Tschechien: Roma trotzen Räumungsbefehl

Tschechien: Roma trotzen Räumungsbefehl
In der Industriestadt Ostrava stehen rund 200 Menschen vor der Zwangsräumung.

Zu Wochenbeginn kam das Wasser: Eine dringend benötigte Erleichterung für die etwa 100 Bewohner der Abbruchhäuser am Rand der mährischen Industriestadt Ostrava. Vier Wochen lang waren sie nur mit dem Tankwagen beliefert worden, und auch das nur, wenn sie Geld für die Rechnung aufbringen konnten.

Wie lange allerdings die Leitungen offen bleiben, wie lange überhaupt die Menschen noch in ihren Wohnungen bleiben dürfen, ist mehr als ungewiss. Schließlich hat die Stadtverwaltung schon Anfang August die Räumung angeordnet, aufgrund längst illegaler hygienischer Bedingungen. Wohin die ursprünglich etwa 200 Einwohner – es sind fast ausschließlich Roma – eigentlich übersiedeln sollen, bleibt unklar. Diejenigen, die sich der Zwangsräumung gefügt haben, wurden in provisorischen Unterkünften in der Stadt untergebracht. Der Rest aber ist entschlossen zu bleiben, schließlich wohnen viele Familien seit fast 30 Jahren in der ehemaligen Siedlung für Fabrikarbeiter.

Die sind dort schon rasch nach dem Fall des Kommunismus ausgezogen. Seither galt das Viertel als Roma-Getto und verfiel rasant. Die privaten Eigentümer kassierten mutmaßlich überhöhte Mieten und ließen die Gebäude ansonsten einfach verfallen.

Die Stadtverwaltung schaute untätig zu, bis die Bewohner benachbarter Wohnviertel sich immer häufiger über die unhaltbaren Zustände beschwerten. Längst überfällige behördliche Kontrollen stellten fest, was ohnehin jeder wusste: Die Häuser müssen abgerissen werden.
Der Streit beschäftigt die tschechische Öffentlichkeit seit Wochen, schließlich ist die Situation der etwa 200.000 tschechischen Roma im ganzen Land kaum besser. Sozial diskriminiert und von den ethnischen Tschechen meist abgelehnt, leben sie in Getto-artigen Armenvierteln und werden dort immer öfter Opfer von Übergriffen rechtsradikaler Gruppen.

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