Datenschutz: 3 Beamte für 16.000 Akten
Will Ihr Chef Ihren Arbeitsplatz per Video überwachen? Will Ihre Versicherung Zugriff auf Ihre Gesundheitsdaten? Oder will die Geschäftsführung wissen, ob Sie Antidepressiva nehmen?
Alles das ist verfassungsrechtlich durch das Datenschutzgesetz verboten: Es besagt, dass jeder Bürger grundsätzlich Anspruch auf Geheimhaltung der ihn betreffenden Daten hat. Beschränkungen sind nur in besonderen Fällen möglich, die das Gesetz regelt.
Für die Einhaltung, Überprüfung und Kontrolle des Gesetzes zum Schutz der Bürgerdaten ist in Österreich die Datenschutzkommission (DSK) zuständig. Fast alle EU-Staaten haben eine wirksame Kontrollbehörde.
In Österreich ist das Gegenteil der Fall: Seit Jahren ist bekannt, dass die DSK in höchstem Maße unterbesetzt und überlastet ist. „Das führt dazu, dass Akten Monate bis Jahre liegen bleiben und Verfahren oft viele Jahre dauern“, sagt der auf Datenschutz spezialisierte Anwalt Rainer Knyrim.
Aktenrückstau
Allein beim Datenschutzregister, in dem kritische Datenanwendungen genehmigt werden, gibt es einen mehrjährigen Rückstau von mehr als 16.000 Akten, bestätigt die Leiterin der DSK, Eva Souhrada-Kirchmayer. Offenbar bearbeiten das Register aber nur drei Vollzeit-Juristen, insgesamt arbeiten in der DSK knapp 20 Personen.
Externe Kontrollen von Datenschutzanwendungen – etwa zur heftig diskutierten Vorratsdatenspeicherung bei den Telekom-Anbietern – gibt es so gut wie nie und sind daher unwirksam. „Hier geht es um eine Grundfunktionen der Datenschutzbehörde, die nicht durchgeführt werden kann“, warnt Knyrim.
Auch Beschwerde- oder Ombudsmannverfahren – ebenfalls zentrale Aufgabe – können die Beamten nur notdürftig wahrnehmen. In Brüssel werden die österreichischen Vertreter der Datenschutzbehörde nur mehr belächelt, weil sie wichtige Datenschutz-Arbeitsgruppen der EU nur sporadisch besetzen können.
Die Politik wird seit Jahren im Bericht der Datenschutzkommission über diese Missstände informiert, ohne Konsequenz. Zitat aus dem (letzten verfügbaren) Datenschutzbericht 2011: „War bisher (...) davon die Rede, dass die österreichische Behörde rund halb so viel Mitarbeiter hat als vergleichbare Behörden, sind einige dieser anderen Behörden inzwischen personalmäßig noch aufgestockt worden, so dass die Behörde im Vergleich dazu noch mehr abfällt.“
„Und mit jedem neuen Gesetz, das neue Aufgaben für uns vorsieht, fällt mehr Arbeit an. Mehr Personal ist aber nie vorgesehen“, sagt die DSK-Chefin Souhrada-Kirchmayer. Jüngste Beispiele: Die Vorratsdatenspeicherung, das neue Sicherheitspolizeigesetz, der neue EU-Rechtsrahmen zum Datenschutz. Und nicht zuletzt ELGA, die elektronische Gesundheitsakte. „Wenn dann 100.000 Österreicher sagen, wir haben ein Problem mit unseren Gesundheitsdaten, und sich beschweren wollen, wie soll das dann funktionieren?“, fragt Knyrim.
Politisch ist Staatssekretär Josef Ostermayer für den Datenschutz verantwortlich: Beim letzten Ministerrat vor Weihnachten hat der Staatssekretär eine erste Novelle vorgelegt. Die hat der EU-Gerichtshof erzwungen, weil die DSK bisher nicht „unabhängig“ ist, sondern dem Kanzleramt unterstellt. Bis zum März soll zudem eine weitere Novelle vorgelegt werden, um die Zukunft der Kommission gänzlich neu zu regeln.
Punktuelle Verstärkung
Aber können die Beamten auf mehr Mitarbeiter hoffen? Ostermayer winkt ab, er setzt auf legistische Reformen als auch „Effizienzsteigerung und punktuelle Verstärkungen durch gezielten Einsatz von Fachkräften.“
Datenschutz – Wozu?
Datenschutzgesetz Jedermann hat Anspruch auf Geheimhaltung der ihn betreffenden Daten. Dieser ist in Österreich verfassungsrechtlich als Grundrecht verankert. Der Bedarf der Gesellschaft an Informationen und das Interesse des Einzelnen am Schutz seiner Privatsphäre stehen einander gegenüber und sind im Einzelfall gegeneinander abzuwägen.
Überwachung Die Datenschutzkommission in Wien ist Register, Beschwerde- und Ombudsmannstelle und hat die Aufgabe, die Einhaltung des Gesetzes zu kontrollieren.
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