Buntes Leben abseits der Moscheen

Buntes Leben abseits der Moscheen
Zwischen Minaretten und Palästen zeigt sich der Orient von seiner freundlichen, aber nie aufdringlichen Seite.

Ein Kugelschreiber im Teeglas, das kann Farid nicht einfach so hinnehmen. Also verlässt er seine bequeme Lümmelecke hinten in dem bescheidenen Teehaus in Isfahan und nimmt sich des ahnungslosen Touristen an, der sich da gerade mit dem Schreibwerkzeug als Löffelersatz zu helfen versucht. Ein Lächeln, ein fast schüchternes Hilfsangebot und schon bekomme ich einen Schnellkurs im iranisch Teetrinken. Also, Zuckerwürfel zwischen die Zähne und den Tee mit Geduld und Gefühl da durchrinnen lassen, ganz ohne Kugelschreiber.

Buntes Leben abseits der Moscheen
Man kann im Teehaus sitzen oder in einem der knallbunten Fast-Food-Restaurants, die bei jungen Iranern derzeit groß in Mode sind: Ins Plaudern kommt man überall. Das Interesse an den Gästen aus dem Westen ist groß. Und es sind gerade junge gebildete Leute, die das Gespräch suchen. Aufdringlich, wie man es als leidvoll geprüfter Orientreisender aus anderen islamischen Ländern kennt, ist man hier nie. Zu stolz ist man, und auch zu höflich, um sich dem Gast aufzudrängen.

Gute Preise

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Selbst auf den Basars kann man in Ruhe die Ware begutachten, ohne gleich irgendeinen Ramsch für Touristen aufgedrängt zu bekommen, auch weil es davon nicht allzu viele gibt. Von Teppichen bis Metallarbeiten reicht dagegen die Palette orientalischen Kunsthandwerks – zu Preisen, die dank der schwächelnden Landswährung Rial wirklich günstig sind.

Natürlich stehen für jeden Iranreisenden zuerst einmal die großen Sehenswürdigkeiten auf der Agenda: Persepolis, die antike Kaiserstadt, die einem auf atemberaubende Weise die Größe und Macht des alten Weltreichs der Perser vor Augen führt. Oder etwa der Imam-Platz in Isfahan, schon aufgrund seiner Größe einzigartig. Moscheen, wie die Freitagsmoschee in Isfahan, in der die Stile eines ganzen Jahrtausends persischer Kultur ihre Spuren hinterlassen haben.

Persischer Nougat

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Doch es lohnt, sich Zeit für all das bunte Leben dazwischen zu nehmen. In der Luxusvariante, wie etwa im historischen Hotel Abbasi in Isfahan. In dessen prunkvollem Teehaus kann man nicht nur über orientalische Fliesenmalerei, sondern auch über das ausgefeilte Teezeremoniell staunen, samt spontaner Musikeinlage, die die Kellner auf Tassen, Tellern und Teekesseln bieten.

Man kann aber auch den Launen und kleinen Leidenschaften der Iraner nachspüren, schauen, wo sich in den belebten Geschäftsstraßen die Menschen vor den Auslagen drängen. So verliert man sich unweigerlich in der Vielfalt an Süßigkeiten und Bäckereien, die überall angeboten werden, vom persischen Nougat bis zu einer der fast schon erschreckend farbenfrohen Eissorten.

Doch die Geschäftsstraßen sind für die jungen Iraner auch Revier zum Spazierengehen, plaudern und vor allem flirten. Die Mädchen haben regelrecht eine Kunst daraus gemacht, die immer noch strengen Kleidervorschriften geschickt zu umgehen. Kopftücher, geschickt zurechtgezupft, präsentieren die Frisur eigentlich mehr, als sie zu verbergen. Mäntel und Kleider sind zwar lang, aber dafür umso figurbetonter.

In Gruppen paradieren die jungen Damen dann kichernd an den staunenden Burschen vorbei: Eine Szenerie wie in in einem US-Teenie-Film aus den Sechzigern – und ganz weit weg von den Bildern, des streng religiösen, feindseligen Iran, die man oft noch im Kopf hat.

Buntes Leben abseits der Moscheen
Stiller, verschlossener, aber nicht weniger gastfreundlich ist dieses Land abseits seiner turbulenten Großstädte. In Varzaneh etwa, einem Dorf, das unweit von Isfahan am Rand einer Sandwüste liegt, kann man nicht nur durch die Dünen spazieren, sondern sich auch im Chapaker Guest House auf einen Chorescht, den persischen Eintopf, auf dem Boden niederlassen. Reza, der quirlige Besitzer, kann einem danach all die lokalen Sehenswürdigkeiten zeigen, vom historischen Wasserbrunnen, den bis heute ein Ochse antreibt, bis zur Weberei, wo Tücher nach einem traditionellen Muster entstehen.

Auf Touristen aus dem Westen ist man hier nur schlecht und recht eingestellt, aber dafür umso freundlicher und offener, wenn einmal welche auftauchen. Ob die Jeepsafaris, von denen Reza träumt, jemals wirklich hier durchbrausen werden, hängt wohl auch von den politischen Entwicklungen ab. Doch um diesem Land auch abseits der großen Sehenswürdigkeiten zu begegnen, muss man die nicht abwarten. Denn gastfreundlich, höflich und herzlich sind die Menschen schon jetzt, egal, welche Mullahs sie regieren.

Buntes Leben abseits der Moscheen
Flug z. B. mit Turkish Airlines ab Wien oder Salzburg über Istanbul nach Isfahan oder Shiraz, ab 599 €,www.turkishairlines.com/de-at/; mit AUA ab Wien nach Teheran ab 497 €

Visum Erhältlich bei der iranischen Botschaft in Wien, 50 €, Besorgung dauert 14 Tage.

Beste Reisezeit Frühling und Herbst

Sicherheit Viel Polizei, daher auch hohe Sicherheit für Touristen

Währung 1 €= ca. 35 Rial, Dollar und Euro sind gern gesehen

Hotel-Tipp Abbasi-Hotel, Isfahan: orientalische Pracht, Standard- Zimmer schlicht, ab 100 € pro Nacht

Buchung und Information:GEO Reisen, ☎ 0662/890 111, www.georeisen.com

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