Küssel-Prozess erneut vertagt

Küssel-Prozess erneut vertagt
Der Prozess gegen den Rechtsextremisten am Dienstag ist geplatzt. Der Mitangeklagte Felix B. entzog seinem Anwalt die Vollmacht.

Die Hauptverhandlung im Wiederbetätigungs-Verfahren gegen den Rechtsextremisten Gottfried Küssel (53), die am Dienstag im Wiener Straflandesgericht wieder aufgenommen hätte werden sollen, ist geplatzt. Nachdem Richterin Martina Krainz eine Vertagungs-Bitte von Verteidiger Herbert Orlich, der den Zweitangeklagten Felix B. vertritt, abgelehnt hatte, kündigte dieser nach offensichtlich vorangegangener Absprache mit Orlich seinem Anwalt die Vollmacht. Da in Geschworenenverfahren zwingend ein Rechtsbeistand vorgesehen ist, konnte nicht weiterverhandelt werden.

Hintergrund des "anwaltlichen Notwehrrechts", wie Küssels Rechtsvertreter Michael Dohr diesen Schritt gegenüber Journalisten verteidigte: Das Bundesamt für Verfassungsschutz und Terrorismusbekämpfung (BVT) hatte dem Gericht einen brisanten Zwischenbericht vorgelegt, den die Verteidiger ihrer Darstellung zu Folge erst gestern, Montag, zur Kenntnis bekommen hatten. Aus ihrer Sicht war damit keine ausreichende Vorbereitungszeit gegeben.

"Konfrontieren und überraschen"

Herbert Orlich, der Rechtsbeistand von Felix B., hatte in seinem Vertagungs-Antrag erklärt, man wolle in der heutigen Verhandlung die Angeklagten offenbar mit neuen Ermittlungsergebnissen des BVT "konfrontieren und überraschen". Für die Verteidigung sei es unumgänglich, den Bericht zu prüfen und mit den Mandanten zu besprechen. "Eine Überrumpelung der Angeklagten und ihrer Verteidiger wäre ein schwerer Verstoß gegen das in der MRK verankerte Fairness-Gebot", gab Orlich zu bedenken.
   
Der mit 6. Juni datierte Zwischenbericht des Bundesamts für Verfassungsschutz und Terrorismusbekämpfung (BVT) umfasst 33 Seiten. Inhaltlich ist er deshalb interessant, da es den Verfassungsschützern mit Experten-Hilfe gelungen ist, die auf einer Computer-Festplatte des Drittangeklagten Wilhelm A. gespeicherten Daten zu entschlüsseln. 2.351 bis dahin geschützte E-Mails konnten damit gelesen werden.

Wiederbetätigung

Für Felix B. muss nun ein neuer Anwalt gefunden werden. Sollte das rasch gelingen, dürfte der nächste geplante Verhandlungstermin am 12. Juli nicht gefährdet sein. Gottfried Küssel und den beiden Mitangeklagten wird nationalsozialistische Wiederbetätigung vorgeworfen. Sie sollen die Homepage "alpen-donau.info" sowie das Forum "alinfodo.com" betrieben haben, wobei die drei laut Anklage eine "nationalsozialistische Zielsetzung" bzw. den "Vorsatz, durch ihr Handeln die Ziele der NSDAP zu fördern" verfolgten.

Küssel soll die Namen der beiden Domains ausgesucht und Wilhelm A. mit der Registrierung und Einrichtung der an die neonazistische deutsche Homepage "Altermedia" angelehnten "alpen-donau.info" beauftragt haben. Laut Staatsanwalt Hans-Peter Kronawetter nahm er danach maßgeblichen Einfluss auf die Ausgestaltung des bis zum 22. März 2011 abrufbaren "Sprachrohrs" für Rechtsextreme, mit dem "rassistische, fremdenfeindliche und menschenverachtende Inhalte auf Basis nationalsozialistischen Gedankenguts verbreitet wurden" (Anklageschrift).

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