Very British: Das kostet ein Tag in Wimbledon
Was kann sich Wien von Wimbledon abschauen? Das ist jetzt keine rhetorische Frage. Mit Rufus etwa hätten die Wiener ihre wahre Freude. Rufus ist eine Institution und Tag für Tag einer der ersten auf der altehrwürdigen Tennisanlage im Südwesten der britischen Hauptstadt.
Noch im Morgengrauen verrichtet Rufus seine Arbeit, die essenziell ist für die Zigtausenden Zuseher, die das prestigeträchtigste Tennisturnier der Welt anzieht. Rufus ist ein Falke und vertreibt die Tauben, die es sich über Nacht auf dem frisch geschnittenen Rasen und den akkurat gestrichenen Tribünen gemütlich gemacht haben.
Wer die Briten und ihr Verständnis für Traditionen kennt, den verwundert es kaum, dass Rufus mittlerweile selbst zur Attraktion geworden ist und zum Inventar dieser Veranstaltung gehört. Wenn der Falke in der Morgendämmerung seine Kreise über die Anlage zieht, hat sich vor den Toren längst eine Menschenschlange gebildet.
Die wenigen frei verfügbaren Eintrittskarten pro Tag sind heiß begehrt. Die glücklichen Besitzer müssen dann noch bis 10 Uhr ausharren, bis die schweren eisernen Tore den Weg in das parkähnliche Areal freigeben. Seit mehr als 100 Jahren ist das Procedere gleich.
Überhaupt scheint im All England Lawn Tennis and Croquet Club die Zeit stehen geblieben zu sein. Dunkles Holz, Backsteine und saftiges Grünzeug prägen das Erscheinungsbild.
Bei all der Internationalität, die den Tennissport seit Jahrzehnten ausmacht, ist dieses Grand-Slam-Turnier eine sehr britische Angelegenheit geblieben. Immer wieder hört man aus den Menschenmengen ein „Oh, hello, Darling“, am Aussehen ist die gehobene englische Mittelschicht ohnehin nicht zu übersehen. Als Uniform gilt: Frauen mit Hüten, gestreiften oder blumigen Sommerkleidern und hohen Schuhen; Männer im zartrosa Hemd oder Poloshirt (wahlweise mit Polospieler- oder Krokodil-Logo), Chinohose und einer alles andere als noblen Blässe.
So lässt sich ganz wunderbar ein Tag in Wimbledon verbringen. Ob man fixe Sitzplatzkarten für die großen Arenen hat, ist dabei nebensächlich. Die Fans zelebrieren dieses Sportspektakel auch außerhalb der Stadien. Ausgestattet mit einer Flasche Sauvignon Blanc oder Rosé (Stückpreis je 28 Euro), einer Schale Erdbeeren (heuer erstmals auch mit veganem Schlagobers) und einer Picknick-Decke wandert die Mehrheit zu der kleinen, aber legendären Anhöhe nahe des Court Nr. 1 und starrt auf eine Videowand.
Volksnahe Herzogin
Weltweit bekannt geworden ist dieser Hügel auch durch seinen Namen. In Anlehnung an das gerade größte britische Tennisidol heißt er derzeit Murray Mountain, davor sorgte er lange Jahre als Henman Hill für Schlagzeilen. In Österreich hat bisher noch niemand einen Muster Mugl ins Gespräch gebracht.
Am Murray Mountain herrschte Dienstagvormittag gleich Aufregung, noch lange bevor am Centre Court der erste Aufschlag serviert wurde. Herzogin Kate hielt in Wimbledon Hof – und wenn die Briten noch etwas mehr lieben als Wimbledon dann sind das die Royals.
Die 37-Jährige gab sich dabei ganz volksnah (so gut das eben geht bei vier Sicherheitskräften, die alles nur keinen Spaß kennen). So zog die Gattin von Prinz William den kleinen Außenplatz mit der Nummer 14 der komfortablen Ehrenloge vor und verfolgte den Auftaktsieg der Britin Harriet Dart.
Um die Sauberkeit ihres Kleids musste sie sich nicht sorgen. Rufus hat ja ganze Arbeit geleistet.
Das kostet ein Tag
Zutritt zu Anlage (ohne fixen Sitzplatz auf den Hauptcourts) 28 €
Parkgebühr 33,5 €
Großes Bier 6,6 €
Flasche Wasser 2 €
Specksemmel 4,5 €
Erdbeeren mit Schlag 3,4 €
Regenschirm 33,5 €
Regenponcho 11 €
Panama-Hut 100 €
Baseball-Kappe 27 €
Flasche Champagner 100 €
Fan-T-Shirt 36 €
Offizielles Programmheft 11 €
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