Insidertipps für Paris

Insidertipps für Paris
Die kulinarischen und touristischen Hotspots der Stadt der Liebe.

Josef Haslinger hat im Meinl am Graben ein kleines Imperium des Süßen zu verwalten. Er ist Chefpatissier des Hauses, kümmert sich also um Desserts, Petit Fours, Törtchen und Mehlspeisen. Der KURIER trifft Josef Haslinger in Paris und begleitet in zu La Durée, der Kultkonditorei der Pariser. Stichwort Süße. Josef Haslinger: "Die Wiener Mehlspeisen sind mit viel Zucker, Butter (und Mehl) gemacht. Ich versuche bei einer Komposition den Zucker zurückzudrängen und zum Beispiel durch Schokolade zu ersetzen." Auch Zitrone tauge sehr dazu, den Geschmack zu heben. Zucker hingegen macht ein Dessert nicht besser im Geschmack, es macht es einfach nur süßer. Wir nehmen den ersten Kaffee des Tages bei Eric Kayser in St.Germain, wo es ab sieben Uhr früh frische Croissants und Brot gibt. So wie alles andere auch, was den Parisern das Aufstehen am Sonntagmorgen kulinarisch erträglich macht. Sie haben richtig gelesen. In Paris gibt es am Sonntag frisches Gebäck und frische Patisserie. Zumindest was Kipferl und Brot betrifft, können davon die Österreicher nur träumen. Die Schlange an der Brottheke ist entsprechend. Wir schweifen kurz in die saure Richtung ab. Sprich Sauerteigbrot. Einenhalb Meter lang ist die Reihe der knusprigen Brotlaibe, wie sie bei Kayser auf die Kunden warten. Dunkle Kruste, heller und flaumiger Inhalt. "In Östereich würde das nicht gehen," so Haslinger, "die Leute würden denken, die Kruste sei verbrannt."

Die meisten unserer Baguettes würden in Tschechien produziert, nach einer Stunde seien sie letschert und weich. Warum, Herr Haslinger? "Möglicherweise ist der Weizenmehrlanteil zu hoch." Aber den Wienern macht das nichts. "Die Wiener sind Semmelfreaks. Was zu knusprig ist, könnte ihrer Meinung nach vom Vortag sein." Vielleicht haben sie aber auch einfach schlechte Zähne. Interessant übrigens ist, dass das Wort Baguette eigentlich aus dem früher einmal schrecklich frankophilen Österreich kommt (zumindest in der Sprache war man frankreichfreundlich). Allerdings handelte es sich um ein süßes Baguette aus Briocheteig. Die Wiener Mehlspeisküche ist berühmt, die Franzosen allerdings gelten als absolute Meister ihres Fachs. Gibt es Unterschiede zwischen den französischen und den österreichischen Patissiers? "Der Aufbau von Torten ist in Frankreich anders. Das liegt auch daran, dass die Wiener Kunden nicht wissen, wie man Torten aufschneidet. In Frankreich werden Torten oft nicht einfach mit dem Messer durchgeschnitten, sondern abgedeckt und aufgeteilt. Beeren werden unter den Gästen verteilt. Wie soll ich eine Erdbeere mit dem Messer aufteilen, werde ich in Wien oft gefragt, wenn ich zwei Erdbeeren auf eine Torte lege." Das andere Ding ist die Wertigkeit des Berufs.

"Patisserie wird in Österreich nicht wertgeschätzt," stellt uns der Patissier kein gutes Zeugnis aus, obwohl wir Österreicher ja angeblich so verrückt nach dem Süßen sind. Ganz unrecht hat er damit nicht. Auf Frankreichs Speisenkarten wird dem Patissier und seinen Dessert ein deutlich größerer Raum gewidmet als es auf österreichischen Karten der Fall ist. Üblich ist es, den Patissier mit dem Namen zu nennen, während er bei uns anonym bleibt. Die Desserts des Meinl-am-Graben-Kochbuchs stammen von Haslinger, seinen Namen wird man im Impressum vergeblich suchen. An neuen Kreationen tüftelt ein Patissier oft lange Zeit. Diese allerdings sind - wie alle Rezepte - nicht schützbar. Mag sein, dass das der Grund ist, warum es so wenige Innovationen auf dem Gebiet gibt.

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