Jahre im Duell mit Lewis Hamilton hätten ihm alles abverlangt. "Ich habe alles investiert, Lewis ist ein fantastischer Fahrer. Ihn zu schlagen, ist extrem hart. Gerade das letzte Rennen war extrem eng. Es war ein Horror, dieses Rennen [in Abu Dhabi, Anm. d. Red.] zu fahren. Der Titel war schon so knapp, und es war alles so eng. Mit dem kleinsten Fehler hätte ich die WM verloren."

Nico Rosberg: Rücktritt auf dem Höhepunkt
ABD0161_20160703 - SPIELBERG - ÖSTERREICH: Nico Rosberg (GER/ Mercedes AMG Petronas) am Sonntag, 03. Juli 2016, während des Formel 1-GP von Österreich am Red Bull Ring in Spielberg. - FOTO: APA/GEORG HOCHMUTH
Über 2016 zog der Weltmeister eine positive Bilanz. "Besser als heuer hätte es nicht laufen können. Ich habe seit Austin sehr eng mit einem Mentaltrainer zusammen gearbeitet, um noch besser zu werden. Aber Mentaltraining ist schwer, das findet ständig statt."

Der letzte Formel-1-Weltmeister, der unmittelbar nach dem Titelgewinn zurücktrat, war Alain Prost. Der Franzose verabschiedete sich 1993 nach seinem vierten WM-Titel in den Ruhestand. Im Jahr davor hatte Nigel Mansell, der nach 13 Jahren in der Formel 1 seinen ersten Titel gewonnen hatte, ebenfalls seinen Rücktritt erklärt, war aber 1994 mit mäßigem Erfolg in die WM zurückgekehrt.

Schwierige Suche nach dem Nachfolger

Wer Rosbergs Nachfolge beim Weltmeisterteam antritt, ist noch offen. Als wahrscheinlichster Kandidat gilt Manor-Pilot Pascal Wehrlein, der noch keinen fixen Vertrag für die kommende Saison hat. Wehrlein ist seit Jahren Entwicklungsfahrer bei Mercedes, hat zahlreiche Testfahrten für den Weltmeister-Rennstall absolviert und eine überzeugende Debüt-Saison bei Manor hinter sich.

In der Vergangenheit waren jedoch auch Fernando Alonso und Sebastian Vettel immer wieder mit Mercedes in Verbindung gebracht worden. Auch Williams-Fahrer Valtteri Bottas, der von Mercedes-Teamchef Wolff gemanagt wird, hat Chancen auf das Cockpit - er müsste jedoch wie Alonso oder Vettel aus einem gültigen Vertrag herausgekauft werden.

Nico Rosberg gab sein Formel-1-Debüt 2006 für Williams. Zur Saison 2010 wechselte er in das neu gegründete Mercedes-Werksteam, wo er zunächst Teamkollege von Michael Schumacher wurde. Drei Podiumsplätze 2010 waren die etwas magere Ausbeute für das mit WM-Ambitionen gestartete Werksteam. Die Trendwende schien 2012 zu folgen. In China feierte Rosberg seinen ersten Grand-Prix-Sieg, Mercedes hatte sich als ernsthafter Konkurrent etabliert, auch wenn gegen die übermächtigen Red Bull noch kein Kraut gewachsen war.

Als 2014 mit umfassenden Regeländerungen ein neues Zeitalter in der Formel 1 begann, war Rosberg endlich da, wo er hingehörte - an der Spitze. Wäre da nicht Lewis Hamilton gewesen. 2014 und 2015 holte Rosberg insgesamt elf Siege - aber Hamilton war ihm deutlich voraus, immer einen Tick schneller als sein Teamkollege. Zwei Mal musste sich Rosberg in der Weltmeisterschaft hinter dem Briten anstellen.

2016 hat er den Spieß umgedreht. Der starke Auftakt in die Saison hat sicher eine Rolle gespielt, ebenso die Probleme seines Rivalen. Aber der große Unterschied war Rosberg selbst. Erstmals zeigte er die Aggressivität, die Kaltschnäuzigkeit, die Hamilton zum dreifachen Weltmeister machte. Erstmals lohnte sich die harte Arbeit im Duell mit dem Naturtalent, dem Wunderkind Hamilton.

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