Hamilton: Verschwörung gegen den Weltmeister

Ein Stoßgebet im Frustmoment - Sekunden zuvor platzte der Motor.
Nicht zum ersten Mal in diesem Jahr deutete Hamilton an, etwas laufe nicht mit rechten Dingen.

Es hätte ein perfekter Sonntag für Lewis Hamilton werden können. Er nahm den Grand Prix von Malaysia von der Pole-Position aus in Angriff. Sein schärfster WM-Konkurrent Nico Rosberg wurde schon in der ersten Kurve von Sebastian Vettel aus dem Kampf um den Rennsieg gedreht. Die Red Bull hinter Hamilton waren schnell, aber nicht schnell genug. Und mit dem Sieg hätte Hamilton die WM-Führung wieder übernommen.

Hätte. Denn 15 Runden vor Schluss schlug das Pech, das dem Weltmeister seit dem Saisonbeginn an den Hinterreifen klebt, einmal mehr zu. Ohne jede Vorwarnung ging der Mercedes-Motor im Heck des W07 in Flammen auf, und mit ihm die Sieghoffnung des Briten - und möglicherweise sogar der WM-Titel. Kein Wunder, dass Hamilton - nicht zum ersten Mal in dieser Saison - andeutete, dass möglicherweise etwas nicht mit rechten Dingen zuging.

"Jemand will nicht, dass ich in dieser Saison gewinne", sagte Hamilton unmittelbar nach seinem Ausfall zur britischen BBC. "Meine Frage geht an Mercedes: Wir haben so viele Motoren und nur meine gehen kaputt. Ich brauche Antworten - das ist inakzeptabel."

Schon im Mai waren Gerüchte aufgekommen, Hamilton und sein Teamkollege Rosberg würden im Titelduell ungleich behandelt. Grund dafür waren diverse technische Probleme, die den Briten am Saisonbeginn immer wieder zurückwarfen, während Rosberg die ersten vier Rennen gewinnen konnte. Zu diesem Zeitpunkt hatte Rosbergs Vorsprung auf Hamilton schon 43 Punkte betragen.

Ein Rückschlag nach dem Anderen

Durch Hamiltons starkes Comeback, dass ihm zur Saisonmitte sogar die WM-Führung einbrachte, verstummten die Gerüchte rasch. Aber kaum, dass Rosberg im Titelkampf wieder die Oberhand gewinnt, flammen auch die Spekulationen um eine Manipulation seitens Mercedes auf. Da hilft es auch nicht, dass Hamilton rasch zurückruderte: In einer Pressekonferenz kurz nach dem Rennen bekräftigte er sein Vertrauen in das Team. "Mercedes hat 43 Motoren gebaut - mit den drei Extra-Motoren, die ich hatte - und ich scheine die meisten, wenn nicht alle Defekte zu erleiden. Das ist ein harter Schlag, aber ich habe 100 Prozent Vertrauen in diese Jungs."

Hamilton: Verschwörung gegen den Weltmeister
Mercedes AMG Petronas F1 Team's British driver Lewis Hamilton reacts as his car is engulfed in flames from the rear during the Formula One Malaysian Grand Prix in Sepang on October 2, 2016. Daniel Ricciardo triumphed at the Malaysian Grand Prix, but his win was overshadowed by Lewis Hamilton's claim that he was the victim of a conspiracy aimed at halting his march to a fourth world title. Hamilton was leading with 15 laps to go when the engine on his Mercedes spectacularly exploded at the Sepang International Circuit. / AFP PHOTO / C.L. DONALD LIM
Seinen Fans scheint dieses Vertrauen zu fehlen. In den sozialen Netzwerken wird Mercedes unterstellt, Rosberg zu bevorzugen - der Tenor: Nach zwei WM-Titeln mit Superstar Hamilton wolle man nun mit einem deutschen Fahrer in einem deutschen Auto den WM-Titel holen - das wäre ein Novum in der Formel 1. Die bisherigen deutschen Weltmeister Michael Schumacher und Sebastian Vettel hatten ihre WM-Titel mit Benetton (Großbritannien, Schumacher 1994 und 1995), Ferrari (Italien, Schumacher 2000 - 2004) und Red Bull (Österreich, Vettel 2010 - 2013) geholt.

Bei Mercedes beteuert man freilich, dass es keine Manipulationen gibt. Aufsichtsratschef Niki Lauda tobte: "Ich bin wirklich wütend. Auf mich und meine Organisation, denn wir hätten ihn nicht im Stich lassen dürfen." Technikchef Paddy Lowe fand nicht weniger klare Worte: "Das ist wirklich ein verdammter Mist."

"Wollen beiden gleiche Bedingungen bieten"

Rational betrachtet macht es für Mercedes ohnehin wenig Sinn, Hamilton zu manipulieren - vor allem in einem Rennen wie Malaysia. Schließlich ist der malayische Ölkonzern Petronas Titelsponsor des Mercedes-Teams. Darüber hinaus lag unmittelbar hinter Hamilton nicht etwa sein WM-Gegner Rosberg, sondern das Red-Bull-Duo Daniel Ricciardo und Max Verstappen. Kein Team würde freiwillig einen Doppelsieg an die Konkurrenz verschenken, nur um dem eigenen Günstling ein paar Punkte Vorsprung im WM-Duell zu ermöglichen.

Die Spekulationen um eine Bevorzugung im Mercedes-Team entbehrt - bis auf die offensichtliche Frustration Hamiltons - jeglicher Grundlage. "Ich bin mir sicher, dass Lewis versteht, dass keiner etwas manipuliert hat", betont auch Teamchef Toto Wolff. "Wir wollen beiden Fahrern natürlich gleiche Bedingungen im WM-Kampf bieten."

Ein schwacher Trost für Hamilton: Als Rosberg zuletzt mehr als 23 Punkte voran war - nach dem Rennen in Baku - brauchte der Brite nur drei Grand Prix, um den Vorsprung zu egalisieren. Bei noch fünf verbleibenden Rennen in der Saison 2016 ist also nach wie vor alles offen - auch wenn das Pendel Stück für Stück in Richtung Rosberg auszuschlagen scheint.

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