Zwei Wahlen auf einen Streich? Geht das überhaupt?

Zwei Wahlen auf einen Streich? Geht das überhaupt?
Nach Spekulationen über einen früheren Wahltag stellt sich die Frage: Wäre es klug, zwei Wahlgänge am selben Sonntag abzuhalten?

Wählt Österreich nun doch schon im Frühjahr einen Nationalrat? Vielleicht sogar am Sonntag der EU-Wahl?

Nachdem aus der ÖVP zuletzt entsprechende Planspiele kolportiert wurden, sah sich die Kanzlerpartei am Dienstag veranlasst, die Debatte für beendet zu erklären. Eine vorgezogene Neuwahl sei „kein Thema“ hieß es bei der Klausur des ÖVP-Regierungsteams in Krems.

Wäre ein „Super-Wahlsonntag“ überhaupt möglich? Und wie lange dauert’s vom vorzeitigen Crash einer Regierung bis zum Wahlsonntag? Der KURIER beantwortet die wichtigsten Fragen:

Wann wird gewählt?

Laut Verfassung dauert die Gesetzgebungsperiode des Nationalrats fünf Jahre. Der spätest mögliche, reguläre Wahltermin ist damit der 29. September 2024 (war auch Wahltermin 2019, Anm.)

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Wer entscheidet eigentlich darüber, ob die Wahl vorverlegt wird?

In letzter Konsequenz ist es das Parlament. Da die Gesetzgebungsperiode vorzeitig abgebrochen wird, muss die Mehrheit der Abgeordneten dem zustimmen und einen Neuwahlbeschluss fassen. Theoretisch genügen dafür die Stimmen der Regierungsparteien; in der Praxis stimmen oft einige oder alle Oppositionsparteien zu. Formalrechtlich kann auch der Bundespräsident auf Vorschlag der Bundesregierung den Nationalrat auflösen. Das ist bislang aber nie vorgekommen.

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Vor Parlamentswahlen ist immer von „Fristen“ die Rede. Was ist damit gemeint?

Sobald der Nationalrat entschieden hat, dass vorzeitig gewählt wird, beauftragt er die Regierung damit, die Wahl per Verordnung zu veröffentlichen und durchzuführen. In der Verordnung der Regierung muss nicht nur der Wahltag, sondern auch der Stichtag enthalten sein, der am zweiundachtzigsten Tag vor dem Wahltag liegt. Mit dem Stichtag sind viele praktische Aspekte verbunden. Dazu gehört die Frage, wer aktiv und passiv wahlberechtigt ist oder die Bestellung von Sprengelwahlleitern und Beisitzern. Letztlich hängt am Stichtag auch die Frage, ab wann genau neue oder kleine Parteien Zeit haben, Unterstützungserklärungen für die Nationalratswahl zu sammeln. Kurzum: Unabhängig vom Wahlkampf braucht eine Nationalratswahl einfach gute drei Monate Vorlaufzeit.

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Kann die EU-Wahl gleichzeitig mit der Nationalratswahl stattfinden? 

Rein rechtlich ist das möglich. In der Praxis orten Experten aber jede Menge Schwierigkeiten. „Mir fallen wahrscheinlich 20 gute Gründe ein, die gegen eine Zusammenlegung der beiden Wahlen sprechen“, sagt Robert Stein. Stein hat viele Jahre die Abteilung Wahlen im Innenministerium geleitet. Er war damit die zentrale Anlaufstelle für Parlaments- bzw. Nationalratswahlen. Das griffigste Argument gegen eine Zusammenlegung ist aus seiner Perspektive der „Faktor Mensch“: „Da es sich um zwei völlig unterschiedliche Wahlen handelt, gibt es auch zwei völlig unterschiedliche Abstimmungsverzeichnisse.“ Das bedeutet: Es müssten (farblich?) unterschiedliche Wahlkuverts und Briefwahlkarten gedruckt und ausgegeben werden, die keinesfalls vertauscht bzw. zusammenkommen dürften. „Das Abarbeiten der Drucksorten würde in diesem Fall viel länger dauern“, sagt Stein. „Und die Gefahr, dass Fehler passieren, wäre extrem groß.“

Würde eine Zusammenlegung der Wahlen die Abläufe nicht vereinfachen, weil man zum Beispiel nur eine Wahlkommission braucht?

Experte Stein ist skeptisch. Der vermeintliche Vorteil, dass man mit einem Besuch im Wahllokal zwei Entscheidungen trifft und sich damit viel Zeit erspart, werde so eher nicht eintreten. Vielmehr sei mit dem Gegenteil zu rechnen. „Es würde in den Wahllokalen zu längeren Wartezeiten kommen.“ Das Warum ist leicht erklärt: Die unterschiedlichen Wählerverzeichnisse und Stimmzettel verkomplizieren die Abläufe erheblich. Dazu gehört, dass Briefwahlstimmen verschickt werden müssen. Bei zwei verschiedenen Wahlen muss es hier für getrennte Pakete und Logistiken geben. „Und trotzdem wäre die Verwechslungs- und Vertauschungsgefahr enorm“, sagt Stein.

Wie sehen die Oppositionsparteien eine Zusammenlegung von EU- und Nationalratswahl?

Vom KURIER konkret darauf angesprochen, sind alle Oppositionsparteien für eine rasche Nationalratswahl. Ob diese am selben Tag wie die EU-Wahl stattfindet, da machen FPÖ, SPÖ und Neos keinen großen Unterschied. Je früher, desto besser!, lautet das Motto bei Freiheitlichen und SPÖ. Und auch für den Generalsekretär der Neos, Douglas Hoyos, ist angesichts der Performance der Regierung vor allem Tempo geboten: „Noch mehr Stillstand können wir uns nicht leisten.“

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