Der Rivale aus dem eigenen Team

Marcel Hirscher of Austria competes during the national team event at the World Alpine Skiing Championships in Schladming February 12, 2013. REUTERS/Leonhard Foeger (AUSTRIA - Tags: SPORT SKIING)
Marcel Hirscher stapelt tief und setzt auf Philipp Schörghofer.

Sein Abschlusstraining war auf der Reiteralm angekündigt worden. Kamerateams suchten ihn dort vergeblich: In Wahrheit übte Marcel Hirscher in Haus. Das Täuschungsmanöver gelang. Doch kann der Salzburger heute auch seine Rivalen im Riesenslalom-Rennen austricksen? Gestern hat er mit einigen Mitfavoriten, mit US-Favorit Ted Ligety und den Deutschen, auf demselben Hang gemeinsam trainiert. Und danach alles andere als zuversichtlich gewirkt.

Im Gegensatz zum Slalom hat Hirscher im Riesenslalom sechs Wochen nach seinem letzten Weltcup-Riesenslalom-Start Aufholbedarf.

Und im Gegensatz zu den Riesentorlaufspezialisten, die sich wie die Italiener Davide Simoncelli, Massimiliano Blardone oder die Österreicher Philipp Schörghofer und Marcel Mathis an keinem anderen Bewerb beteiligen, hat Hirscher im letzten Moment noch nach der optimalen Materialabstimmung gesucht.

Gefragter Mann.

Der Stress erlaubte Hirscher davor kaum Experimente. Medientermine vor und nach Kitzbühel, Parallelrennen in Moskau, PR-Auftritte für Raiffeisen, Start plus Gold im Teambewerb, Dopingkontrolle, Siegerehrung plus neuerliche Mikrofon-Slaloms, plus neuerlicher öffentlicher Small Talk auf der Raiffeisen-Bühne mit Hermann Maier. Letzterer steht übrigens auch mündlich zur Systemkritik, mit der er als online-Blogger (zu finden unter ski-wm.raiffeisen.at) den ÖSV konfrontiert, überrascht und irritiert hat.

Hirscher will sich so knapp vor dem WM-Finale nicht zu markigen Statements hinreißen lassen. Er bevorzugt lieber die Rolle des „coolsten Österreichers“, die ihm Raiffeisen-Marketingleiter Leo Pruschak basierend auf Meinungsumfragen attestiert. Im Riesenslalom aber hält sich Hirscher heute nicht für eine Einser-Bank.

Der Rivale aus dem eigenen Team
Schörghofer sei ihm im Training um die Ohren gefahren, verkündete Hirscher, was die Reporter allerdings nicht recht glauben wollten bei der ÖSV-Pressekonferenz im „Pichlmayrgut“, wo ein Riesenauflauf vor dem Riesentorlauf herrschte.

Vorne, auf dem Podium sitzend, sprach Hirscher zu der um ihn herum drängenden Reporter-Meute. Ihr Rest teilte sich auf die drei anderen, im Hintergrund stehenden Riesenslalom-Fahrer auf. Einer von ihnen war Benjamin Raich.

Vor nicht allzu langer Zeit war es umgekehrt gewesen. Da wurde Raich von der Mehrheit der Reporter umlagert, da mussten für ihn eigene PR-Termine vereinbart werden, da waren die Teamkollegen die „Ergänzungsspieler“.

Der Doppel-Olympiasieger reagiert mit bemerkenswerter Gelassenheit auf die für ihn neue Situation. Ja es hatte den Anschein, als würde es ihm nur recht sein, wenn alle auf seinen Atomic-Markenkollegen Hirscher fokussiert sind und er aus dem Windschatten angreifen kann. Was freilich schwer genug sein wird.

Im Gegensatz zum bald 35-Jährigen haben seine Mitstreiter vom ÖSV-Riesentorlauf-Quartett Hirscher, Schörghofer und Marcel Mathis dank des Teambewerbs schon ihre Schladming-Goldene, wobei sie der junge Mathis bekam, ohne ein einziges Mal gestartet zu sein.

Kommentare