Schönborn warnt vor Kirchenspaltung

Schönborn warnt vor Kirchenspaltung
Dem KURIER wurde ein Papier des Priesterrates zugespielt. Darin warnt Kardinal Schönborn vor einer Kirchenspaltung - er setzt die Reformer unter Druck.

Um die Disziplin in den eigenen Reihen aufrechtzuerhalten, verpasste Österreichs Kirchenoberhaupt, Kardinal Christoph Schönborn, seinen reformwilligen Priestern einen "Maulkorb".

Allen voran den Dechanten. Sie stehen quasi als Ressortleiter einem Rayon von etwa zehn bis 15 Pfarren vor. Erst zu Wochenbeginn wurde publik, dass Peter Meidinger, Dechant in Piesting (NÖ), keine weitere Amtszeit ausüben wird – auf Betreiben des Kardinals.

Dem KURIER wurde das interne Protokoll des Priesterrates vom 10. Mai zugespielt. Darin stellt Schönborn klar, dass er sich außerstande sieht, jemanden zum Dechanten zu ernennen, der den Aufruf zum Ungehorsam aufrecht erhält. Weiters untersagte der Kardinal Reisetätigkeiten, wenn Priester mit dem Aufruf zum Ungehorsam unterwegs sind.

Zehn Prozent Rebellen

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Von etwa 4500 Priestern in Österreich sind bereits zehn Prozent eingetragene Mitglieder auf der Liste der Initiative des Probstdorfer Pfarrers Helmut Schüller. Sie fordern eine Aufhebung des Zölibats, Laienpriester und etwa die Wiederverheiratung von Geschiedenen.

Einer der kritischen Dechanten ist Gerald Gump in Schwechat. Er ist auch Mitglied des Vorstandes der Pfarrer-Initiative. Erwartet er sich jetzt weiter Konsequenzen, vor allem gegen kritische Dechanten? Gump: "Momentan ist alles möglich. Ich wäre mit dem Fall des Kollegen Meidingers jedenfalls anders umgegangen." Der reformwillige Pfarrer kennt auch die Meinung seiner Kollegen: "Jeder entscheidet individuell, aber man kann ja wegen eines Dechantenpostens sein Gewissen nicht abgeben." Für Reformer Gump ist Kardinal Schönborn jedoch "alles andere als ein konservativer Hardliner. Er hält zumindest den Diskussionsprozess offen."

In dem internen Protokoll des Priesterrates warnt Schönborn eindringlich vor einem Schisma (Spaltung, Trennung).

Reformation

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Auch sein Sprecher, Michael Prüller, lässt ungewohnt offen hinter die Kirchenmauern blicken: "Durch den Aufruf zum Ungehorsam der Pfarrer-Initiative liegt der Fokus der Weltkirche auf Österreich. Soll es vielleicht eine Reformation geben, mit Helmut Schüller als neuem Martin Luther?" Nachsatz: "Der Kardinal übt Druck gegen die Initiative aus, Befehl gibt es aber keinen. Christoph Schönborn führte zu diesem Thema in Rom mit hohen Vatikanvertretern bereits Gespräche."

Reformer Helmut Schüller im KURIER-Gespräch auf den heftigen, mit beruflichen Konsequenzen verbundenen Widerstand der Amtskirche angesprochen: "Es war uns allen klar, das wird zäh."

Sein Mitstreiter, Schwechats Dechant Gump, er ist auch begeisterter Motorradfahrer, beschreibt den Status quo plakativ: "Wenn man so will, stehen wir am Gas und wir werden nicht bremsen. Ich werde Reformen in der Kirche noch erleben. Denn mit der Zeit werden Neuerungen auch plausibel."

Machtwort

Dagegen wehren sich Österreichs Kirchenfürsten. Sie sprachen Ende dieser Woche ein unüberhörbares Machtwort. Denn in den Diözesen regiert Nervosität. So warnte St. Pöltens Bischof Klaus Küng die Pfarrer-Initiative vor Verstößen: "Ich hoffe sehr, dass ich nicht genötigt sein werde, gegen Mitbrüder vorzugehen, die in ihrer Haltung beharren."

Der Linzer Bischof Ludwig Schwarz kündigte Gespräche mit allen, die bei der Initiative unterschrieben haben, Gespräche an. Auch aus der Erzdiözese Salzburg kamen klare Worte: Kandidaten für eine kirchliche Führungsposition werden sehr genau angesehen. Loyalität zum Erzbischof gilt als Grundvoraussetzung

Aus dem Protokoll des Priesterrates

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Die Mitschrift des Priesterrates zeigt auch, dass Österreichs Kirchenoberhaupt, Christoph Schönborn – wegen der Pfarrer-Initiative – von Rom stark unter Druck gesetzt wird.

So erklärte Schönborn: "Es ist außergewöhnlich, dass der Papst in einem feierlichen Rahmen ein europäisches Land anspricht und so detailliert auf die Situation eingeht. Die Predigt ist um die ganze Welt gegangen. Wir sind hier nicht in unserer Ortskirche, sondern im Glashaus der ganzen Welt. Wir werden sehr genau beobachtet. Wir können nicht mehr so tun, als hätte der Papst nicht Stellung bezogen."

Dechant Peter Grünwidl, ein Mitglied der Pfarrer-Initiative argumentierte: "Ich sehe die Notwendigkeit, streiten zu lernen, es braucht eine Streitkultur."

Monsignore Helmut Schüller (Initiator der Pfarrer-Initiative) wünschte sich zu "entdramatisieren": "Das Tauziehen ist nicht das Problem, sondern das Ringen um die Wahrheit." Schüller weiter: "Unsere Themen sind in vielen Ländern genauso präsent. Wir sind Problemmelder, nicht Ursache. Ich glaube nicht, dass die Diözese Wien eine Lösung finden kann." Der "Kirchen-Rebell skizzierte die Meinung der kritischen Reformer: "Wir wollen nicht aus dem Boot aussteigen, aber wir wollen von der Ruderbank aufstehen und über den Kurs reden."

Schönborn darauf: "Was ihr hier aufbaut, ist eine Sonderstruktur. Ich sehe die Gefahr eines Schismas."

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