Achtung, Baustelle! Rapid in Not

Bei Rapid kam nach dem 1:2 in Salzburg die Ernüchterung.
Nach dem 1:2 in Salzburg: Diese sechs Probleme warten auf den neuen Rapid-Trainer Damir Canadi.

Gut möglich, dass im Rückblick auf die Bundesliga-Saison die 15. Runde als Knackpunkt auf dem Weg zur erfolgreichen Titelverteidigung von Salzburg gesehen wird: Mit einer beeindruckenden Vorstellung wurde Rapid beim 2:1 dominiert, dieser Powerfußball wie in der Ära Schmidt sollte in Österreich konkurrenzlos sein.

Noch liegen zwar Sturm und Altach je zwei Punkte vor dem Titelverteidiger. Doch bei den Grazern ist der Flow dahin, seit fünf Pflichtspielen gab es keinen Sieg. Und in Altach wird sich auf 36 Runden gerechnet der im Vergleich zu Salzburg bescheidene Kader auswirken. Ganz zu schweigen vom Verlust von Erfolgstrainer Damir Canadi und dessen wichtigsten Assistenten Martin Bernhard.

Und bei Rapid? "Sollte niemand vom Titel reden", wie Louis Schaub befand. Auch wenn Michael Krammer hofft, "solange es rechnerisch eine Möglichkeit gibt." Der Präsident hat mit seiner sommerlichen Festlegung auf das Ziel Meistertitel nur als Marketing-Experte recht gehabt. Aus sportlicher Sicht war es ein Eigentor, Rapid gibt laut Tabelle nur (sehr teures) Mittelmaß ab.

Schock für Canadi

Damir Canadi wirkte in Salzburg richtiggehend geschockt ob der Chancenlosigkeit seiner (zu optimistisch aufgestellten) Debüt-Elf. Sprachlos war der 46-Jährige aber nicht. Der neue Trainer hat in der ersten Arbeitswoche viele Eindrücke und Fakten gesammelt. Zusammen mit der Analyse des missglückten Debüts ergeben sich so viele Problemfelder, dass nur ein Schluss übrig bleibt: Hütteldorf gleicht einer Baustelle. Ein Überblick:

Fehlendes Tempo

Canadi lässt gerne flott spielen. Bereits seine Vorgänger Barisic und Büskens hatten darauf hingewiesen, dass dem Kader Dynamik fehlt. Vor allem am Flügel, wo nur (der verletzte) Schobesberger High Speed liefert. "Salzburg ist über uns drübergelaufen", erkannte Canadi. "Wir wollten das fehlende Tempo mit Technik ausgleichen. Das hat nicht funktioniert." Und führt zur nächsten Baustelle.

Langsame Abläufe

Das neue Trainerteam hat analysiert, dass die durchschnittliche Zeit am Ball unter Büskens angestiegen ist. Canadi drängt darauf, dass wieder schneller abgespielt wird. Doch dazu fehlen die alten Automatismen. Da bis zum 11. Dezember nur englische Wochen warten, bleibt kaum Zeit, neue Selbstverständlichkeit einzutrainieren.

Körperliche Defizite

"Ich hatte den Eindruck, dass einige auf dem letzten Zacken daherkommen", sagte Canadi nach Schlusspfiff. Tatsächlich wirkten die Salzburger nicht nur spritziger, sondern auch körperlich fitter. Aufbautraining kann es aber erst wieder 2017 geben.

Schwache Legionäre

Ö-Topf und neun Legionäre im Kader – das passt bekanntlich nicht zusammen. Noch mehr Sorgen bereitet Canadi aber das Gezeigte. "Vor allem mit der Leistung der Ausländer war ich nicht zufrieden. Sie müssen um 20 Prozent besser sein als die Österreicher", legt er fest und zielt mit seiner scharfen Kritik auf Joelinton und im Besonderen auf Mocinic. Der sensible Kroate hatte schon mit der "deutschen Härte" von Büskens und Jancker Probleme. Wie wird der Rekordeinkauf auf die Rute im eigenen Fenster reagieren?

Verletzungssorgen

Vier Stammspieler fehlten beim 1:2 verletzt. Thomas Murg ist nach einem Foul von Lainer der Nächste: Im Sprunggelenk sind gleich zwei Bänder eingerissen.

Zerstörte Hierarchie

Mario Sonnleitner war nach Steffen Hofmann, Schwab, Dibon, Max Hofmann und Schaub der sechste Kapitän in fünf Monaten. Montagabend wurde Sonnleitner für sein Gerangel in den Schlusssekunden für ein Spiel gesperrt. Damit wird gegen Sturm der siebente Kapitän auf das wackelige Rapid-Schiff geschickt werden?

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