Nach Causa Stenzel gärt es in der ÖVP

Präsentation von Wahlplakaten der ÖVP für die bevorstehende Wien-Wahl.
Kritik am Umgang mit der Bezirkschefin und zu wenig Unterstützung aus der Bundespartei

So hat das Manfred Juraczka sicher nicht geplant: Bei der Präsentation der Wahlplakate der Wiener ÖVP am Donnerstag war die Causa Stenzel das zentrale Gesprächsthema. Die Wahlkampfforderungen der Stadtschwarzen – keine Diskriminierung der Autofahrer, Erhalt des Gymnasiums und Schaffung von 25.000 neuen Arbeitsplätzen in Wien – gerieten weitgehend in den Hintergrund.

Die „Negativwerbung“ durch den Wechsel der City-Bezirksvorsteherin zur FPÖ sei genau das, was die Wiener Volkspartei aktuell nicht brauchen könne, hatte Politologe Peter Filzmaier zuletzt im KURIER erklärt. Er ortet eine empfindliche Schwächung der ohnehin schon kleinen Partei bei der Wahl. Obmann Juraczka übt sich in Zweckoptimismus: „Ursula Stenzel hat sich ihr eigenes Denkmal zerstört.“ Er geht davon aus, dass die ÖVP wieder den Bezirksvorsteher für die Innere Stadt stellen und auch landesweit zulegen wird. 2010 hatte man 13,9 Prozent erreicht.

Parteiintern gärt es aber gewaltig: „Die Ablöse Stenzels hätte man auch anders lösen können“, kritisiert Gemeinderat Norbert Walter die Parteispitze. „Man hätte den Wechsel erst in der Mitte der kommenden Amtsperiode durchführen können.“ Andere erwarten bereits ein Wahl-Debakel: „Mit dem Überlaufen Stenzels werden wir wohl auf neun Prozent zurückfallen“, fürchtet ein Funktionär. Neben dem schlechten Handling der Causa Stenzel und der Rückreihung erfahrener Gemeinderäte bei der Listenerstellung kritisiert er vor allem das Verhalten der Wiener in der Bundespartei. „Als stv. Landesparteiobmann müsste sich Außenminister Sebastian Kurz viel stärker in den Wahlkampf einbringen. Stattdessen putzt er sich ab und fährt lieber nach Mazedonien, um Flüchtlingen die Hand zu schütteln.“ Zuvor habe er aber noch seine Wunschkandidaten auf der Liste untergebracht.

Der ehemalige Parteichef Bernhard Görg nimmt den Bundesparteiobmann in die Pflicht: „Er muss dem Minister den Marsch blasen. Wenn jemanden der Ruf aus Wien ereilt, muss er gehen.“ Er meint: „Die VP Wien hat erst dann wieder eine Chance, wenn ihr Obmann ein Minister ist. Ansonsten kann dieser sich nicht mit dem Bürgermeister auf Augenhöhe matchen.“

Juraczka kontert solchen Zurufen gelassen: „Ich kann mich über mangelnde Unterstützung aus der Bundespartei nicht beklagen. Sebastian Kurz ist unmittelbarer Teil dieser Wiener ÖVP und bringt sich in den Wahlkampf ein“, sagt der Parteichef. „Dass er als Außenminister auch noch das eine oder andere zu erledigen hat, erklärt sich wohl von selbst.“

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