Schönborns Kreuzzug gegen die Reformer

Schönborns Kreuzzug gegen die Reformer
Erstmals wurde ein Dechant, der für Reformen kämpft, von Kardinal Schönborn abgesetzt. Ein Zeichen für die Zukunft?

Kardinal Christoph Schönborn geht jetzt gegen die Pfarrer-Initiative des Probstdorfer Pfarrers Helmut Schüller in die Offensive. Diese Plattform, die mittlerweile von mehr als 300 Priestern unterstützt wird, fordert von der Amtskirche in Rom "einen Schritt in die Moderne".

Darunter versteht die Pfarrer-Initiative ein Ende des Zölibats, Priesterweihe für Frauen, Wiederverheiratung von Geschiedenen und Laienprediger. Diese Forderungen finden auch unter den Gläubigen viele Anhänger. Trotzdem wurde am Dienstag in Niederösterreich das erste Exempel statuiert. Einer der "Ungehorsamen" warf auf Druck von Kardinal Christoph Schönborn das Handtuch. "Ich bin für mich persönlich nicht enttäuscht. Ich bin in Wahrheit enttäuscht vom Kardinal", findet Peter Meidinger klare Worte. Er ist Pfarrer und Dechant des Dekanats Piesting im südlichen Niederösterreich und Befürworter von Schüllers Pfarrer- Initiative.

Weil Meidinger bei der bevorstehenden Dechantenwahl als Erstgereihter aufschien, hatte ihn Schönborn am 11. Juni zu sich zitiert. In dem Gespräch sei er vom Kirchenoberhaupt vor die Wahl gestellt worden, sein Amt als Dechant oder seinen Ungehorsam aufzugeben. "Die Forderung war, dass mein Name von der Wahl­liste gestrichen werden sollte", schildert Meidinger.

So ließ der altgediente Geistliche allerdings nicht mit sich umgehen. "Ich habe die Erkenntnis gewonnen, dass 20 Jahre gediegene Dekanats-, Vikariats- und Diözesanarbeit anscheinend nicht ausreichen, um das Vertrauen des Erzbischofs zu gewinnen", schreibt Meidinger in einem offenen Brief an seine geistlichen Kollegen.

Konsequenzen

Schönborns Kreuzzug gegen die Reformer

Daher habe er sich für die Pfarrer-Initiative und gegen Schönborns "unmoralischen" Weg entschieden. "Ich ziehe aus der Sache selbst die Konsequenzen und scheide aus eigenen Stücken aus dem Dechantenamt aus", sagt Meidinger im KURIER-Gespräch. Die von Schönborn vorgeschlagenen Alternativen zur Klärung der Angelegenheit, wären für Meidinger untragbar gewesen. Er hätte vor der Dekanatskonferenz klarstellen sollen, Probleme mit dem Wort "Ungehorsam" zu haben.

Als Seelsorger will er seiner Pfarre Markt Piesting weiter erhalten bleiben. Auch deswegen, um seinen eingeschlagenen Weg als Pfarrer weiterzugehen.

Für den Sprecher der Erzdiözese Wien, Michael Prüller, hat die Entscheidung Schönborns Modellcharakter: "Es ist ein eindeutiges Zeichen, dass dem Kardinal die aktuelle Situation nicht gleichgültig ist. Es geht um die Einheit der Kirche."

Der Sprecher des Kardinals (Schönborn weilt zurzeit in den USA) begründet die Reaktion wie folgt: "Ein Dechant hat die Aufgabe, in seinem Dekanat die Ordnung aufrechtzuerhalten. Wer zum Un­gehorsam aufruft, tendiert zum Gegenteil."

Klare Sanktion

Für Helmut Schüller, den Initiator der Initiative, stellt der Fall "eine klare Sanktion gegen uns" dar:  "Jetzt zeigt es sich noch deutlicher, wie begründet unser Aufruf zum Ungehorsam ist."

"Diese Vorgangsweise bestätigt: Die Kirchenleitung ist zu keinen lösungsorientierten Gesprächen bereit", meint auch Vorsitzender Hans Peter Hurka am Mittwoch in einer Aussendung. "Wir sind Kirche" rief das Kirchenvolk auch auf, Schönborn und den betroffenen Pfarrer Peter Meidinger "ihre Meinung zu dieser Vorgangsweise mitzuteilen".

Mit der Verweigerung Meidinger zu bestätigen, zeige Schönborn auf, wie er Dialog verstehe, so Hurka. "Ja-Sager sind gesucht, keine kritischen Geister, welche die stillen, von den Bischöfen gewussten und geduldeten, den Menschen geschuldeten `Ungehorsamstaten` nach jahrzehntelangen fruchtlosen Debatten endlich klären wollen." Schönborn scheine ein "Pluspunkt in Rom" wichtiger zu sein als das Einvernehmen mit seinen Priestern und eine gute Arbeit in der Diözese.

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