Wo Indiens letzte Löwen leben

Wo Indiens letzte Löwen leben
Im Sasan-Gir-Nationalpark sind noch etwa 500 Exemplare der asiatischen Großkatzen in freier Wildbahn unterwegs.
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Nationalpark-Ranger

Morgendämmerung. Noch ist es relativ kühl. Die Touristengruppen vor dem Haus der Nationalpark-Ranger essen still ihr mitgebrachtes Frühstück. Hinter dem Haus hört man laute Kommandotöne. Ein Trupp Jung-Ranger samt Ausbildner ist zum Morgensport angetreten. Alles sehr militärisch, überaus zackig und einheitlich ganz in Weiß in Turnhose, T-Shirt, Stutzen und Tennisschuhen. Links um, rechts um, im Laufschritt, Marsch. Der Trupp trottet davon.

Dafür nähern sich Motorengeräusche. Ein Geländewagen nach dem anderen trifft ein. Die Sitze hinter Fahrer und Ranger sind erhöht montiert und ohne Dach und Seitentüren. Die Touristen klettern auf die Autos – noch immer wird wenig geredet. Alle sind gespannt, was es zu sehen geben wird.

Wie hoch kann eigentlich so ein Löwe springen? „Hoch genug“, sagt der Nachbar. „Sie tun’s aber nicht“, beruhigt der Ranger. Und sollte damit recht behalten. Denn bereits nach kurzer Fahrt durchs Gelände knattern zwei seiner Kollegen auf einem Motorrad daher und flüstern: „Da vorne ist ein Löwe, der in der Nacht einen Hirsch gerissen hat.“

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Löwe in Nationalpark

Löwen hautnah

Nach wenigen hundert Meter Fahrt sehen ihn dann alle. Liegend, Kopf an einen Wassertrog gelehnt hechelt die Großkatze heftig und präsentiert gar nicht königlich seine vollgeschlagene Wampe. An den aufgeregt fotografierenden Touristen in den Jeeps zeigt er nicht das geringste Interesse. Verdauen ist angesagt.

Das Überraschende an der Szene: Was bis jetzt nach Afrika klingt, ist nicht Afrika, sondern Indien. Und, Verwechslung ausgeschlossen, der Löwe war ein Löwe und kein Tiger. Ort der Handlung: Der Sasan-Gir-Nationalpark im Westen des indischen Bundesstaats Gujarat – das weltweit letzte Gebiet außerhalb Afrikas, in dem noch Löwen in Freiheit leben. Die asiatische Spezies, versteht sich.

„500 bis 600 Exemplare sind es derzeit“, verrät der Ranger. 1913 waren nur noch 20 Tiere übrig. Ehe man anfing die Großkatzen unter Schutz zu stellen, landeten die meisten als Trophäen in den Palästen schießwütiger Maharadschas und ihrer Gäste.

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Pfau im Nationalpark

Heute leben die Löwen in einer 258 Quadratkilometer großen Kernzone des insgesamt 1153 Quadratkilometer umfassenden Gir-Schutzgebietes. Zusammen mit indischen Leoparden, Streifenhyänen, Axishirschen, Nilgauantilopen, Gazellen, Lippenbären, Goldschakalen, verschiedenen Schlangen, Sumpfkrokodilen und etwa 250 Vogelarten. Nur der Tiger – das Nationaltier Indiens – fehlt. Er bevorzugt südlichere Regionen.

Der Park ist eine der touristischen Hauptattraktionen des im Nordwesten Indiens liegenden Bundesstaats Gujarat. Ein Gebiet, an dem der europäische Mainstream-Tourismus bisher noch weitgehend vorbei schwappte.

Was daran liegen mag, dass die 62-Millionen-Einwohner-„Provinz“ nicht die „must-see“-Wahrzeichen zu bieten hat, wie beispielsweise das Taj Mahal oder die Paläste der Maharadschas im benachbarten Rahjastan. Dafür findet man aber jede Menge hoch interessanter und (noch) nicht auf Millionen Fotos abgelichteter Kulturgüter aus den verschiedensten Epochen der Geschichte des Subkontinents.

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Brunnen der Königin

Der Brunnen der Königin

So ist der von 1026 bis 1030 erbaute Sonnentempel in Modhera einer der bedeutendsten Sakralbauten Indiens. Eine im Wesentlichen aus vier Teilen bestehende Tempelanlage: dem Tempelteich, den Seitenpfeilern eines ehemaligen Tors, der Versammlungshalle und dem eigentlichen Tempelbau. Wirklich sehenswert sind die mit Figuren- und Dekorreliefs verzierten Außenwände.

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Dekorrelief am Sonnentempel

Vielleicht noch spektakulärer ist Gujarats einziges als Unesco-Weltkulturerbe klassifiziertes Baudenkmal: der in etwa zur gleichen Zeit wie der Sonnentempel entstandene Stufenbrunnen Rani Ki Vav in Patan. Übersetzt bedeutet dies „Brunnen der Königin“. Womit auch schon der größte Teil seiner Entstehungsgeschichte klar ist. Erbaute ihn doch eine Königin namens Udayamati zu Ehren ihres verstorbenen Ehemanns Bhimadeva I. Der bis zu 27 Meter unter die Erdoberfläche gegrabene Brunnen diente dem königlichen Hof zur Wasserversorgung, aber auch als Art Klimaanlage. Denn auf den kühlen, unterirdischen und reich mit Reliefs verzierten Plattformen konnte man trefflich die heißen Sommertage (40 Grad und mehr) überstehen.

Das islamische Erbe

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Mausoleum eines Fürsten

In Junagadh wiederum faszinieren die benachbarten Mausoleen zweier Fürsten: Der Mohabbat Maqbara Palace und der Baha-ud-Din Maqbara. Errichtet wurden sie Ende des 19. Jahrhunderts in einer Mischung von islamischen und europäischen Stilelementen. Außergewöhnlich und markant sind die Minarette mit ihren gewundenen Außentreppen.

Womit wir beim islamischen Erbe Gujarats wären. In der größten Stadt der Region, Ahmedabad, befindet sich die Freitagsmoschee, Jama Masjid (erbaut um 1650), eine der größten Moscheen des Landes und die Sidi Saiyyed-Moschee. Der eher unscheinbare Bau beherbergt aber zwei der schönsten und berühmtesten Jali-Fenster der islamischen Kunst.

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Sidi Saiyyed-Moschee

Ebenso beeindruckend, wenn auch, oder gerade weil überhaupt nicht pompös, sind die Kultstätten der Adivasi, der indigenen Urbevölkerung des Subkontinents. Sie opfern auch heute noch für erfüllte Wünsche dem Hügelgott bei Poshina mit Pferdestatuen aus gebranntem Ton. Die gewaltige tönerne Herde ist in Reih und Glied um einen heiligen Baum gruppiert.

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Tönerne Pferde als Dank an den Hügelgott

Malen und sticken

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Glocke aus altem Blech

Mit einfachsten Materialen und Werkzeugen Faszinierendes zustande zu bringen ist die Spezialität indischer Handwerker. Gleich ob aus einem Stück altem Autoblech innerhalb weniger Minuten ohne zu Nieten ein wohlklingendes Glöcklein entsteht, oder wie viele Meter lange Baumwollbahnen mit Hilfe von handlichen Holzstempeln mit unendlicher Geduld Stück für Stück bedruckt werden.

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Stempeldruck auf Stoffbahnen

Oder ein junger Textilmaler in den Banni-Villages nördlich der Stadt Bhuj, der die fast schon ausgestorbene Rogan-Kunst praktiziert und wunderschöne Muster auf Stoff appliziert.

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Rogan-Künstler

Oder eine Stickerin mit unglaublicher Ruhe und Fingerfertigkeit, die winzige Spiegel auf Stoffkleidern anbringt.

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Spiegel auf Kleidern anbringen

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Tuk Tuk Taxi

Weniger ruhig geht es auf Gujarats einigermaßen gut ausgebauten Straßen zu. Es gibt sogar so etwas wie Autobahnen, doch mehr als 60 bis 70 km/h sind auch hier nicht angebracht. „Schneller fahren wäre zu gefährlich“, sagt Busfahrer Karan und deutet auf eine Herde von „Geisterziegen“, die samt Hirten soeben auf der Fahrbahn entgegenkommen.

Fahren, hupen, fahren

Die meisten Fahrzeuge würden ohnehin bei den heimischen TÜV-Prüfern Fassungslosigkeit hervorrufen und sind zudem hoffnungslos überbesetzt. Kaum ein Motorrad, auf dem nicht mindestens vier Menschen sitzen, und kaum ein Kombi, in dem sich nicht eine zweistellige Zahl von Passagieren geschlichtet haben .

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Kühe und Motorrad

In den Städten ist ohnehin Chaos pur angesagt. Fahren, hupen und selbst bei roten Ampeln nicht stehen bleiben, heißt die Devise. Busfahrer Karan ist an den Blechsalat gewohnt. Er lächelt und sagt: „Jeder passt auf jeden auf, dann funktioniert es“.

Was sonst noch aufgefallen ist: Bettler waren in den ländlichen Regionen Gujarats überhaupt keine zu sehen und in den Städten nur wenige. Dafür werden Fremde immer wieder höflich gebeten, für ein Selfie mit dem Smartphone-Besitzer zu posieren. Wodurch schon so mancher Tourist unwissentlich zur lokalen Berühmtheit avancierte.

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INFO

Anreise Mit Brussels Airlines WienBrüsselMumbai.Von Mumbai nach Buij z. B. mit Jet Airways (Achtung,15 kg Freigepäckgrenze).
 www. brusselsairlines.com

Visum kann als E-Visa (https://indianvisaonline.gov.in/
evisa/tvoa.html)
oder über die ausgelagerte Visastelle  bei  BLS – International Visa Service – Austria, Hegelgasse 17, Top 9, 1010 Wien beantragt werden. Kosten: 88 €.

Währung 100 Indische Rupien (INR) entsprechen  etwa  1,2 €

Beste Reisezeit für Gujarat ist der Winter. Im Mai, Juni, Juli und August wird es  extrem heiß.

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Thali

Essen & Trinken Meist eher vegetarische Kost, eher selten Huhn oder Fisch. Thali  ist eine Platte mit kleinen Schalen unterschiedlicher Gerichte   mit verschiedenem Schärfegrad. Verarbeitet werden Okra, Erdäpfel, Karotten, Kichererbsen, Bohnen  etc. Dazu gibt es Reis, Fladenbrot und Buttermilch zum „Entschärfen“. Preise: etwa 2 bis
 3 €. Alkoholische Getränke sind in ganz Gujarat verboten.

Angebot 12 Tage Gujarat mit den Städten Bhuj, Gondal, Sasan-Gir- Nationalpark, Diu, Bahvangar, Bajana Modhera, Patan, Poshina, Ahmedabad. Flüge  Wien-Mumbai- Wien mit Brussels,  gute Mittelklasse- und Heritage-Hotels, Halbpension. Termine 18. 2. bis 2. 3. 2019 sowie 18.3. bis 30.3. 2019
Preis ab 2790€/  P. /DZ
Buchung Raiffeisen Reisen  
 0676 83075-400
info@raiffeisen-reisen.at

Auskunft india.gov.in/topics/travel- tourism, gujarattourism.com

 

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