Politikinsider über Schallenberg: "Freude haben die Grünen damit keine"

Thomas Hofer
Der Politikberater analysiert die verkorkste Situation, wie es nach dem Rückzug von Kurz weitergehen könnte. Und wie werden die Grünen zum Kurz-Vertrauten Schallenberg stehen?

Nicht einmal  nach  der Veröffentlichung des Ibiza-Videos erschien die politische Situation so chaotisch, wie  sie sich nach der Razzia im Bundeskanzleramt zeigte. Am Ende hat Sebastian Kurz doch die Brisanz der Situation erkannt und setzte überraschend einen Schritt – zumindest formal.  Politikexperte Thomas Hofer analysiert, wie es zu der Wende kam.

KURIER: Herr Hofer, Sebastian Kurz macht einen Schritt zur Seite. Außenminister Andreas Schallenberg wird Kanzler, Sebastian Kurz selbst Klubobmann.  Kann man das als Rücktritt bezeichnen?
Thomas Hofer: Sebastian Kurz begibt sich in eine Warteposition mit der Option der Rückkehr.  Aber der Druck von den Bundesländern war groß, und es ist ein richtiger Schritt.  Aber klar ist: Schallenberg ist enger Vertrauter von Sebastian Kurz, die beiden kennen einander seit vielen Jahren. Schallenberg war viele Jahre mit Kurz im Außenministerium und hat ihn auf vielen Reisen begleitet.

 Kurz bleibt als Klubobmann auch in einer Machtposition. Ist er dann der Schattenkanzler?
Die Opposition wird natürlich davon sprechen, dass das eine Mogelpackung ist und Schallenberg nur eine Marionette. Als Klubobmann sitzt Kurz in jedem Ministerrat, er hätte die Hand auf jeder Entscheidung drauf, und wahrscheinlich würde auch das Team Kurz weiter im Kanzleramt bleiben.

Die große Frage ist: Werden die Grünen das akzeptieren?
Das ist die große Frage. Es ist eine halbe Lösung. Freude werden die Grünen sicher keine haben.  Aber können die Grünen bei Schallenberg tatsächlich sagen, er wäre keine untadelige Person? Schallenberg hat bei Moria zwar harte Worte gefunden, aber er kommt in keinen der Chats vor, ist kein Beschuldigter, war in der Expertenregierung und hat eine lange Diplomatenkarriere hinter sich. Ihn abzulehnen wird schwer.

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