Neue "Partei"? Stronach sammelt Wendehälse

Neue "Partei"? Stronach sammelt Wendehälse
Vier von fünf Abgeordneten des "Team Stronach" haben bereits zwei Mal die Partei gewechselt. Das Prinzip Wendehals als politische Überlebensstrategie feiert einen Höhepunkt.

Es ist schon kurios: Frank Stronach findet viel Anklang bei Leuten, denen die traditionellen Parteien auf die Nerven gehen. Aber ausgerechnet diese neue Anti-Establishment-Bewegung besteht in ihrem parlamentarischen Kern aus Abgeordneten, die genau jenes Verhalten an den Tag legen, das Normalbürger anstößig finden: eine geschmeidige Anpassungsfähigkeit im klassischen Funktionärsstil, um politisch zu überleben und sich ein Einkommen zu sichern, das im echten Leben nur schwer erreichbar ist.

Robert Lugar, Christoph Hagen, Elisabeth Kaufmann-Bruckberger und Erich Tadler – vier der fünf bisherigen Abgeordneten, die unter die Fittiche des Milliardärs schlüpfen, waren ursprünglich freiheitliche Funktionäre. Als Jörg Haider 2005 das BZÖ gründete, wechselten sie flugs die Seite und waren mit von der damals neuen, orangen Partie (mehr dazu hier).

Gut, könnte man sagen, das passiert halt, wenn sich ein Lager spaltet. Aber die Anpassungsfähigkeit dieser Funktionäre ist offenkundig nicht auf ein Einmal-Ereignis beschränkt: Zwei von ihnen überwarfen sich bald auch wieder mit dem BZÖ.

Aber nicht, dass sie deswegen ihr 8000 Euro schweres Mandat zurückgelegt hätten – sie wurden "wilde" Abgeordnete im Parlament. Kaum gibt’s nun eine neue politische Bewegung, schwimmt man wieder mit.

Diese Sammlung aus dem instabilen dritten Lager weist die Stronach-Partei nicht gerade als angehende Regierungskraft aus. Man erinnere sich: Wolfgang Schüssel koalierte 2000 mit der FPÖ, und nach eineinhalb Jahren putschte Haider bei dem berüchtigten Delegierten-Treffen von Knittelfeld die eigene Regierungsmannschaft weg. Neuwahlen waren die Folge.

Die Neuauflage von Schwarz-Blau entging nur haarscharf demselben Schicksal. 2005 war HC Strache in der Rolle des Putschisten, und Haider – der ja wusste, wie das geht – kam dem Putsch mit der BZÖ-Abspaltung zuvor.

Weil die meisten Nationalratsabgeordneten zum BZÖ überliefen, konnte Schüssel die Legislaturperiode bis 2006 aussitzen.

2008 trat Haider mit dem BZÖ bei den Nationalratswahlen an und eroberte Mandate für 21 Parlamentarier. Von denen ist nur mehr ein desolates Häuflein übrig, ein Teil kehrte zur FPÖ zurück, ein Teil zerstritt sich mit dem Klub, ein Teil vertschüsst sich zu Stronach.

Nächste Woche dürfte der Fünfte und vielleicht ein Sechster aus der traurigen Truppe abgehen. Das Niveau der Umgangsformen ist entsprechend: "Charakterlose Falotten", nennt BZÖ-Abgeordneter Gerald Grosz seine Ex-Kollegen. Stronach steht dem in nichts nach. BZÖ-Chef Josef Bucher habe "keine Hoden", diagnostizierte der feine Herr, weil Bucher seine Anwerbeversuche abgewiesen hatte.

Das BZÖ sucht ein letztes Mal sein Heil in Kärnten, Bucher kandidiert dort als "Landeshauptmann".

Einer, der sich ebenfalls Chancen auf den Chefsessel in Kärnten ausrechnet, ist SPÖ-Chef Peter Kaiser. Doch auch er hat gegen einen Abtrünnigen zu kämpfen: Der Spittaler Bürgermeister Gerhard Köfer tritt als Stronach-Kandidat in Kärnten an. "Man liebt den Verrat, aber nicht den Verräter", meinte dazu Kaiser gestern beim Wahlkampfauftakt in Klagenfurt. Mit Köfer dürfte allerdings einer der letzten Querschützen aus der traditionell zerstrittenen Kärntner SPÖ ausgetreten sein, Kaiser wurde gestern einhellig (von 97 Prozent der SPÖ-Delegierten) zum Spitzenkandidaten gekürt. Die einst mächtige Landespartei – sie regierte bis 1989 mit absoluter Mehrheit – wittert Morgenluft. Nach 24 Jahren will sie die Wende im Süden schaffen.

Robert Lugar

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Der Techniker hatte bis 2006 verschiedene Funktionen in der FPÖ-Niederösterreich inne: Er war Vize-Bezirkschef in Baden und war aktiv im Ring Freiheitlicher Wirtschaftstreibender.

Am 28. Oktober 2008 wurde Lugar als Abgeordneter des BZÖ im Nationalrat angelobt. Im BZÖ hielt es ihn aber nur bis September ’11, weil er „den Kurs“ nicht mehr mittragen konnte.

Ab September 2011 war Lugar als relativ einflussloser "wilder" Abgeordneter im Parlament. Monatsgage: rund 8300 Euro monatlich, 14-mal im Jahr.

Im August 2012 gab Lugar bekannt, dass er zum Team Stronach wechselt. Nach Erreichen des Klubstatus könnte er Klubchef werden, seine Monatsgage stiege auf 14.232 Euro.

Erich Tadler

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Der Versicherungskaufmann saß von 2001 bis 2004 für die FPÖ im Salzburger Gemeinderat und bezog in den 1990er-Jahren als Partei-Angestellter bei den Blauen ein Gehalt.

Am 28. Oktober 2008 wurde er BZÖ-Abgeordneter. Ein gutes Jahr später trennte sich das BZÖ von ihm, laut Bucher, weil Tadler für seinen Verbleib Geld verlangt haben soll.

Ab 28. Jänner 2010 wurde Tadler im Nationalrat als "parteiloser" Abgeordneter geführt. Monatsgage: rund 8300 Euro, 14-mal im Jahr.

Unlängst erklärte Tadler seine nunmehr dritte Parteizugehörigkeit – er sitze nun für das Team Stronach im Hohen Haus.

Elisabeth Kaufmann-Bruckberger

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Die Marketing-Fachfrau bekleidete Funktionen in der FPÖ-Niederösterreich: Sie war Vizechefin der FPÖ-Mödling und engagierte sich im Ring Freiheitlicher Wirtschaftstreibender.

Ab 2009 war sie Vizechefin des BZÖ-Niederösterreich. Erst kürzlich, am 7. Dezember 2011, war sie von BZÖ-Chef Josef Bucher in den Nationalrat geholt worden.

Nach nur acht Monaten als BZÖ-Abgeordnete kehrte Kaufmann-Bruckberger ihrer Partei schon wieder den Rücken und wechselte ins Lager des Milliardärs Stronach.

Christoph Hagen

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Der Vorarlberger Polizist saß vom 20. Oktober 1999 bis 4. Oktober 2004 für die FPÖ im Bundesrat. Zur selben Zeit war er FPÖ-Funktionär in Hörbranz.

Vom 28. Oktober 2008 bis 14. Oktober 2012 hielt es ihn beim BZÖ als Nationalratsabgeordneter. Monatsgage: rund 8300 Euro, 14-mal im Jahr.

Am 15. Oktober 2012 gab Hagen seinen Wechsel zur neuen Partei von Frank Stronach bekannt.

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