Lukas Weißhaidinger: Schock würde ich nicht sagen. Ich habe mir eine Verbesserung schon erwartet, aber eher von Daniel Stahl. Dass das der junge Alekna wirft, war schon überraschend. Denn wenn man sich die Dominatoren der letzten Jahre anschaut, das waren alles riesen Henker, 2,10 Meter groß und 160 Kilo schwer. Da hat man einen Türstock rausreißen müssen, dass sie durchpassen. Dass ein deutlich leichterer und kleinerer Athlet Weltrekord wirft, hat mir gezeigt, dass ich mich nicht nach den ganz Großen richten muss. Es geht anders. Ich bin froh, dass wir im Herbst einen neuen Weg eingeschlagen haben.
Welchen neuen Weg?
Ich arbeite jetzt mehr über die Hüfte und über die Geschwindigkeit. Ich habe dafür auch fünf Kilogramm abgenommen, weil ich nicht mehr gar so viel Masse brauche. Ich liege jetzt bei 145 Kilogramm.
Wie schaut der Speiseplan eines Diskuswerfers aus?
Ich esse das, was es bedarf. Wenn ich 130 Kilo haben muss, esse ich weniger, wenn ich 180 brauche, würde ich auch das schaffen. Meine Kalorienzufuhr ist rein der Technik geschuldet. Ich habe jetzt etwas abgenommen, um spritziger und schneller zu sein im Kreis und um die Technik besser umzusetzen. Ich habe fünf Kilo passive Trägheit verloren, die ich durch aktive Handlungen wieder wettmachen muss. Aber ich muss beim Essen immer noch ordentlich schaufeln. Prinzipiell esse ich aber schon ausgewogen, wo man dann nicht mit Nahrungsergänzungsmitteln mithelfen muss.
Wird jeder Trainingswurf analysiert?
Ja, jeder Wurf wird aufgezeichnet und analysiert. Manche werden ganz genau angeschaut in Bezug auf Biomechanik, andere wieder analysiert man nur ganz kurz am iPad, auf dem wir ein eigenes Programm haben.
Bekommen Sie Unterstützung von extern? Etwa von Universitäten?
Nein, in Österreich haben wir bezüglich Biomechanik keine Tradition. Da sind uns andere Länder sehr weit voraus und wir hinken extrem hinterher. In Österreich haben wir nicht das Wissen, das es braucht, um etwa einen Olympiasieger im Weitsprung zu machen. Keine Institution hier weiß, welche Zubringerleistungen es dafür braucht.
Kann man als Diskuswerfer auch am Material feilen?
Wir arbeiten viel am Material. Wir schauen uns auch genau die Wurfkreise an, wie sie beschaffen sind. In letzter Zeit waren sie oft sehr glatt, hier, beim Training in der Südstadt, ist er griffig. Wir werden jetzt einen zweiten, sehr glatten, Kreis machen, um ein Gespür dafür zu finden. Darauf kann ich dann auch den Schuh abstimmen.
Wie schaut es mit dem Diskus selbst aus?
Wir wissen genau, was man machen könnte. Man könnte zum Beispiel eine Feder einbauen, die man vorspannt und die sich durch einen Impuls löst. Man könnte mit Flüssigkeiten arbeiten. Aber das ist natürlich verboten. Der Diskus darf keine beweglichen Teile, Mechaniken oder Flüssigkeiten enthalten. Es ist im Prinzip nur ein Ring mit zwei Platten, die mit zwei Schrauben und einer Hülse zusammengeschraubt sind. Maße, Rundungen und Höhe sind genau vorgegeben.
Das heißt, alle Disken sind gleich?
Im Prinzip schon. Aber ich könnte bei Wetten, dass ...? auftreten und mit verbundenen Augen meinen Diskus aus den 25 Disken herausfinden, die bei einem Bewerb aufgelegt sind.
Wie funktioniert das?
Schwer zu erklären. Ich spüre das einfach. Ich fühle, wie es sich anfühlt. Die Haptik vom Ring, von den Platten, die seitlich oben sind. Oben hat man eine Schraube ... Obwohl alle Disken technisch gleich sind, würde ich meinen erkennen.
Bei der EM in Rom sind Qualifikation und Finale erstmals an einem Tag. Kann man das auch üben?
Natürlich haben wir das schon trainiert, indem man am Vormittag und am Nachmittag wirft. Aber simulieren kann man das nicht. Das ist ähnlich wie in Tokio. Da haben wir davor noch in Österreich zwei Mal in der Nacht um 3 oder um 4 in der Früh geworfen. So habe ich mich auf die andere Zeitzone eingestellt.
In Tokio haben Sie als erster männlicher Leichtathlet eine Medaille für Österreich geholt. Wird man nach dem Erreichen eines Lebenstraumes nicht satt?
Im Gegenteil, ich bin noch hungriger. Dieses Gefühl, wenn man im Stadion ist und eine Medaille gemacht hat, ist ein ganz Besonderes. Das will man unbedingt noch einmal erleben.
Sie sind 32 Jahre alt. Was wird nach Olympia in Paris sein? Werden Sie ihre Karriere beenden?
Nein. Wir werden auf alle Fälle Los Angeles 2028 auch noch ins Visier nehmen. Es gibt allerdings ein Szenario, bei dem ich nach Paris aufhören würde ...
... und das wäre?
Olympia-Gold mit Weltrekord.
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