Jeder vierte Wiener darf nicht wählen

Stimmzettel zur Wiener Wahl: Jeder Vierte, der in der Hauptstadt wohnt, darf nicht wählen
Anteil der Ausgeschlossenen steigt – SPÖ will neues Gesetz.

Die Wiener wählen am Sonntag ihre Polit-Vertreter. Alle Wiener? Nicht ganz: Ein Viertel darf nicht mitbestimmen, wer in den Landtag einzieht – und wer nicht. Der einfache Grund: Weil sie Ausländer sind.

In ganz Österreich sind ausländische Staatsbürger – neben der Nationalratswahl – von den Landtagswahlen ausgeschlossen. Nirgendwo anders fällt das aber zahlenmäßig so stark ins Gewicht wie in Wien, wo EU-Ausländer nur auf Bezirksebene wählen dürfen – und Drittstaatsangehörige nicht einmal das. In Ottakring etwa sind gleich satte 40 Prozent der Über-16-Jährigen nicht wahlberechtigt. Insgesamt steigt der Anteil jener, die bei der Wahl außen vor sind.

Rot und Grün plädieren schon länger für eine Änderung, allein: Getan hat sich noch nichts. Notwendig dafür wäre eine Änderung der Verfassung auf Bundesebene – die notwendige Zweidrittel-Mehrheit ist nicht in Sicht.

Wohnsitz versus Pass

ÖVP und FPÖ argumentieren, dass das Wahlrecht nicht an den Wohnsitz, sondern an die Staatsbürgerschaft gekoppelt bleiben soll – auch, um Anreize für eine etwaige Einbürgerung zu schaffen. Gerade für EU-Bürger – das ist in Wien jeder zweite Ausländer – gibt es oft aber keine guten Gründe, sich einbürgern zu lassen, weil sie in allen anderen Bereichen Österreichern ohnehin gleich gestellt sind. Und für das Wahlrecht alleine will kaum jemand Aufwand und Kosten auf sich nehmen.

Der Wiener SPÖ-Geschäftsführer Georg Niedermühlbichler will in der nächsten Legislaturperiode einen neuen Anlauf unternehmen, Druck auf eine Änderung im Bund zu machen: "Es geht um Mitbestimmung", sagt er zum KURIER. "Menschen, die seit mindestens fünf Jahren in Wien leben, sollen auch wählen dürfen." Vorbilder, zumindest EU-Ausländern das Wahlrecht für den Landtag einzuräumen, gibt es: In Schweden beispielsweise darf man als EU-Bürger an regionalen und lokalen Wahlen teilnehmen – und zwar schon seit rund 40 Jahren.

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