Warum das alles?
Die Behörde war zuletzt mehrmals in die Kritik geraten. Die Razzia im Bundesamt für Verfassungsschutz (BVT) Anfang 2018 wurde im Nachhinein teilweise für rechtswidrig erklärt. 2019 übernahm die WKStA die Eurofighter-Causa, und lieferte sich einen Streit samt geleakten Sitzungsprotokollen und Amtsmissbrauch-Anzeige gegen ihre Vorgesetzten.
In der Casinos-Causa sickerten Chatprotokolle aus dem Handy von Ex-FPÖ-Vizekanzler Heinz-Christian Strache durch. Wer für das Leck verantwortlich war – Polizisten oder Staatsanwälte – ist bis heute nicht geklärt. Beide Seiten dementieren.
Kurzum: Die Korruptionsbekämpfung hat öffentlich zuletzt keine besonders gute Figur gemacht. Einiges an Verbesserungsvorschlägen, die eine interne Arbeitsgruppe unter Übergangsminister Clemens Jabloner gemacht hat, fand im Regierungsprogramm Niederschlag.
Die Arbeitsgruppe empfahl etwa, die „Effizienz in der Planung, Strukturierung und Durchführung von Ermittlungen“ von einem „externen Unternehmen“ prüfen zu lassen. Im Regierungsprogramm heißt es nun, Wirtschaftsgroßverfahren sollen evaluiert werden. Der Zusatz (mit türkiser Handschrift): „Rasche Entscheidungen sichern Vertrauen auf Wirtschaftsstandort und Rechtsstaat“.
Die WKStA könnte sich also bald für überlange Verfahren rechtfertigen müssen – und in letzter Konsequenz Kompetenzen einbüßen. Weiters heißt es nämlich, dass die Zuständigkeiten der WKStA „präzisiert“ werden sollen.
Hintergrund ist der interne Unmut darüber, dass sich die 40 Oberstaatsanwälte der WKStA ihre Verfahren quasi aussuchen können: Zwar legt ein Passus in der Strafprozessordnung ihre fixen Zuständigkeiten fest, ein anderer Passus erlaubt es der „Elite-Truppe“ aber darüber hinaus, Verfahren im Bereich der Wirtschafts- und Amtsdelikte an sich zu ziehen, und andere abzulehnen.
Es gebe, so Insider, keine Möglichkeit, zu kontrollieren, ob das im Einzelfall gerechtfertigt ist.
Diese Unschärfe könnte bereinigt werden, indem die Generalprokuratur als oberster Staatsanwalt im Zweifel entscheidet. Oder, indem die Zuständigkeiten neu verteilt werden. So könnten sämtliche Korruptionsfälle (derzeit sind es nur die größeren) an die WKStA delegiert werden; ebenso alle Fälle, bei denen Korruption mit Wirtschaftskriminalität verbunden ist.
Alle reinen Wirtschaftsdelikte könnten hingegen bei den lokalen Staatsanwaltschaften bleiben. Damit würde bei der WKStA ein großer Brocken wegfallen: Wirtschaftsstrafsachen haben 2018 laut eigenen Angaben rund 62 Prozent aller Verfahren ausgemacht. Reine Korruptionsfälle und Mischformen waren nur ein Drittel.
Zudem steht im türkis-grünen Programm, das „strafrechtliche Bestimmungen, die Einfluss auf den Wirtschaftsstandort haben“, geprüft werden sollen – etwa der Untreue-Paragraf und das Verbandsverantwortlichkeitsgesetz. Heikle Materien, mit denen sich die Wirtschaft – gerade, wenn lange ermittelt wird – schikaniert fühlt.
Sollte die Evaluierung ergeben, dass die WKStA ineffizient arbeitet, könnte das ein Argument sein, die Behörde wieder auf ihren ursprünglichen Zweck, die Korruptionsbekämpfung, zusammenzustutzen.
Als Nebeneffekt könnte der Posten von Ilse Vrabl-Sanda, der umstrittenen WKStA-Chefin, neu ausgeschrieben werden. Fraglich ist aber, ob es Türkis-Grün wagt, die oberste Korruptionsjägerin abzusetzen. Vrabl-Sanda wollte sich auf KURIER-Anfrage nicht zum Regierungsprogramm äußern. Es sei noch zu unkonkret.
Justizministerin Alma Zadić will auf den Ergebnissen der Arbeitsgruppen aufbauen. Die Staatsanwaltschaften sollen unabhängig und effektiv arbeiten können: „Es darf nicht der Eindruck entstehen, dass sich die Verwaltung in Ermittlungen einmischt.“
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