Dürr: "Zum richtig Geldverdienen muss man weiter vorne sein"

Johannes Dürr
Johannes Dürr litt als Jungvater unter Existenzängsten. Max Hauke verdiente in seiner Karriere nur 1200 Euro Preisgeld.

In Seefeld zeigt sich dieser Tage gerade die ganze Scheinheiligkeit des Spitzensports. Während Max Hauke und Dominik Baldauf für ihr Verhalten verteufelt und in aller Öffentlichkeit als „Trottel“ beschimpft werden, jubeln zeitgleich tausende Fans Therese Johaug oder Martin Sundby zu. Zwei Langlaufweltmeistern aus Norwegen, die beide Dopingvergangenheit haben, in ihrer langlaufverrückten Heimat aber nach wie vor Heldenstatus und großes Ansehen genießen.

Wer sich in Österreich dazu entscheidet, Langläufer zu werden, der weiß von Beginn an, dass er niemals Berühmtheit oder gar Reichtum erlangen wird können. Dafür hat dieser Sport in Österreich schlicht zu wenig Bedeutung, und dafür fehlt auch die Unterstützung von Sponsoren, zumal innerhalb des Skiverbandes die Prioritäten seit jeher auf anderen Disziplinen liegen. Nicht von ungefähr betont ÖSV-Präsident Schröcksnadel bei jeder Gelegenheit, dass er ein „Alpiner“ sei. „Wir sind keine Langlaufnation und werden auch nie eine sein“, pflegt ÖSV-Direktor Markus Gandler seit Jahren zu sagen.

Wenig Ertrag

Ob das ein Mitgrund ist, warum so viele österreichische Langläufer der Doping-Verlockung erlegen sind?

Als der KURIER kurz vor der WM Max Hauke in Seefeld zum Interview traf, erzählte der Steirer auch von den Anstrengungen und Entbehrungen, die ein Langläufer in Kauf nehmen muss. Für den Aufwand fällt der Ertrag meist mickrig aus. „Ich habe in meiner ganzen Karriere bisher 1200 Euro Preisgeld verdient“, berichtete Hauke.

Das entschuldigt jetzt kein Dopingvergehen, aber es erklärt, weshalb einige Athleten schwach werden können bei der Aussicht auf ein wenig Aufmerksamkeit, wie sie die Langläufer nun bei der Heim-WM in Seefeld erfahren. Viele der ÖSV-Langläufer tun sich schwer, Kopfsponsoren zu finden, nicht viel einfacher ist es, die begehrten Plätze bei der Polizei, dem Zoll oder dem Bundesheer zu ergattern. „Meine soziale Absicherung ist die Polizei“, erzählte Max Hauke.

Dürr: "Zum richtig Geldverdienen muss man weiter vorne sein"

Existenzängste

Ein Langläufer, sagt Johannes Dürr gegenüber dem KURIER, stehe nicht bloß unter enormen Leistungsdruck, es gehe oft schlicht um die Existenz. „Ich habe damals gewusst: Zum richtig Geld verdienen muss man weiter vorne sein“, sagt der Niederösterreicher, der 2014 bei den Olympischen Spielen in Sotschi des Dopings überführt wurde.

Nicht zuletzt ließ sich Johannes Dürr damals auch auf die unerlaubten Praktiken ein, weil er als junger Familienvater eine riesige Verantwortung gegenüber Frau und Kind verspürt hatte. „Ich habe mir gedacht: ,Du bist jetzt Vater, bist Ehemann, du musst für deine Familie sorgen.’ Dazu war ich aber nicht wirklich in der Lage.“ Auf der einen Seite habe er Freiräume eingefordert, damit er seinem Sport nachkommen könne. Auf der anderen Seite brachte er kein Geld heim. „Und dann muss ich daheim sagen: ,Das können wir uns jetzt nicht leisten. Das können wir nicht kaufen.’ Es war alles so groß, das hat mich überfordert. Ich habe mir gedacht: ,Das ist jetzt die Chance, greif zu.’ Und ich bin schwach geworden.“

Dürr-Freund Martin Prinz über die Dopingaffäre

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