Thomas Stipsits: Die „Love Machine“ im Krimifieber
KURIER: Du bist zum zweiten Mal für die KURIER-ROMY nominiert, was bedeutet das eigentlich für einen Künstler?
Thomas Stipsits: Bei dem, was ich mach, lebt man ja hauptsächlich vom Publikum und man ist zu einem gewissen Teil auch dem Publikum verpflichtet. Insofern freut mich diese Nominierung schon wahnsinnig, weil sie auch Ausdruck dessen ist, dass man vielleicht doch eine halbwegs gute Arbeit gemacht hat in der letzten Zeit. Und das freut einen natürlich schon besonders. Es ist zwar eine recht starke Konkurrenz, die ich hab, aber natürlich möchte ich die Romy heuer gewinnen.
Halbwegs gute Arbeit ist ja etwas tiefgestapelt. Du bist ja sehr erfolgreich, auch mit deinem Solo-Programm "Stinatzer Delikatessen", dass immer ausverkauft ist, unterwegs. Es scheint, du hast eine sehr gute Zeit momentan, oder?
Ja, also was mein Soloprogramm betrifft: Da hat uns alle der Erfolg ein bissel überrascht. Wir haben es mehr so als Übergangsprogramm gesehen und plötzlich hat man gemerkt, da ist eine große Publikumsnachfrage. Ich bin da immer sehr vorsichtig, aber irgendwann muss man den Schritt gehen und sagen, jetzt geht man einmal in die Tausender-Säle und dass das dann so funktioniert, hätte ich mir nie erträumt. Ich bin natürlich sehr dankbar über den Zustand. Mir ist aber auch bewusst, dass das ein Ist-Zustand ist und man darf nicht glauben, dass das jetzt immer so bleibt. Ich genieße das, so wie es jetzt ist. Ich war aber mit dem, wie es war, auch schon mehr als zufrieden.
Du warst ja auch viel mit dem Manuel Rubey auf der Bühne. Ihr macht gerade ein bisschen Pause. Ist da in der Zukunft wieder etwas Gemeinsames in Planung?
Ja, auf alle Fälle. Das ist wirklich nur eine vorübergehende, künstlerische Pause. Eben, weil wir gesagt haben, vielleicht ist es künstlerisch gut, damit jeder wieder seine Sachen machen kann, um bei einem neuen Programm wieder recht frisch und unverbraucht an die Sache heranzugehen. Wir waren die letzten sieben Jahre jetzt immer beieinander und man lernt sich dann wirklich in- und auswendig kennen auf so einer Tour. Die Gefahr, dass man sich dann verlässt auf das, was funktionieren könnte, ist dann größer. Man wird dann irgendwie bequemer. Deshalb ist die künstlerische Pause schon wichtig. Außerdem ist es ja für den Manuel ja auch toll, weil der grad ganz viel in Deutschland dreht. Und das war ja auch immer so ein erklärtes Ziel von ihm und die vielen Dreharbeiten lassen sich mit einem Live-Terminplan oft schwer vereinbaren.
Apropos Dreharbeiten: Dein neuer Film "Love Machine" hat bei den Kritikern zu Beginn ja nicht ganz so gepunktet, aber das Publikum liebt ihn. Was ist das Geheimnis des Erfolges bei so einem Film deiner Meinung nach?
Ich glaube, in erster Linie, dass man sich bei dem Film gut unterhalten kann. Mir war schon klar, dass das Feuilleton den Film jetzt nicht hochloben wird. Wenn ich einen Publikumsfilm mache, dann ist es ja wichtig, dass es dem Publikum gefällt und nicht dem Feuilleton. Die umgekehrte Variante ist schlimmer. Wenn es dem Feuilleton gefällt, aber es geht dann niemand rein, das ist schlechter. Ich hab mich schon ein bissel drüber geärgert bei ein paar Kritiken, weil ich mir denk, ihr dürft das nicht so bewerten, als wär das ein Michael-Haneke-Film. Es ist einfach eine leichtfüßige Popcorn-Komödie und als solche bitte zu bewerten, finde ich. Am Anfang meiner Karriere hat mich sowas natürlich komplett zerstört. Mittlerweile, ich bin ja jetzt schon länger im Geschäft, ärgere ich mich nur mehr kurz darüber und denke mir, wenn es den Leuten gefällt…
Wie war es für dich den Lover zu spielen?
Die Figur hat ja Züge, die ich privat von mir auch kenne. Das ist das Tollpatschige, das hab ich privat auch. Sie war in der ursprünglichen Version noch ein bissel anders gezeichnet, so ein bissel ein Macho und das hab ich unspannender gefunden. Wir haben uns dann mit der Produktion geeinigt, dass man sagt, ich find's spannender, wenn das auch so ein unsicherer Typ ist. Also wenn der auch bei dem, was er macht nicht so drübersteht. Ich möchte ja wirklich im Kino oder Fernsehen immer Menschen darstellen. Einige Szenen sind ja eh schon sehr absurd und überhöht. Deshalb find ich, sollte man so einen Charakter nicht ,verblödeln'. Wenn man Drehbücher liest, gibt es hin und wieder so Sätze – und ich weiß das, weil ich selber auch schon Drehbücher geschrieben habe – dass man manche Sätze so schreibt, dass sie Information beinhalten, aber du weißt ganz genau, kein Mensch würde so reden. Deshalb ist das immer eine ganz spannende Arbeit, wie man einen geschriebenen Satz so sprechen kann, dass er glaubwürdig erscheint. Ich hab die Weisheit selbst nicht gepachtet. Ich kann mich da auch nur auf mein Bauchgefühl verlassen und den jeweiligen Regisseur oder die jeweilige Regisseurin. Für mich selber ist es immer furchtbar, wenn es irgendwie nach Papier klingt. Also da bin ich mittlerweile auch viel selbstbewusster geworden, als in den Anfangsjahren beim Drehen, dass ich einfach sag: So wie das da steht, kann ich das nicht natürlich sagen. Das muss ich so oder so sagen. Das heißt nicht, dass es so besser wäre, aber das ist so das erste Bauchgefühl. Und mit dem Andreas Schmid ist es zum Glück super zum Arbeiten, weil wir bei ,Love Machine' auch viel geprobt haben. Und da waren viele Sachen, wo der Andreas auch zu den Darstellerinnen gesagt hat: Wie würdest du das denn sagen? Wenns inhaltlich gleich bleibt. Aber man nimmt ein Wort weg oder zwei und auf einmal hat die Szene einen ganz anderen Rhythmus. Es fühlt sich dann plötzlich richtig an. Das ist schon lustig.
Deine Frau Kathi Straßer hat ja auch eine kurze Rolle. Wie war es mit ihr zu drehen?
Ja, super. Ich hab ja mit der Kathi schon eine ganze Serie gedreht. Und mit der Kathi ist es natürlich immer toll zu drehen. Erstens hat es den Vorteil, dass man zuhause proben kann. Am Set ist sie dann nicht meine Frau, sondern eine gleichwertige Kollegin. Wie wir die Serie gedreht haben, war das ja ein straffer Drehplan, aber da gab’s keinen einzigen Streit oder irgendwas. Das war super professionell. Wo Zeit für blödeln ist - und mit der Kathi kann man ja super blödeln, aber dann doch wieder konzentriert arbeiten.
Eine Frage, die ja normalerweise immer nur Frauen gestellt wird. Karriere und Kinder. Du bist jetzt Papa von zwei Kindern. Wie bringst du das alles unter einen Hut?
Es ist natürlich nicht so leicht. Da muss ich jetzt wieder meine Frau loben. Die hat ein unfassbares organisatorisches Talent. Wir haben auch das Glück, dass wir Opas und Omas haben, die uns sehr unterstützen. Kathis Papa ist seit letztem Juni in Pension und wohnt im selben Haus wie wir. Wir haben auch jetzt für die ersten zwei Jahre von der Kleinen ein fixes Kindermädchen. Unser Beruf bietet ja so viele Freiheiten. Man kann sich Freiheiten schaffen und ist mit den Kindern sechs Wochen am Stück zusammen. Unser Beruf hat nur wenig Struktur. Natürlich muss man für die Kinder ein bissel eine Struktur reinbringen. Aber mit der Hilfe funktioniert das ganz gut. Ich hab heuer ganz vieles abgesagt. Und hab eigentlich April, Mai, Juni, Juli so gut wie nix zu tun, was ich sehr angenehm finde.
Was sind dann die nächsten gröberen Projekte, die du geplant hast?
Was ich mache, ist, dass ich wieder ein Buch schreibe. Auf das freue ich mich schon sehr. Das letzte war ja so ein Kurzgeschichtenband und jetzt schreibe ich zum ersten Mal einen Roman, einen Krimi, einen Stinatzer Krimi mit so einem Stinatzer Columbo als Kommissar. Und das andere, dass nicht ganz so große Projekt, dass noch immer so dahinköchelt, ist dieser Griechenland-Film,wo ich gemeinsam mit dem Georg Weissgram und dem Harald Sicheritz das Buch geschrieben habe. Zwei Jahre arbeiten wir da schon dran. Und das ist so ein Film, den ich schon ewig machen will, weil ich eine große Affinität zu Griechenland habe. Sowohl zu den Menschen, als auch zu den Inseln. Das würde ich einfach gerne erzählen, aber natürlich als Komödie. Es ist jetzt kein Feel-Bad-Movie. Ich finde es ja interessant, auch andere Dinge zu machen, aber ich komme ja vom Kabarett und der Komödie. Dieses Genre wird ja oft belächelt, aber ich finde, so leicht ist es gar nicht, wie alle glauben. Grad im Feuilleton wird es oft so behandelt, als wären das eh keine echten Filme quasi. Dabei wäre es grad jetzt so wichtig, wenn man merkt, wie auch auf Social Media das Klima immer rauer wird. Ich finde das gerade nicht so eine angenehme Entwicklung, dass wir alles immer so auf die Waagschale legen, jedes Wort. Auf Twitter zum Beispiel ist das total schwierig, wenn man einen kleineren Witz über etwas macht, dann kommen gleich tausend Gegenstimmen: „Ja, das geht nicht. Weißt du nicht…“ Ich hab einmal einen Witz über Nutella gemacht und bin da von Teilen der Twitter-Blase fast hingerichtet worden. „Palmöl und weißt du das nicht?“ Da hab ich mir gedacht: Kinder, das war ein Witz. Man muss ja nicht alles kommentieren und alles auseinander nehmen. Sonst werden wir es recht traurig haben in den nächsten Jahren.
Du hast auch keine Probleme deine politische Meinung oder Haltung kundzutun, oder?
Nein, überhaupt nicht. Was ich nicht mag, ist, jemandem sozusagen zu erklären, wie er zu leben hat. Das finde ich nicht gut. Ich kann ja nur sagen, das ist meine Ansicht von dem Ganzen und ich denke so und ich hab meine Argumente, warum ich das so sehe. Wenn ein anderer andere Argumente hat, dann ist das auch vollkommen ok. Ich finds halt nur manchmal wichtig, dass man ein bisschen über den Tellerrand blickt. In der Flüchtlingsthematik ist das ja mittlerweile ein sehr schwieriges Thema geworden, weil sofort diese Schwarz-Weiß-Malerei beginnt. Egal in welche Richtung. Der Lukas Resetarits hat das einmal ganz gut gesagt. Er hat gesagt: Die ganz Linken und die ganz Rechten haben einen Konsens und das ist die Humorlosigkeit. Und das stimmt natürlich. Mir war das auch damals wichtig, dass man die Menschen nicht verurteilt, die diese Hilfe wirklich in Anspruch nehmen wollen. Es kommt auch immer drauf an, wie weit beschäftigt man sich mit einem Thema. Es ist ja auch sehr leicht von außen über ein Thema zu reden und man hat unmittelbar vielleicht gar keine Erfahrung damit. Und was diese Flüchtlingssituation grad im 2015er Jahr angeht, da habe ich mich schon engagiert. Nur, was ich auch nicht brauche, ist, dass man das medial ausschlachtet. Ich finde immer, wenn man was Gutes tut oder einem Menschen hilft, braucht man sich überhaupt nicht schämen, ganz im Gegenteil. Ich muss es aber auch nicht jedem sagen, dass ich das gemacht habe. Wenn mir das ein Anliegen ist, dann mache ich das. Und es ist ja auch so, dass wir nicht nur mit dem Integrationshaus oder dem Verein ,Purple Sheep' zusammenarbeiten, sondern auch mit ganz kleinen Organisationen, wie der ,Griechischen Welle' in Wien. Das ist eine ganz tolle ehrenamtliche Organisation, die armen Menschen in Griechenland hilft. Da informiert man sich zuerst und wenn man sieht, das ist ein wichtiges Projekt, dann sammelt man, weil man weiß, da kommt das Geld auch zu 100 Prozent hin. Das bleibt nicht irgendwo in so einem Verwaltungsapparat hängen und das ist mir schon wichtig, so etwas zu machen. Wenn man in dieser glücklichen Lage ist, in der ich bin. Das kommt ja noch dazu. Ich bin ja eh wahnsinnig dankbar. Natürlich hat mir das nicht einfach wer geschenkt, aber es war auch viel Glück dabei.
Was würdest du dir für deine Kinder Emil (4) und Lieselotte (6 Monate) in der Zukunft wünschen? Auch im Hinblick auf die aktuelle politische Situation
Das ist eine sehr, sehr große Frage. Wünschen würde ich mir, dass sie ähnlich schön aufwachsen, wie mein Bruder und ich aufgewachsen sind. Das heißt, recht frei. Mit der Möglichkeit, eigene Erfahrungen zu machen. Meine Eltern haben mir auch die Möglichkeit gegeben, eigene Meinungen über Sachen zu bilden. Dinge zuerst ausprobieren, bevor man sie ablehnt. Man kann ja gegenüber allem ein Vorurteil haben. Nur, wenn ich es noch nie ausprobiert hab oder noch nie in Kontakt damit war, dann ist es schwer, darüber zu schimpfen. Und natürlich wünsche ich mir, dass sie die Kathi und mich irgendwann einmal – so wie es mit meinen Eltern ist – als wirkliche Freunde sehen. Das würde mich schon irrsinnig glücklich machen. Durch den Beruf, den wir haben, erleben wir natürlich auch tolle Dinge, das war in meiner Kindheit in der Dimension nicht. Aber das finde ich toll, dass sie das erleben. Dass wir die Möglichkeit haben, mit ihnen gemeinsam auf Urlaub zu fahren. Das ist schon ein großer Luxus.
Und was würdest du sagen, wenn sie später auch mal einen künstlerischen Beruf ergreifen?
Wenn sie das wirklich machen wollen, würde ich sagen: Ja, warum nicht. Also, wenn sie wirklich mit Leidenschaft dabei sind. Vielleicht will das eines unserer Kinder, hat aber kein Talent dazu. Dann muss man als Elternteil auch so fair sein und sagen: Vielleicht ist es doch nicht das Richtige für dich. Aber ausprobieren auf alle Fälle, weil nur so kann man das ja in einer Art und Weise herausfinden. Das war bei unseren Eltern genauso. Wie ich gesagt hab, ich mach jetzt Kabarett, haben die auch gesagt: Wenn du das machen willst, dann mach das mit einer 100prozentigen Leidenschaft und wir werden das auch unterstützen, soweit das geht. Und bei meinem Bruder genauso, wie der gesagt hat, er studiert jetzt Tontechnik. Das ist auch nichts, wo nachher 1000 Leute auf dich warten. Aber wenn es dich glücklich macht, dann mach es. Ich hätte aber auch kein Problem damit, wenn der Emil sagt, er möchte Automechaniker werden. Warum auch? Grad in der Pubertät, was da einem durch den Kopf geht und mittlerweile gibt’s ja schon so viel Möglichkeiten, Dinge zu tun in unserer Zeit. Die sollen sich nur ausprobieren. Mit gewissen Regeln natürlich, aber schon eher frei sein.
Apropos ausprobieren. Du machst Kabarett, du bist Schauspieler, du schreibst…Was gibt’s noch, was du gern ausprobieren würdest?
Musical wird keines kommen. (lacht) Und malen eher auch nicht. Wenn ich an meine Zeit im Gymnasium denke, da war ich einer der Untalentiertesten, was Zeichnen und Malen betroffen hat. Ich bin mit den Dingen, die du aufgezählt hast, beruflich schon recht gut eingedeckt. Das wird glaube ich auch eine Zeit lang so bleiben. Was ich mir vorstellen könnte, dass man auch für andere ein bisserl schreibt. An Drehbüchern mitschreibt. Das finde ich eine wahnsinnig spannende Arbeit. Und Schreiben kann man überall, das finde ich wahnsinnig angenehm.
Warum sollen deine Fans jetzt unbedingt für dich bei der KURIER-ROMY-Wahl voten?
Weil es ein Preis ist, den das Publikum vergibt und in letzter Konsequenz glaube ich, dass jeder, der das macht, was wir machen, schon auch Anerkennung vom Publikum haben möchte. Es bringt dir ja nix, wenn du weißt, du bist wahnsinnig gut und hast wahnsinnig gute Sachen gemacht, aber es interessiert niemanden. Man braucht ja dann doch einen Abnehmer für das Ganze, was man macht. Und wenn deine Abnehmer dich wählen, dann ist das ja das schönste Kompliment, das man überhaupt bekommen kann. Ich finde das ja fast noch schöner, als wenn das eine Fachjury vergibt.
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