Neu ist in diesem Schuljahr auch der Lehrplan, der seit 2017 reformiert wurde und nun langsam in den Klassenzimmern ankommt. Bemerkbar sollte das etwa bei Themen wie Finanz- und Wirtschaftsbildung werden, damit wird eine langjährige Forderung nicht nur der Wirtschaft, sondern auch von Schuldnerberatungen umgesetzt.
Neu im Lehrplan sind aber auch Themen wie das Modell der Sozialpartnerschaft als auch die „geistige Landesverteidigung“: Verankert wird das unter anderem im Gegenstand „Geschichte und Politische Bildung“, es geht beispielsweise um „Friedenssicherung nach dem Zweiten Weltkrieg, umfassende Landesverteidigung, Bundesheer, internationale und globale Herausforderungen für die Menschheit“.
„Wie kann man ein System verbessern, das man nicht von innen kennt?“ Eine Frage, die Nikos Hamah-Said schon lange beschäftigt – und nun auch zum Berufswechsel inspiriert hat. „Ich kenne sehr unterschiedliche Lebensrealitäten“, erzählt der 29-Jährige. „Meine Mutter ist Österreicherin, sehr privilegiert aufgewachsen. Mein Vater ist Kurde aus dem Irak und kam als politischer Flüchtling nach Österreich.“ Den dadurch geschärften Blick für ungleiche Startbedingungen ins Leben und das Wissen, dass Bildung in Österreich nach wie vor hauptsächlich vererbt wird, begreift er als Auftrag.
Eigentlich ist der 29-jährige Steirer Jurist und Sinologe, hat viel im Ausland gearbeitet und war die vergangenen Jahre in einer Rechtsanwaltskanzlei tätig. Doch schon während seiner Schulzeit engagierte er sich ehrenamtlich und gab Berufsschülern, großteils mit Migrationshintergrund, Nachhilfestunden. Mit nachhaltiger Wirkung: „Sobald das Vertrauen da war, hat man ganz schnell drastische Verbesserungen gesehen.“
All seine Schüler kamen gut durch die Berufsschule. Und Hamah-Said erkannte, dass es oft gar nicht so viel braucht, um eine positive Veränderung im Leben eines anderen zu erzielen. „Es fehlt oft dieser kleine Stups, dass diese Kinder ihr Potenzial entdecken, dass sie sich wieder etwas zutrauen und sich nicht nur als Migrationskind sehen.“
Über die Organisation „Teach for Austria“, deren Mission Bildungsgerechtigkeit ist, kommt er nun als Deutsch- und Geschichtslehrer an eine Mittelschule in Wien-Brigittenau.
Dass er als Quereinsteiger auf schulexterne Erfahrungen zurückgreifen kann und neue Perspektiven in den Unterricht bringt, sieht er als Vorteil. „Ich weiß, es wird unglaublich hart und ich werde manchmal nicht so viel schlafen – aber ich freue mich und bin voller Tatendrang.“
In Pension ging Eveline Alcantara-Ferstl nach 40 Jahren als Lehrerin im vergangenen September mit schwerem Herzen. Kein Wunder, es ist, wie sie sagt, ihr Traumberuf. Doch der Abschied von der Mittelschule im steirischen Hartberg war nur von kurzer Dauer. Sechs Monate später stand sie schon wieder im Klassenzimmer, die Direktorin hatte sie wegen akuten Lehrermangels gebeten, zurückzukommen. Im kommenden Semester unterrichtet die Pensionsrückkehrerin sechs Stunden in der Woche Bildnerische Erziehung. „Auf diese sechs Stunden freue ich mich“, sagt sie. „Weil ich es gerne mache und weil ich mit 61 noch sehr aktiv und voll im Leben bin.“
Die Arbeit mit Jugendlichen halte sie fit. „Die Pension ist nicht das Finale, für mich beginnt jetzt eine neue Aufgabe. Ich kann jetzt das machen, was mir Spaß macht.“ Das war beim ersten, langen Durchlauf nicht immer so. „Es war oft ein Rennen von einer Stunde zur anderen. Jetzt kann ich mich aber mehr mit den Kindern beschäftigen, mir mehr Zeit für sie nehmen.“
Sie sei gelassener, sagt sie, ruhiger und freier. Etwas, das sie auch jungen Kollegen und aufgeregten Quereinsteigern empfiehlt. „Natürlich ist das nicht immer leicht, weil man sehr unter Druck steht. Aber wenn man sich selbst nicht wohlfühlt, überträgt sich das auf die Klasse, und so entsteht der Stress.“
Ein bisschen hatte Alcantara-Ferstl zu Beginn noch die Sorge, dass die Jugendlichen sagen könnten: „Was macht denn die Alte hier?“ Unbegründet, wie sich schnell herausstellte. „Die Kinder haben sich wirklich gefreut, mich wiederzusehen“, erzählt sie.
Dem neuen Schuljahr sieht die Lehrerin mit Vorfreude entgegen. „Wenn ich dabei Bauchschmerzen hätte, würde ich nicht zurückkehren. Aber ich fühle, dass ich den Kindern noch viel geben kann.“
"Ich bin eigentlich ein Quer-Quereinsteiger“, sagt Josua Oberlerchner über seinen Start in den Lehrberuf. Der war tatsächlich mehr als plötzlich. Anfang des Jahres bewarb er sich bei der Wiener HTL Rosensteingasse, die unterm Jahr dringend einen Lehrer suchte. Mit Erfolg. „Am Mittwoch wurde ich angerufen, am nächsten Tag bin ich schon in der Klasse gestanden und hatte einen 3-Stunden-Block über analytische Chemie.“ Das Wasser war also eiskalt.
Fachlich war der Doktor der organischen Chemie aber bestens vorbereitet. Auch an der Uni hatte er bereits gerne unterrichtet, suchte aber wegen der prekären Arbeitsverhältnisse nach einer Alternative – mit Erfolg. Eines wurde ihm dabei schnell klar: „Man hat in der Schule eine ganz andere Rolle als auf der Uni.“ Im Klassenzimmer kämen eine ganze Reihe Aufgaben dazu, die nicht direkt etwas mit dem Fach zu tun hätten. „Man muss die Klasse zusammenhalten, auf die einzelnen Schüler achten und schauen, dass auch die Schwächeren mitkommen. Man muss einfach viel mehr multitasken.“ Und doch – er ist froh, dass er den Schritt gewagt hat.
Als Vorbild dient dem 40-Jährigen dabei sein eigener Chemielehrer. „Das war so ein Unterricht, auf den man sich schon drei Tage vorher gefreut hat, und das war sicher prägend für meine Studienwahl.“ Auch dieser Lehrer: ein Quereinsteiger. Das habe frischen Wind in den Unterricht gebracht, sagt Oberlerchner. Etwas, das er seinen Schülern und Schülerinnen auch gerne weitergeben wolle. Mit Erfolg: Schüler fragten ihn schon, ob er bei der Matura ihre Diplomarbeit betreuen würde. Das Semester, das er mit halber Lehrverpflichtung absolvierte, war also ein guter Testlauf. Dem Montag, an dem seine volle Lehrverpflichtung mit drei weiteren Klassen beginnt, sieht er aufgeregt und „positiv nervös“ entgegen.
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