Wolfram Pirchner: Vom Vorabend-TV ins EU-Parlament

Wolfram Pirchner: Vom Vorabend-TV ins EU-Parlament
Der 60-Jährige war fast sein halbes Leben lang beim Fernsehen. Jetzt hilft er mit seinem Promi-Faktor den Türkisen.

Jahrelang war er das Gesicht des Vorabendprogramms, er moderierte Nachrichten- und Sportsendungen mit ebenso viel Enthusiasmus wie Schlager-Paraden, zwängte sich bei „Dancing Stars“ in Glitzer-Montur, schrieb Ratgeber über Panikattacken und das Älterwerden – und jetzt will die „eierlegende Wollmilchsau“ des öffentlich-rechtlichen Fernsehens ins Europäische Parlament: Wolfram Pirchner.

Bei diesem Lebenslauf und der dabei entstandenen Fangemeinde verwundert es nicht, dass der 60-Jährige vom ÖVP-nahen Seniorenbund für die EU-Wahl vorgeschlagen wurde. Pirchner kandidiert auf Listenplatz Nummer 6. Die ÖVP hat derzeit fünf Mandate.

Kanzler Sebastian Kurz schätzt an ihm, dass er einen guten Draht zur Bevölkerung hat – und dieser Draht war seit seiner Studienzeit das Fernsehkabel. Der gebürtige Tiroler war zunächst im ORF-Landesstudio tätig, von 1993 bis 1995 moderierte er dann neben Hannelore Veit die „Zeit im Bild“.

Von den Hauptabendnachrichten stieg Pirchner dann in seichtere Gewässer um – und planschte dort in unterschiedlichen Rollen. Vom Vorabendmagazin „Willkommen Österreich(ein Sendungsname, den 2007 Grissemann und Stermann für ihre Late-Night-Show übernahmen) über diverse Schlagerformate bis hin zum Magazin „Heute Leben“ mit rund 350.000 Zusehern, das er bis August 2017 moderierte.

 

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Der Abschied kam nach fast 30 skandalfreien Jahren im Rampenlicht überraschend. Auf ORF2 sollte schlicht der Nachmittag neu gestaltet werden, hieß es damals. Pirchner nahm ein Handshake-Angebot an und machte sich als Mentaltrainer selbstständig und veröffentlichte einige Bücher.

Promi-Faktor

Lange blieb der Wahl-Niederösterreicher dem Rampenlicht aber nicht fern – schon 2018 kandidierte er bei der Landtagswahl für die ÖVP. Als Motivation gab er damals an, er wolle Landeshauptfrau Johanna Mikl-Leitner unterstützen und für eine hohe Wahlbeteiligung sorgen. Mit Vorgänger Erwin Pröll pflegte Pirchner schon länger freundschaftlichen Kontakt.

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Auf Pirchners Promi-Faktor darf nun auch die Bundes-ÖVP bei der EU-Wahl am 26. Mai hoffen – dabei war Pirchner nicht unbedingt ein Kurz-Fan der ersten Stunde.

In einem Interview erklärte er im Dezember 2017 – wenige Tage nach der Angelobung der Koalition von ÖVP und FPÖ –, er sei mit der Arbeit der Landespartei zufriedener als mit jener der ÖVP im Bund. Was die neue, türkise ÖVP schafft, „wird man erst sehen“, sagte er kurz nach der Angelobung der türkis-blauen Regierung.

Vom ORF zur EU: Kein Einzelfall

Die EU-Wahl ist übrigens seit längerem ein Hort für Veteranen des Öffentlich-Rechtlichen: Ursula Stenzel wechselte 1996 von der ZiB zur ÖVP nach Brüssel, der frühere Fernsehjournalist Eugen Freund war die vergangenen fünf Jahre für die SPÖ im EU-Parlament.

Auch Hans-Peter Martin war Journalist, bevor er eine EU-Liste gründete, auf der auch Moderatorin Karin Kraml (früher Resetarits) ein Mandat ergatterte.

Die Spitzenkandidaten der Parteien zur EU-Wahl

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Othmar Karas (ÖVP)

Othmar Karas (61) ist seit 1999 ist Abgeordneter in Brüssel und tritt nun bereits zum dritten Mal bei einer EU-Wahl an. Er gilt im konservativen Spektrum gemeinhin als "Mr. Europa" - und wird versuchen, im pro-europäischen Wählerpool zu punkten. Kein Wunder also, dass er in seinem ersten Wahlkampfvideo dazu aufrief "gegen die Anti-EU-Populisten, die Europa zerstören wollen" zu kämpfen.

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Harald Vilimsky (FPÖ)

Der FPÖ-Generalsekretär ist seit fünf Jahren Abgeordneter im EU-Parlament. Bei den Europawahlen 2014 war er bereits Spitzenkandidat der Freiheitlichen, die mit einem Zuwachs von sieben Prozent den dritten Platz belegten. Vilimsky wird einen klaren Anti-EU Wahlkampf fahren, Othmar Karas warf er kürzlich verbal den "Fehdehandschuh ins Gesicht".

 

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Andreas Schieder (SPÖ)

Andreas Schieder (49) war von 2013 bis 2017 SPÖ-Klubobmann, bis September 2018 geschäftsführender Klubobmann hinter Christian Kern. In seinen Ambitionen, Michael Häupl als Wiener Bürgermeister nachzufolgen, scheiterte er im Jänner 2018 an Michael Ludwig. Nun soll er die SPÖ im EU-Wahlkampf mit einer klar proeuröpäischen Agenda vertreten.

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Claudia Gamon (Neos)

Claudia Gamon (30) ist die einzige Frau unter den EU-Kandidaten – und außerdem die jüngste. Die Rolle ist ihr bekannt, sie war 2015 auch die jüngste Abgeordnete der NEOS im Nationalrat. Angekündigt hat sie ihre Kandidatur auf Instagram, wo sie für ein „starkes Europa“ plädiert, das „erfolgreich, anerkannt, friedlich und wohlhabend ist“.

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Johannes Voggenhuber (Liste JETZT)

Johannes Voggenhuber (68) ist die prominente Hoffnung der Liste Pilz, auf EU-Ebene Fuß zu fassen. Voggenhuber war von 1995 bis 2009 für die Grünen im EU- Parlament, hat die EU-Verfassung mit aufgebaut. In der Liste JETZT könnte um seine Kandidatur noch gestritten werden – Parteichefin Maria Stern plädiert für eine junge, weibliche Kandidatin.

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Werner Kogler (Die Grünen)

Werner Kogler (57) hat die Grünen übernommen, nachdem sie bei der letzten Wahlniederlage aus dem Nationalrat gekickt wurden. Jetzt ist er die einzige Möglichkeit, die sich ihnen für die EU-Wahl bietet. Den Rückhalt der Partei hat er länderübergreifend: Bereits im Oktober 2018 sprachen sich alle grünen Landesparteispitzen für Kogler aus.

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