Umbaupläne für das Haus Europa
Unter dem Druck der Finanz- und Schuldenkrise stellten Bundeskanzler Werner Faymann und Vizekanzler Michael Spindelegger am Mittwoch kurzfristige Maßnahmen zur Krisenbekämpfung und Pläne für den längerfristigen Umbau der EU vor. "Die wirtschaftliche Entwicklung erfordert rasche Entscheidungen" (Faymann).
Neu ist, dass Kanzler und Vizekanzler gemeinsam Europa-Positionen präsentieren, um die Öffentlichkeit für EU-Reformen zu gewinnen.
Beide wollen, dass rasch ein Konvent einberufen werde, der die neue EU-Architektur entwirft. Ein Vertrag, der Souveränität an Brüssel abgibt, wird Österreichs Wählern zur Abstimmung vorgelegt, sagen beide.
Ob es dabei um eine Renovierung oder um einen völligen Neubau des Hauses Europa geht, ist noch offen.
Der Vizekanzler und Außenminister hat dazu gemeinsam mit neun anderen EU-Amtskollegen Pläne skizziert. Er will ein neues Staatsgefüge der EU.
Das Konzept wurde dem Kabinett des Bundeskanzler erst während der Pressekonferenz vorgelegt, Faymann kannte demnach die Vorschläge Spindeleggers nicht.
EU-Regierung
An der Spitze der neuen EU-Struktur stünde eine europäische Regierung mit direkt gewähltem Kommissionspräsidenten. Er wäre der oberste EU-Politiker. Die Staats- und Regierungschefs wären entmachtet. Die Volksvertretung sollte aus zwei Kammern bestehen, ähnlich den USA mit Senat und Repräsentantenhaus. Eine Länderkammer, die von nationalen Regierungen gestellt wird, sowie das direkt gewählte Europäische Parlament wären die gesetzgebenden Organe.
Die Außenminister fordern unter anderem einen gemeinsamen Grenzschutz, "um in der EU die Grenzen offenzuhalten" (Spindelegger). Auch eine EU-Armee ist künftig vorgesehen.
Was kurzfristige Maßnahmen angeht, verlangen Kanzler und Vizekanzler die rasche Einführung der Finanztransaktionssteuer. Frankreichs Präsident François Hollande kündigte an, dass es die Abgabe 2013 geben werde. Beim Gipfel nächste Woche sollen noch keine konkreten Beschlüsse fallen. Faymann: " Europa muss aber strengere Maßstäbe bei Regelungen der Finanzmärkte setzen."
Reaktionen
Reaktionen auf die Pläne gibt es aus dem EU-Parlament. Vizepräsident Othmar Karas begrüßt den Konvent, warnt aber vor der Direkt-Wahl des Kommissionspräsidenten. Das EU-Parlament wähle jetzt schon den Präsidenten. Karas: "Es würde in Österreich auch niemand sagen, der Bundeskanzler sei nicht demokratisch legitimiert nur weil er rechtlich gesehen nicht direkt von den Bürgern gewählt ist." FPÖ-Europa-Abgeordneter Andreas Mölzer findet die Pläne nicht "wünschenswert".
-
Hauptartikel
-
Hintergrund
Kommentare